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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Römer. Sie kannten gar keine öffentliche Kanalisation und verstanden nicht, warum diese so notwendig sein sollte. Sie glaubten, wenn man sich wegen derartiger Dinge Sorgen machte, zeuge dies von verweichlichten Sitten, ja von niedriger und sklavischer Gesinnung. Edico sah lediglich betreten vor sich hin, als ich ihm sagte, falls nicht sofort etwas unternommen werde, werde das Lager im Sommer eine Todesfalle sein. Natürlich war er meinetwegen sowieso sehr betreten. Als ich im Hospital zum erstenmal als Frau gekleidet erschien, starrte er mich die ganze Zeit an, dann wurde er rot und sah weg. Ich trug meinen Umhang immer noch locker über die Schultern geworfen, damit er mir nicht im Wege war. Ich hatte die Tunika fest um den Oberkörper gebunden und die Schnur zwischen meinen Brüsten gekreuzt, weil die Tunika ein bißchen zu groß war und weil ich den Halt des Korsetts vermißte. Die Veränderung, die mit meiner Figur vorgegangen war, bestürzte ihn wahrscheinlich. Schließlich mußte ich ihm sagen, er solle die Augen schließen und die »edle Frau Charis« vergessen! Ich war sein Meister und Lehrherr in der Heilkunst, und meine Kenntnisse waren die gleichen geblieben. Doch selbst so konnte ich ihn eine ganze Woche lang nicht dazu bewegen, vernünftig mit mir zu sprechen. Ich hatte keine Zeit, darauf zu warten, bis er sich beruhigt hatte: Das Wetter schlug bereits um, es wurde allmählich wärmer, und sobald der Erdboden taute, würde das Problem der fehlenden Kanalisation kritisch werden. Ich ließ das Hospital gleich am ersten Tag im Stich und bat um eine Audienz bei König Frithigern.
    Ich wurde ziemlich schnell in den Audienzsaal gelassen. Frithigern war heute allein. Er sah mich neugierig an und machte mir wegen meiner Erscheinung ein Kompliment. Ich ignorierte es und kam direkt zur Sache: Ich erklärte ihm, Dutzende seiner Leute stürben im Augenblick aufgrund der unzureichenden hygienischen Verhältnisse und weitere Hunderte würden sterben, sobald es heiß würde. Er starrte mich an. Ich erklärte ihm die Sache, zitierte Hippokrates und Eristratos und erzählte ihm von den römischen Städten mit ihren öffentlichen Abwässerkanälen, mit deren Hilfe derartige Probleme vermieden wurden. Er machte einen etwas unglücklichen Eindruck und fragte mich, was er meiner Ansicht nach tun sollte.
    »Laß sofort eine öffentliche Kanalisation bauen«, erwiderte ich. »Oder ein Aquädukt. Aber eine Kanalisation wäre einfacher, und außerdem könnten die Römer sie nicht so leicht zerstören.« Frithigern runzelte die Stirn. Er schlug vor, wir sollten abwarten und sehen, ob das gegenwärtige System nicht doch funktioniere, bevor wir ein neues bauten. Ich erwiderte, es sei bereits jetzt überdeutlich, daß das System nicht funktioniere.
    Er meinte, es sei nicht die Aufgabe einer Frau, solche Dinge zu entscheiden.
    »Vortrefflicher Frithigern«, entgegnete ich, »du hast dir große Mühe gegeben, dich meiner Dienste zu versichern und zu verhindern, daß ich zu den Römern zurückkehren kann. Jetzt, da du mich in deiner Gewalt hast, kannst du auch ebensogut auf mich hören. Es mag nicht die Aufgabe einer Frau sein, Medizin zu studieren, aber ich habe sie nun einmal studiert, und was ich sage, stimmt.«
    »Ich habe von dir erwartet, daß du dich um das Wohl der Kranken kümmerst, nicht aber, daß du mir erzählst, wir benötigten eine riesige öffentliche Kanalisation!« fuhr Frithigern mich an. »Der Bau eines Abwassersystems für die ganze Stadt erfordert Hunderte von Männern. Das ist teuer. Und ich weiß nicht einmal, wie so etwas konstruiert wird, auch sonst niemand hier – es sei denn, du hättest dies auf genauso vorbildliche Weise studiert wie Medizin.«
    Die Konstruktion einer öffentlichen Kanalisation war auf der medizinischen Fakultät Alexandrias zwar nicht gelehrt worden, aber ich wußte, daß die Goten einen Haufen römischer Gefangener gemacht hatten, die jetzt als Sklaven bei ihnen arbeiteten. Ich machte den Vorschlag, Frithigern solle einige, die von solchen Dingen etwas verstanden, heraussuchen lassen und ihnen ihre Freiheit sowie eine große Geldsumme versprechen, wenn sie eine Kanalisation für Carragines entwürfen. Ich sagte, sie würden auf ein derartiges Angebot sicherlich freudig eingehen. Es war schließlich etwas anderes, als wenn man sie dazu aufforderte, Befestigungsanlagen oder etwas dergleichen zu bauen, was von den römischen Behörden als Verrat angesehen werden könnte. Die Sklaven

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