Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
mit ihm geplaudert. Gunnar hatte immer so stolz über seinen Sohn gesprochen. Dan wusste auch, wer Matte war. Er war mit Erica in eine Klasse gegangen, Dans Parallelklasse, aber sie hatten nicht viel miteinander zu tun gehabt. Gunnars und Signes Trauer musste unermesslich sein. Auf einmal betrachtete er seine eigene Trauer aus einer anderen Perspektive. Wenn es so weh tat, einen Sohn zu verlieren, den man gar nicht kennengelernt hatte, wie schmerzhaft musste es dann erst sein, einen Sohn zu verlieren, den man durchs Leben begleitet und aufwachsen gesehen hatte?
Die Kohlmeisen flatterten plötzlich davon. Sie flogen nicht alle in dieselbe Richtung, sondern verteilten sich nach verschiedenen Seiten. Kurz darauf sah Dan, was sie zu einem so überstürzten Aufbruch bewogen hatte. Die Nachbarskatze hatte sich angeschlichen, saß unterm Baum und starrte nach oben. Doch diesmal würde es kein Festmahl geben.
Dan stand auf. Er konnte nicht einfach hier rumsitzen. Er musste noch einmal versuchen, mit Anna zu sprechen, damit sie endlich aufwachte und von den Toten zurückkehrte. Langsam ging er die Treppe hinauf.
»Wie ist es bei dir gelaufen, Martin?« Patrik lehnte sich zurück. Erneut hatten sie sich zu einer Besprechung in der Küche versammelt.
Martin schüttelte den Kopf. »Nicht besonders. Ich habe fast alle angetroffen, die gestern nicht da waren, aber niemand hat etwas gesehen oder gehört. Außer vielleicht …« Er zögerte.
»Ja?«, hakte Patrik nach und alle Blicke richteten sich auf Martin.
»Ich weiß nicht, ob wir damit etwas anfangen können. Der Alte ist nicht ganz richtig im Kopf …«
»Schieß los.«
»Okay, dieser Typ, er heißt Grip, wohnt im selben Stock wie Sverin. Wie gesagt, er wirkt leicht gestört«, Martin tippte sich an die Stirn, »und in seiner Wohnung laufen entsetzlich viele Katzen herum, aber …« Er holte tief Luft. »Grip meint, eine seiner Katzen hätte früh am Samstagmorgen ein Auto gesehen. Also zum Zeitpunkt, als Nachbar Leandersson von einem Geräusch geweckt wurde, das ein Schuss gewesen sein könnte.«
Gösta kicherte. »Die Katze hat ein Auto gesehen?«
»Sei still, Gösta«, sagte Patrik. »Sprich weiter, was hat er noch gesagt?«
»Das war alles. Zuerst habe ich ihn nicht ernst genommen. Er ist ja, wie gesagt, nicht ganz dicht.«
»Kinder und Narren sagen die Wahrheit«, murmelte Annika, während sie sich Notizen machte.
Martin zuckte kleinlaut die Achseln. »Tja, mehr habe ich nicht herausbekommen.«
»Trotzdem gute Arbeit«, sagte Patrik aufmunternd. »Diese Befragungen von Nachbarn sind nicht einfach. Entweder haben die Leute zu viel gehört und gesehen oder gar nichts.«
»Stimmt, ohne Zeugen wäre unsere Arbeit um einiges leichter«, brummte Gösta.
»Wie lief es denn bei euch?«, wandte sich Patrik an Gösta und Paula, die nebeneinander am Küchentisch saßen.
Paula schüttelte den Kopf. »Wir haben leider auch nicht viel zu vermelden. Mats Sverin scheint kein Privatleben gehabt zu haben, wenn man seinen Arbeitskollegen Glauben schenken darf. Jedenfalls wussten sie nichts darüber. Er hat nie über seine Interessen oder Freunde und Freundinnen gesprochen. Trotzdem wird er als nett und umgänglich beschrieben. Für mich passt das irgendwie nicht zusammen.«
»Hat er etwas aus seiner Zeit in Göteborg erzählt?«
»Nein, nichts.« Gösta schüttelte den Kopf. »Es ist so, wie Paula sagt, anscheinend hat er nie über etwas anderes als die Arbeit und allgemeinere Themen gesprochen.«
»Wussten die Kollegen von der Misshandlung?« Patrik stand auf und schenkte reihum allen Kaffee ein.
»Nicht direkt«, sagte Paula. »Mats hat behauptet, er sei mit dem Fahrrad gestürzt und habe eine Weile im Krankenhaus liegen müssen. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit.«
»Und die Arbeit? Gab es da noch Fragezeichen?« Patrik stellte die Kanne wieder zurück in die Maschine.
»Er scheint seine Sache ziemlich gut gemacht zu haben. Offenbar waren sie sehr zufrieden mit ihm. Sie waren wohl der Ansicht, mit einem Diplomkaufmann, der in Göteborg Erfahrung gesammelt hatte, einen richtigen Glücksgriff getan zu haben. Außerdem hatte er ja eine Verbindung zum Ort.« Gösta führte die Tasse zum Mund, verbrannte sich aber sofort die Zunge. »Scheiße!«
»Dort gibt es also keine Spur, der wir nachgehen sollten?«
»Nein, jedenfalls haben wir nichts dergleichen in Erfahrung gebracht.« Paula wirkte genauso verzagt wie kurz zuvor Martin.
»Dann müssen wir uns vorerst
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