Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
schließlich aufgebracht und alle
um ihn herum verstummten.
Lewia, Emilia und sogar sein Meister blickten
ihn verwundert und verängstigt an. Keiner wagte, auch nur einen Laut zu
sprechen, sahen sie doch, wie durcheinander Thalon wirkte. Schweißperlen
standen ihm auf der Stirn. Er wirkte gehetzt wie nie zuvor. Sein Oberkörper hob
und senkte sich kraftvoll. Liebend gerne hätte er Lewia bei sich gehabt, doch
die Stimme und die Bilder hatten einen so großen Einfluss auf ihn ausgeübt,
dass er sich ihnen nicht entziehen konnte. Sie mussten ihn davor gewarnt haben,
was passieren würde, wenn Lewia in seiner Nähe blieb. „Lewia, ich kann dir das
nicht erklären, aber ich denke, du und Emilia, ihr seid sicherer, wenn ihr euch
von mir fern haltet!", sprach er auf einmal mit kalter Stimme. In seinem
Inneren jedoch brannte der. Es brodelte in ihm, wie in einem Vulkan. „Aber
Thalon, ich verstehe wirklich nicht...“, wollte Lewia erwidern, aber er schnitt
ihr das Wort ab: „Mach es bitte nicht schwerer, als es bereits ist. Ich weiß
nur, dass du stirbst, wenn du bei mir bleibst. Bitte, frage nicht woher ich das
weiß, ich kann im Moment sowieso kaum einen klaren Gedanken fassen.“ „Ruhe dich
doch erstmal aus. Ich verstehe, dass du noch geschwächt bist, von dem Gemetzel
von vorhin“, versuchte Lewia, auf ihn einzugehen. „Liebst du mich?“, schoss es
unerwartet aus Lewia heraus. Erst wusste er nicht, was er antworten sollte, zu
überrascht war er. Es dauerte eine Weile, bis er seine durcheinander geratenen
Gedanken geordnet hatte. Dann sagte er allerdings völlig bestimmt: „Ja, ich
liebe dich. Auch wenn ich es mir am Anfang nicht hätte vorstellen können. Aber
all die Zeit kam mir so vor, als würden wir uns schon ewig kennen. In der
kurzen Zeit, in der wir zusammen gereist sind, hast du jedoch einen Platz in
meinem Herzen eingenommen, den ich nie wieder mit Leere füllen möchte!“ Lewias Augen wurden ein wenig
feucht, während ihre Wangen erröteten.
„Wir
lassen euch beiden mal ein wenig Freiraum“, äußerte Kardios und verließ dann
zusammen mit Emilia den Raum. Thalon war aufgestanden und hatte Lewia in den
Arm genommen. Ihr warmer Körper an seinem ließ in ihm ein Gefühl der
Geborgenheit aufkommen. Es war vergleichbar mit der Wärme, die er verspürte,
wenn er tötete, und doch war es ein schöneres Gefühl. Denn es kam ihm richtig
vor. Außerdem war etwas, dass er einmal kannte, aber lange Zeit nicht vernommen
hatte. Es war reine Liebe. Zuletzt erfuhr er diese von seiner Mutter. Zwar
hatte Kardios ihn aufgenommen und liebte ihn auch wie einen Sohn, Thalon jedoch
war nie in der Lage gewesen, diese reine Liebe zu vernehmen. Jetzt spürte er
sie wieder und erneut zweifelte er an seiner Entscheidung. Er drückte Lewia
fester und spürte, dass ihr zarter und weicher Körper leicht zitterte. Sie
hatte ihren Kopf auf seiner Schulter abgelegt und Tränen liefen. Thalon
wünschte, auch er würde anfangen zu weinen, aber seine Augen blieben trocken.
Kein Gefühl der Trauer überkam ihn. Er hob ihren Kopf und küsste sie. Sie
erwiderte diesen Kuss und für einen Moment war alles wieder so, wie an dem Tag
in dem Gasthaus. Dann löste er sich wieder von ihren Lippen. „Ich liebe dich
auch“, hauchte er, während er ihr über die Wange strich. „Das solltest du noch
wissen“, fügte Thalon hinzu. Erneut in Tränen ausbrechend wich Lewia zurück.
„Warum gehst du dann?“, schrie sie ihm entgegen und schüttelte mit dem Kopf.
Noch nie hatte Thalon seine Begleiterin so verletzlich erlebt und es schmerzte
fürchterlich in ihm, sie so zu sehen, weil er wusste, dass er Schuld daran
hatte. „Glaubst du, mir fällt das leicht? Ich habe mir nicht ausgesucht, das
Reich zu retten. Ich hatte ein normales Leben, bevor ich erfuhr, dass eine
höhere Macht größere Pläne mit mir vorhat!“, gab er mit bebender Stimme zurück.
Lewia trat weiter nach hinten. Als Thalon merkte, in welchem Ton er soeben
geredet hatte, sagte er betroffen: „Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht
anschreien, aber die ganze Situation überfordert mich nun mal. Und du machst es
nicht besser, wenn du nicht verstehst, warum ich alleine gehen muss.“ Lewia, noch
immer mit gerötetem Gesicht kam wieder ein Stück näher an ihn heran. „Ich
fürchte, ich will es einfach nicht verstehen“, beichtete sie leise und unter
heftigem Schluchzen. Dann knüpfte sie eines ihrer Armbänder auf und legte es
Thalon in die Hand. „Und jetzt
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