Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
hin und wieder grüßten. Man hatte sich um Maja und das Haus gekümmert, und als sie endlich aus dem Krankenhaus entlassen wurden, hatte man ihnen etwas zu essen auf die Treppe gestellt. Und im Krankenhaus selbst waren sie unter Bergen von Grußkarten, Blumen, Schokolade und Spielsachen für die Kinder fast erstickt. Alles stammte von Leuten aus dem Ort. So war es eben. In Fjällbacka hielt man zusammen.
Heute Abend fühlte sie sich trotzdem einsam. Nach dem Telefonat mit Patrik hatte sie spontan Lust gehabt, Anna anzurufen. Wie immer musste sie sich schmerzhaft bewusst machen, dass das nicht ging. Langsam legte sie das schnurlose Telefon wieder auf den Tisch.
Die Kinder schliefen oben. Das Feuer im Kamin knisterte, und draußen dämmerte es allmählich. In den vergangenen Monaten hatte sie oft Angst gehabt, sich aber selten einsam gefühlt. Im Gegenteil, sie war eigentlich immer von Menschen umgeben gewesen. Doch heute Abend war es ganz still.
Als sie Geschrei aus dem Obergeschoss hörte, stand sie sofort auf. Solange sie die Zwillinge fütterte und wieder ins Bett brachte, hatte sie keine Zeit, sich Sorgen um Patrik zu machen.
»Es war zwar ein langer Tag, doch ich finde, wir sollten uns trotzdem eine Stunde Zeit nehmen, um uns zusammenzusetzen, bevor wir endlich Feierabend machen.«
Patrik sah sich um. Alle sahen müde, aber konzentriert aus. Besprechungen fanden schon lange nur noch in der Teeküche statt, und Gösta war so umsichtig gewesen, dafür zu sorgen, dass jeder eine Tasse Kaffee bekam.
»Martin, könntest du bitte zusammenfassen, was die unangekündigten Besuche bei den Nachbarn gebracht haben?«
»Wir haben bei allen Mietern im Haus an die Tür geklopft und die meisten tatsächlich angetroffen. Bei einigen wenigen müssen wir es morgen noch einmal versuchen. Am interessantesten ist natürlich die Frage, ob jemand Geräusche aus der Wohnung von Mats Sverin gehört hat. Streit, Lärm, Schüsse. Aber dabei ist so gut wie nichts herausgekommen. Der Einzige, der eventuell etwas mitbekommen hat, ist der Nachbar in der Wohnung nebenan. Leandersson heißt der. Er wurde mitten in der Nacht von Freitag auf Samstag von einem Geräusch geweckt, das eventuell ein Schuss, möglicherweise aber auch etwas ganz anderes gewesen sein könnte. Seine Erinnerung ist in diesem Punkt unheimlich vage. Vor allem weiß er noch, dass er aufgewacht ist.«
»Hat denn keiner irgendjemanden kommen oder gehen sehen?«, fragte Mellberg.
Annika schrieb fieberhaft mit.
»Es kann sich niemand erinnern, dass Mats Sverin überhaupt Besuch gehabt hätte, seit er dort wohnt.«
»Wie lange lebte er da denn schon?«, wollte Gösta wissen.
»Sein Vater sagte, dass Mats erst kürzlich aus Göteborg hierhergezogen ist, aber da ich mich morgen ohnehin unter etwas ruhigeren Umständen mit Sverins unterhalten wollte, kann ich da auch gleich genauer nachhaken«, sagte Patrik.
»Das Klinkenputzen hat also nichts gebracht.« Mellberg starrte Martin an, als wäre er dafür verantwortlich.
»Jedenfalls nicht viel.« Martin starrte zurück. Er war immer noch der Jüngste in der Dienststelle, hatte aber inzwischen den furchtsamen Respekt abgelegt, den er Mellberg anfangs entgegengebracht hatte.
»Wir machen weiter«, ergriff Patrik das Wort. »Mit dem Vater habe ich bereits gesprochen, die Mutter stand für eine Vernehmung zu sehr unter Schock. Wie gesagt, morgen fahre ich hin, um ein ausführlicheres Gespräch mit ihnen zu führen und vielleicht etwas mehr herauszufinden. Gunnar, der Vater, sagte aber, dass sie niemand kennen, der die Absicht gehabt haben könnte, ihrem Sohn etwas anzutun. Auch wenn der ursprünglich von hier kommt, scheint er nicht viele Leute getroffen zu haben, seit er wieder zurück ist. Ich möchte, dass morgen jemand mit seinen Kollegen spricht. Würdet ihr euch darum kümmern, Paula und Gösta?«
Die beiden sahen sich an und nickten.
»Martin, du bleibst den Nachbarn auf den Fersen, die wir noch nicht erwischt haben. Und, ach ja, Gunnar hat erwähnt, dass Mats in Göteborg kurz vor seinem Wegzug körperlich schwer misshandelt wurde, der Sache gehe ich nach.«
Zu guter Letzt wandte sich Patrik an seinen Chef. Mittlerweile hatte es sich zu einem festen Bestandteil der Arbeitsabläufe entwickelt, Mellbergs schädlichen Beitrag zu den Ermittlungen auf ein Minimum zu reduzieren.
»Bertil«, sagte er ernst. »Du wirst als Oberbefehlshaber in der Dienststelle gebraucht. Schließlich kannst du am besten mit der Presse
Weitere Kostenlose Bücher