Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Hof gelernt. Zu diesen Dingen war es jedoch bislang nicht gekommen. Deshalb strich sie nun über Karls Bein und an der Innenseite seines Oberschenkels entlang. Ihr Herz klopfte vor Nervosität und Erregung, als sie ihre Hand sachte in den Schlitz seiner langen Unterhose gleiten ließ.
Karl zuckte zusammen und setzte sich auf.
»Was erlaubst du dir?« Diesen finsteren Blick hatte sie noch nie an ihm gesehen. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück.
»Ich … ich dachte nur …« Die Worte wollten ihr nicht über die Lippen. Wie sollte sie das Naheliegende formulieren? Auch ihm musste doch bewusst sein, wie sonderbar es war, dass er sich ihr in fast drei Monaten Ehe noch kein einziges Mal genähert hatte. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
»Ich schlafe lieber im Leuchtturm. Hier kommt man ja nicht zur Ruhe.« Karl zwängte sich an ihr vorbei, zog sich an und raste die Treppe hinunter.
Emelie hatte das Gefühl, eine schallende Ohrfeige bekommen zu haben. Er hatte sie zwar nicht beachtet, aber in diesem Ton auch noch nie mit ihr gesprochen. Hart, kalt und verächtlich. Außerdem hatte er sie angesehen wie ein grauenerregendes Wesen, das unter einem Stein hervorgekrochen kam.
Tränenüberströmt stellte sich Emelie ans Fenster und blickte hinaus. Ein scharfer Wind blies über die Insel, und Karl musste sich mit seinem gesamten Gewicht dagegenstemmen, um zum Leuchtturm zu gelangen. Er riss die Tür auf und trat ein. Dann sah sie ihn hinter dem Turmfenster, vom Licht in einen Schatten verwandelt.
Weinend legte sie sich wieder aufs Bett. Das Haus knackte und knarrte, es schien jeden Augenblick fortgerissen und über die Inseln hinaus ins Graue geschleudert zu werden. Doch das machte ihr keine Angst. Lieber wollte sie davonfliegen als hier sein.
Etwas berührte sie zart an der Wange, genau dort, wo Karls Worte den brennenden Abdruck hinterlassen hatten. Emelie zuckte zusammen. Es war niemand da. Sie zog die Decke hoch bis ans Kinn und starrte in die dunklen Ecken des Zimmers, die leer zu sein schienen. Sie legte sich wieder hin. Bestimmt hatte sie es sich nur eingebildet. Genau wie alle anderen merkwürdigen Geräusche, die sie gehört hatte, seit sie auf der Insel lebte. Oder die Schranktüren, die offen standen, obwohl sie sich ganz sicher war, sie geschlossen zu haben, und die Zuckerdose, die irgendwie vom Küchentisch auf die Arbeitsfläche gelangt war. All das war sicher Einbildung. Ihre Phantasie und die Einsamkeit hatten ihr wohl einen Streich gespielt.
Unten scharrte ein Stuhl über den Boden. Atemlos setzte Emelie sich auf. Die Worte der alten Frau hallten in ihren Ohren wider, Worte, die sie in den vergangenen Wochen erfolgreich verdrängt hatte. Sie wollte nicht nach unten gehen und nachsehen, sie wollte gar nicht wissen, was sich dort unten befinden mochte, was eben hier oben gewesen war und ihre Wange liebkost hatte.
Zitternd zog sie sich die Decke über den Kopf und versteckte sich wie ein Kind vor unbekannten Gräueln. Erst als es dämmerte, schlief sie ein. Es waren keine weiteren Geräusche zu hören.
W as hältst du von der Sache?«, fragte Paula. Gösta und sie hatten sich beim Konsum etwas zu essen geholt und saßen nun gemeinsam in der Teeküche.
»Ein wenig seltsam ist es schon.« Gösta aß einen Bissen von seinem überbackenen Fisch. »Offenbar weiß niemand etwas über Sverins Privatleben. Trotzdem scheinen ihn alle gemocht zu haben und sagen, er sei offen und gesellig gewesen. Für mich passt das nicht zusammen.«
»Hm, mir geht es genauso. Wie kann man alles, was nicht mit der Arbeit zusammenhängt, derart geheim halten? Irgendwann beim Kaffeetrinken oder Mittagessen muss doch mal sein Privatleben zur Sprache gekommen sein.«
»Du warst zu Beginn auch nicht besonders gesprächig.«
Paula errötete. »Da hast du recht. Genau das meine ich. Ich habe geschwiegen, weil ich etwas Bestimmtes für mich behalten wollte. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wie ihr darauf reagieren würdet, dass ich mit einer Frau zusammenlebe. Die Frage ist, was Mats Sverin zu verbergen hatte.«
»Wir werden es wohl herausfinden müssen.«
Paula spürte, wie sie am Bein gestupst wurde. Ernst hatte gerochen, dass es hier etwas zu essen gab, und saß nun erwartungsvoll neben ihr.
»Tut mir leid, Alter. Du bist an die Falsche geraten. Ich habe nur Salat.«
Ernst wich jedoch nicht von der Stelle und sah sie flehentlich an. Ihr war klar, dass er einen Beweis brauchte. Sie spießte ein Salatblatt
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