Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
und die Fasern hinterlassen hat«, wandte Patrik ein. Technik war gut und schön, aber er wusste aus Erfahrung, dass man auch eine gehörige Portion Glück brauchte, um einen Mord aufzuklären. Menschen kamen und gingen, und die Spuren konnten ebenso gut von Familienmitgliedern oder Freunden stammen. Falls der Mörder einer von ihnen war, standen sie als Ermittler bei der Verknüpfung von Täter und Tatort vor ganz anderen Problemen.
»Ist es nicht noch ein bisschen zu früh für Pessimismus?« Torbjörn knuffte Patrik in die Seite.
»Doch, entschuldige.« Patrik lachte. »Anscheinend werde ich langsam müde.«
»Du übertreibst es doch wohl nicht? Ich habe gehört, dass du mit Volldampf gegen die Wand gerast und zusammengebrochen bist. So etwas steckt einem noch lange in den Knochen.«
»Das mit der Wand höre ich nicht besonders gern«, brummte Patrik. »Aber du hast recht, ich habe einen Warnschuss bekommen.«
»Das ist gut. Du bist schließlich noch nicht steinalt und wirst hoffentlich noch viele Jahre bei der Polizei arbeiten.«
»Was haltet ihr von euren Fundstücken?« Patrik versuchte, das Thema zu wechseln. Die Erinnerung an den Schmerz in der Brust war noch zu frisch, um sich entspannt darüber zu unterhalten.
»Wie gesagt, wir haben einiges entdeckt. Das geht jetzt alles ans SKL, und wie du weißt, dauert es dann oft eine Weile. Allerdings sind die mir noch etwas schuldig, vielleicht kann ich ihnen also ein bisschen Dampf machen.«
»Wir sind natürlich dankbar, wenn wir die Ergebnisse so früh wie möglich bekommen.« Patrik fror immer noch. Für Juni war es viel zu kalt, und das Wetter war unbeständig. Im Moment fühlte es sich nach Frühlingsanfang an, aber vor ein paar Tagen war es so sonnig und warm gewesen, dass Erica und er kurzärmlig im Garten gesessen hatten.
»Und ihr? Wart ihr erfolgreich? Hat einer von den Leuten hier etwas gehört oder gesehen?« Torbjörn deutete auf die Mietshäuser ringsherum.
»Wir haben an jede Tür geklopft, doch bisher ist nicht viel dabei herausgekommen. Einer der Nachbarn glaubt, in der Nacht zum Samstag ein Geräusch gehört zu haben, aber da er davon erst wach geworden ist, kann er unmöglich sagen, worum es sich gehandelt hat. Das ist alles. Mats Sverin hat wohl eher zurückgezogen gelebt, zumindest hier im Haus. Niemand scheint ihn gekannt zu haben, man hat ihm nur mal im Treppenhaus zugenickt. Da er jedoch in Fjällbacka aufgewachsen ist und seine Eltern immer noch hier leben, kennen ihn die Leute natürlich. Sie wissen, dass er bei der Gemeinde arbeitet und so Dinge.«
»Ja, in Fjällbacka spricht sich alles schnell rum«, sagte Torbjörn. »Mit ein bisschen Glück müsstet ihr davon profitieren.«
»Sicher. Bis jetzt sieht es so aus, als hätte Mats Sverin wie ein Einsiedler gelebt, aber wir versuchen es morgen noch mal.«
»Fahr nach Hause und ruh dich aus.« Torbjörn klopfte ihm fest auf die Schulter.
»Danke, das mache ich«, log Patrik. Er hatte Erica bereits angerufen und angekündigt, dass er spät nach Hause kommen würde. Sie mussten noch heute Abend eine Strategie entwerfen, und nach wenigen Stunden Schlaf würde er morgen ganz früh loslegen. Ihm war klar, dass er es nach dem, was er durchgemacht hatte, besser hätte wissen müssen. Aber die Arbeit ging vor. Das lag in seiner Natur.
Erica starrte ins Kaminfeuer. Als Patrik anrief, hatte sie versucht, sich nicht anmerken zu lassen, wie besorgt sie war. Er sah endlich wieder etwas munterer aus, bewegte sich mit neuer Energie und hatte frische Farbe im Gesicht. Natürlich konnte sie verstehen, dass er länger arbeiten musste, aber er hatte ihr versprochen, es ruhig angehen zu lassen. Hatte er das vergessen?
Sie fragte sich, wer der Ermordete war. Weil Patrik am Telefon nicht darüber reden wollte, hatte er nur gesagt, dass in Fjällbacka ein Mann tot aufgefunden worden sei. Sie war von Natur aus ungeheuer neugierig, vielleicht hing das mit ihrem Beruf zusammen. Auch beim Schreiben trieb sie das Interesse an Menschen und Ereignissen an. Sie würde noch früh genug erfahren, was genau passiert war. Auch wenn Patrik es ihr nicht erzählte, würde sich jede Einzelheit rasch herumsprechen. Das war der Vorteil und der Nachteil, wenn man in Fjällbacka wohnte.
Beim Gedanken an die massive Unterstützung, die sie nach dem Unfall erhalten hatten, war sie immer noch zu Tränen gerührt. Jeder hatte seine Hilfe angeboten, nicht nur Leute, die sie gut kannten, sondern sogar diejenigen, die nur
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