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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Ich passe nicht hierher.«
    »Ärztinnen gibt es bei deinem eigenen Volk aber auch nicht.«
    »Nun, ich war ja auch keine, oder?«
    Bei dieser Bemerkung lächelte sie. »Nein. Aber bei uns könntest du eine sein. Du hast Edico schon halbwegs in der hippokratischen Medizin ausgebildet. Wenn wir diesen Krieg überleben, könntest du auch noch andere ausbilden. Vielleicht sind wir ja wirklich unwissende Barbaren, aber wir möchten ein Teil des Kaiserreichs sein und die römische Lebensweise erlernen vor allem römische Handfertigkeiten und römische Künste, so wie die deine. Warum willst du uns so rasch abtun? Bei deinem Volk mußt du so tun, als seist du jemand, der du gar nicht bist, um jemand sein zu können, der du tatsächlich bist. Hier hast du die Möglichkeit, dir dein eigenes Gesetz zu schaffen; hier kannst du ein Hippokratiker und eine Frau sein.«
    Ich starrte sie an und war im Innersten aufgewühlt. Hatte sie vielleicht recht? In Alexandria hatte ich davon geträumt, eines Tages ganz offen sagen zu können, eine Frau und ein Arzt zu sein. Aber Alexandria ist eine Stadt mit vielen unterschiedlichen Gesetzen. Bei den Goten waren die Sitten und Gebräuche nicht so vielfältig. Und doch gibt es bei ihnen weibliche Heiler. Und vielleicht überstanden sie tatsächlich den Krieg, vielleicht konnten sie ihr Vasallenkönigtum errichten und Teil des Kaiserreichs werden. Es war durchaus vorstellbar, daß ich (wie es in der Rechtssprache hieß) einen Präzedenzfall schaffen konnte.
    Und ich hatte kaum eine andere Wahl, als es zu versuchen. Amalberga lächelte mir zu. Sie bemerkte zweifellos, daß ihre Worte mich beeindruckt hatten. Sie berührte mich erneut am Arm. »Aber ruh dich aus. Ohne Essen oder Schlaf wirst du es nicht schaffen.«
    So ging ich also wieder ins Bett.

15
    Natürlich machte ich es genauso, wie Amalberga vorausgesagt hatte. Ich gewöhnte mich sehr schnell daran, eine weibliche Jüngerin des Hippokrates zu sein und meinen gotischen Patienten den ganzen Glanz der medizinischen Fakultät Alexandrias zuteil werden zu lassen. Und sie akzeptierten es. Dabei kam mir zustatten, daß die Goten jede Art ärztlicher Hilfe verzweifelt benötigten – gleichgültig, von wem sie ihnen verabreicht wurde. Und für mich war es wahrscheinlich hilfreich, daß es schrecklich viel zu tun gab.
    Die Verantwortung für die Gesundheit der gesamten Wagenstadt lag bei Edico, und in Anbetracht der riesigen Schwierigkeiten, hatte er seine Sache recht gut gemacht. Er hatte ein Hospital eingerichtet, das nach dem Modell desjenigen in Novidunum aufgebaut war. Er hatte jeden rekrutiert, der sich auch nur einigermaßen dazu eignete, ihm als Krankenpfleger zu dienen – eine bunte Mischung ehemaliger römischer Armeeärzte, gotischer Hebammen und weiser Frauen, zweifelhafter Zauberer und Hexen sowie eindeutiger Scharlatane. Er hatte klar und deutlich auf die Notwendigkeit strikter Hygiene hingewiesen. Ansteckende Fälle behielt er im Hospital und isolierte sie samt ihrer Pfleger. Aber eigentlich war er nicht darauf vorbereitet, Amtsarzt einer großen Stadt zu werden, und dazu hatte sich die Wagenburg ganz unzweifelhaft entwickelt. Carragines nannten die Goten sie und benutzten dabei das lateinische Wort für »Wagen«. Mein erster Eindruck von ihr war durchaus zutreffend. Sie war groß, und sie war hoffnungslos übervölkert. Außerdem war sie schmutzig und wurde zunehmend ein Brutplatz für Seuchen.
    Das Hauptproblem waren die sanitären Einrichtungen. Edico hatte mit großem Nachdruck auf Brunnen bestanden, aber er hatte nichts von der Notwendigkeit einer Kanalisation gewußt.
    Die vorhandenen Einrichtungen waren absolut ungenügend. Die Goten verfügten über einfache Senkgruben, jeweils eine für zehn Familien, gleichmäßig über die Ansiedlung verteilt. Das mag für ein nur vorübergehend aufgeschlagenes Lager oder ein kleines Dorf genügen. Aber für eine Stadt von mehreren zehntausend Menschen war es völlig ungenügend. Nur das kalte Wetter hatte es bisher verhindert, daß die Latrinen das gesamte Grundwasser des Geländes verseucht hatten. Schon gab es zahlreiche Fälle von Wassersucht, Typhus und Ruhr. An diesen Krankheiten starben bereits mehr Leute als in den Kämpfen gegen die Römer. Aber die meisten Toten waren natürlich Kinder, und das bedeutete keine Schwächung für die gotische Streitmacht. Was jedoch im Sommer aus dem Lager werden sollte, wagte ich mir gar nicht vorzustellen.
    Doch die Goten sind anders als die

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