Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
sagte Stefan. »Sie wird aber bestimmt bedauern, dass sie Ihren Besuch verpasst hat.«
Er wirkte vollkommen gelassen. Patrik musste sich beherrschen, um ihm nicht mit der Faust in die grinsende Visage zu schlagen.
Stefan stand auf. Lolita sprang sofort in die Höhe und ging zu ihrem Herrn. Sie presste sich an sein Bein, als wollte sie sich dafür entschuldigen, dass sie sich ein wenig umgeschaut hatte. Er beugte sich zu ihr hinunter und tätschelte sie freundlich.
»Wenn das alles war, habe ich jetzt noch etwas anderes zu tun.«
Patrik spürte, dass er noch tausend Fragen stellen wollte. Nach dem Kokain, nach Madeleine, Freistatt und dem Mord. Ulf warf ihm jedoch einen warnenden Blick zu und deutete auf die Tür. Patrik schluckte hinunter, was ihm auf der Zunge lag.
»Hoffentlich geht es dem Typen, der zusammengeschlagen wurde, besser. So was kann übel enden.« Stefan stellte sich in den Türrahmen und wartete darauf, dass sie gingen.
Patrik starrte ihn an. »Er ist tot. Erschossen«, sagte er nah an Stefans Gesicht. Er konnte riechen, wie Stefan nach Bier und Zigaretten aus dem Mund stank.
»Erschossen?«
Das Grinsen war verschwunden, und für den Bruchteil einer Sekunde meinte Patrik echtes Erstaunen in Stefans Blick zu sehen.
»Stand das Haus noch, als du gestern von der Arbeit kamst?«, Konrad sah Petra durch seine kleine Nickelbrille an.
»Doch, natürlich.« Petra schien ihn gar nicht richtig zu hören. Hochkonzentriert starrte sie auf ihren Bildschirm. Nach einer Weile rollte sie mit ihrem Bürostuhl zurück und sagte zu Konrad: »Ich habe im Register etwas gefunden. Westers Frau besitzt eine Immobilie in Bohuslän, im Schärengarten vor …«, sie beugte sich vor, »Fjällbacka.«
»Das ist ein hübscher Ort. Ich habe dort mehrmals die Sommerferien verbracht.«
Petra sah Konrad verwundert an. Aus irgendeinem Grund hatte sie sich nie vorstellen können, dass er überhaupt solche Dinge wie Urlaub machte. Sie musste sich auf die Zunge beißen, um ihn nicht zu fragen, wer ihn begleitet hatte.
»Wo liegt das?«, fragte Petra. »Es sieht verdammt noch mal so aus, als ob ihr eine ganze Insel gehören würde. Gråskär.«
»Zwischen Uddevalla und Strömstad«, sagte Konrad. Er ging gerade Westers Verbindungsnachweis durch. Angenommene Anrufe und gewählte Rufnummern. Es war eine langwierige Aufgabe, aber sie musste erledigt werden, und manchmal erwiesen sich Telefonlisten als die reinste Goldgrube. Trotzdem bezweifelte er, dass sie in diesem Fall etwas finden würden. Diese Typen waren erfahren genug, keine Spuren zu hinterlassen. Sie benutzten bestimmt Telefonkarten, die man mit Bargeld auflud und nach jedem heiklen Gespräch wegwarf. Man wusste jedoch nie, und Geduld war seine große Stärke. Falls es in dieser schier endlosen Liste etwas zu entdecken gab, dann würde er es entdecken.
»Da ich ihre Handynummer noch nicht herausbekommen habe, geht es wahrscheinlich schneller, wenn wir die örtliche Polizei kontaktieren. Falls es da überhaupt eine Dienststelle gibt. Es scheint ja nicht gerade eine Kreisstadt zu sein. Vielleicht ist Göteborg am nächsten?«
»Tanum«, sagte Konrad, der weiter Telefonnummern eingab und mit den Einträgen im Melderegister verglich. »Die nächste Polizeidienststelle befindet sich in Tanum.«
»Tanum? Warum kommt mir das bekannt vor?«
»In der Boulevardpresse stand eine Riesengeschichte über einen Drogenmord dort.« Konrad nahm die Brille ab und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Wenn er eine Zeitlang die engbedruckten Listen angestarrt hatte, taten ihm immer die Augen weh.
»Genau. Dieses Elend gibt es sicherlich nicht nur in der Großstadt.«
»Stimmt, es existiert auch eine Welt außerhalb von Stockholm. Ich kann verstehen, dass man das eigenartig findet, aber es ist so«, sagte Konrad. Er wusste, dass Petra in Stockholms Innenstadt geboren war, immer dort gelebt hatte und sich selten nördlich von Uppsala oder südlich von Södertälje aufhielt.
»Und selbst? Wo kommst du her?«, fragte Petra herablassend. Im selben Moment wurde ihr bewusst, wie merkwürdig es war, diese Frage jemandem zu stellen, mit dem man seit fünfzehn Jahren zusammenarbeitete. Das Thema war irgendwie nie zur Sprache gekommen.
»Gnosjö«, antwortete Konrad, ohne den Blick von seiner Liste abzuwenden.
Petra starrte ihn an. »Du stammst aus Småland? Aber du sprichst doch gar keinen Dialekt.«
Konrad zuckte die Achseln, und Petra öffnete den Mund, um weitere Fragen
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