Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Wohnung und die Treppen hinunter zu dem Büro im Erdgeschoss. Hinter dem Schreibtisch saß Alvar Nilsson.
»Tag, Mellberg!«
»Tag.« Mellberg grinste von einem Ohr zum anderen.
»Was meinst du? Leistest du mir Gesellschaft?« Alvar öffnete die oberste Schublade und nahm eine Flasche Whiskey heraus.
Mellberg rang mit sich, doch der Kampf endete wie üblich.
»Was soll’s.« Er machte es sich bequem.
Alvar reichte ihm ein Glas.
»Ich hätte da mal eine Frage.« Mellberg ließ das Glas zwischen den Fingern kreisen und genoss den Anblick der gelbgoldenen Flüssigkeit, bevor er den ersten Schluck trank.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
»Die Mädchen wollen plötzlich eine eigene Wohnung.«
Alvar wirkte belustigt. Schließlich waren die »Mädchen« über dreißig.
»Das ist der Lauf der Welt.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinterm Kopf.
»Die Sache ist die: Rita und ich möchten sie in unserer Nähe haben.«
»Ich verstehe, aber in Tanum ist es im Moment schwierig, eine Wohnung zu finden.«
»Genau deshalb dachte ich mir, du könntest mir eventuell helfen.« Mellberg beugte sich vor und sah Alvar in die Augen.
»Ich? Du weißt doch, wie die Dinge liegen. Alle Wohnungen sind belegt. Ich kann euch nicht mal eine Besenkammer anbieten.«
»Im Stockwerk unter uns hast du eine schöne Dreizimmerwohnung.«
Alvar starrte ihn an.
»Die einzige Dreizimmerwohnung auf der Etage ist doch …« Er verstummte. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das geht nicht. Nie im Leben. Bente würde das nicht akzeptieren.« Alvar reckte den Hals und warf einen besorgten Blick zum Nachbarraum, in dem normalerweise seine norwegische Sekretärin beziehungsweise Geliebte arbeitete.
»Das ist nicht mein Problem, aber es könnte sich zu deinem entwickeln.« Mellberg senkte die Stimme. »Ich glaube nicht, dass Kerstin dein kleines … Arrangement gefällt.«
Alvar kniff wütend die Augen zusammen, und Mellberg war einen Moment lang beunruhigt. Falls er den Bogen überspannt hatte, warf Alvar ihn möglicherweise achtkantig hinaus. Er hielt den Atem an. Dann begann Alvar zu lachen.
»Mensch, Mellberg. Du gehst ja ganz schön ran! Aber ein Frauenzimmer soll unsere Freundschaft nicht gefährden. Wir finden eine Lösung. Ich habe einige Kontakte und suche für Bente etwas anderes. Was hältst du von einem Einzugstermin in vier Wochen? Ich spendiere euch aber keine Renovierung. Streichen dürft ihr selbst. Abgemacht?« Er hielt ihm die Hand hin.
Mellberg atmete auf und schlug ein.
»Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann«, sagte er. In seinem Bauch gluckerte es vor Freude. Der Kleine würde zwar ausziehen, aber er würde nur die Treppe runtergehen müssen und konnte ihn besuchen, wann immer er Lust dazu hatte.
»Darauf sollten wir einen trinken«, sagte Alvar.
Mellberg schob sein Glas über den Tisch.
Im Badis herrschte fieberhafte Betriebsamkeit, aber Vivianne hatte das Gefühl, sich in Zeitlupe zu bewegen. Die Dinge spitzten sich zu, und es mussten noch viele Entscheidungen getroffen werden. Doch vor allem ging ihr Anders’ ausweichende Antwort nicht aus dem Kopf. Er verheimlichte ihr etwas, und dadurch entstand zwischen ihnen ein Abgrund, der so tief und so breit war, dass sie kaum zur anderen Seite hinüberblicken konnte.
»Wo soll das Buffet stehen?« Eine der Kellnerinnen sah sie fragend an, und Vivianne nahm sich zusammen.
»Da vorne links. Längs, damit man von beiden Seiten drankommt.«
Alles musste organisiert und kontrolliert werden. Das Eindecken, das Essen, das Spa, die Anwendungen. Die Zimmer für die Ehrengäste mussten gründlich geputzt und mit Blumen und Obstkörben ausgestattet werden. Und die Bühne für die Band war auch noch nicht fertig. Sie durfte nichts dem Zufall überlassen.
Während sie nach allen Seiten Fragen beantwortete, spürte sie, dass ihre Stimme sie im Stich ließ. An ihrer Hand blitzte der Ring, und sie musste sich beherrschen, dass sie ihn sich nicht vom Finger riss und an die Wand warf. Jetzt, da das Ziel in greifbare Nähe gerückt war und ihr Leben endlich eine neue Wendung nehmen würde, durfte sie nicht die Beherrschung verlieren.
»Hallo, was kann ich helfen?«
Anders sah furchtbar aus. Er schien in der Nacht kein Auge zugetan zu haben. Sein Haar war ungekämmt, und unter den Augen hatte er dunkle Ringe.
»Ich habe den ganzen Morgen versucht, dich anzurufen. Wo bist du gewesen?« Sie bekam es mit der Angst zu tun. Die Gedanken, die sich in
Weitere Kostenlose Bücher