Der Leuchtturm von Alexandria
Vater gegenüber die gleiche Bewunderung zum Ausdruck und wiederholte, er habe die Absicht, sich in Ephesus niederzulassen. Er behauptete, seit er dich mit eigenen Augen gesehen habe und wisse, daß du sowohl bescheiden, gut erzogen, edel geboren als auch schön bist, verspüre er den Wunsch, dich zu heiraten, falls Vater damit einverstanden sei.«
Ich sagte nichts. Ich hatte mir schon etwas derartiges gedacht.
»Was hat dein Vater geantwortet?« fragte Maia leise.
»Dies sei eine viel zu wichtige Angelegenheit, als daß man sie auf einer Abendgesellschaft erörtern könne, und sie sollten sich bald wiedersehen, um ausführlich darüber zu sprechen. Dann äußerte ich, Charis sei noch zu jung, um jemanden zu heiraten, und sie sei bereits halb und halb einem anderen versprochen – nun ja, ich mußte ja irgend etwas sagen. Aber dieser brutale Kerl lachte mich einfach aus. Vater verbat mir, mich da einzumischen – er hatte Angst, was ich wohl noch alles sagen mochte –, und befahl mir zu gehen. Aber wenn du hereingekommen wärest, Charition, und gesagt hättest, der Statthalter habe dich in deinem eigenen Hause beleidigt, hätte er ein ›Nein‹ als Antwort akzeptieren müssen.«
»Glaubst du wirklich?« fragte ich bitter. »Vielleicht wäre er genötigt gewesen, mit einer geringeren Mitgift vorlieb zu nehmen, aber er kann von Vater nehmen, was er will, und das weiß er genau. Vater hat immer noch Angst vor ihm.«
»Hättest du ihm nicht etwas sagen können?« wollte Thorion wissen.
»Ich habe ihm gesagt, daß ich nichts mit ihm zu tun haben will. Aber das schien ihm nur zu gefallen. Thorion, er will, daß ich ihn hasse. Er will… mich demütigen. Er will über Ephesus und seine herrschende Gesellschaftsschicht triumphieren.«
»Er genießt es, anderen Schmerzen zuzufügen«, sagte Maia ruhig. »Ja.« Ihr Arm legte sich fester um meine Taille. »Was meinst du, wen können wir vorschieben und behaupten, sie sei ihm versprochen?« fragte sie Thorion.
Er zuckte hilflos die Achseln. »Ich dachte vielleicht an Palladios, den Sohn des Dimitrios. Oder an meinen Freund Kyrillos, er hält große Stücke auf dich, Charition. Ich glaube, er wäre bereit, dich zu entführen, falls alles andere fehlschlägt.«
»Schön«, sagte ich. »Das könnte klappen. Festinus glaubt uns vielleicht nicht, wenn wir plötzlich behaupten, ich sei schon die ganze Zeit über einem anderen versprochen, aber er wird, kaum etwas dagegen unternehmen können. Und ich werde ihn nicht heiraten, unter keinen Umständen. Jetzt müssen wir nur noch Vater davon überzeugen, uns zu helfen.« Wir warteten so lange, bis die Abendgesellschaft zu Ende war und die Gäste nach Hause gingen. Von meinem Zimmer aus konnte man die Leute im ersten Innenhof sprechen hören, und als Vater sich verabschiedete, lauschten wir. »Bis morgen!« sagte Festinus laut mit seiner inzwischen vertrauten näselnden Stimme. Vaters Antwort konnten wir nicht verstehen.
Kaum waren die Gäste fort, gingen wir alle drei zu Vater. Er saß im Wagenlenkerzimmer, wo die Sklaven die Überreste des Essens abräumten. Er sah erschöpft und unglücklich aus.
»Vater«, sagte Thorion. »Wir müssen mit dir sprechen.«
»Oh, meine Lieben«, seufzte Vater, »jetzt nicht, bitte; es ist spät.«
»Doch, jetzt«, beharrte Thorion. »Wenn wir diese Heirat noch verhindern wollen, müssen wir sofort etwas unternehmen.«
Vater machte ein Geräusch, das wie eine Mischung aus einem wütenden Schnauben und ergebenem Seufzen klang. »Die Heirat verhindern? Wie kommst du darauf, daß wir sie überhaupt verhindern wollen?«
Als ich meinen Vater sah, wie er sich dort auf seiner Ruhebank zurücklehnte, wurde mir bewußt, daß ich nicht mehr von ihm wußte als seine Haussklaven. Er dagegen wußte überhaupt nichts von mir. Ich konnte mich eigentlich nur daran erinnern, wie er einmal in mein Zimmer kam, als ich noch ein kleines Kind war, um mit mir zu spielen. Aber seit ich damit begonnen hatte, ich selbst zu werden, waren wir uns immer fremder geworden. Ich hatte ihn manchmal zu den Mahlzeiten gesehen, er hatte mich von Zeit zu Zeit nach meinen Lektionen gefragt und mich dafür gelobt, dies oder jenes auswendig gelernt zu haben, aber wir hatten nie irgendein Thema angeschnitten, das mich interessierte. Für ihn und für Festinus war ich ganz einfach eine junge Dame, die Tochter des Hauses, ruhig, hübsch, gehorsam. Und leicht zu handhaben. Mir wurde allmählich sehr kalt.
»Du kannst doch nicht
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