Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
und fielen dann nach unten in die Tiefe, wo sie lautstark an dem
schroffen Fels zerschellten. „So, ihr Fluchtweg ist so gut wie abgeschnitten!“,
rief einer der Verfolger. Jetzt ging es um alles oder nichts, denn sie durften
diesen Männern, oder was immer sie auch waren, nicht in die Hände fallen. Also
gaben sie ihren Pferden noch einmal die Sporen und scheuchten ihre tapferen
Reittiere über die brennende Brücke. Ein Schwall von Hitze und Wärme überkam
sie, als sie über die einstürzende Brücke galoppierten. Eine unsichtbare Macht
schien es anscheinend gut mit ihnen zu meinen, denn sie schafften es
unbeschadet, die andere Seite zu erreichen, bevor die Brücke endgültig zerstört
war. Ohne sich auch nur umzudrehen ritten Lewia und Thalon weiter, während die
Soldaten hinter ihnen vor der Klippe standen und rasch kehrt machten, um einen
anderen Weg zu finden.
Nach
dieser nervenaufreibenden Verfolgungsjagd machten Lewia und Thalon Halt, um
wieder selbst zu Kräften zu kommen und um den Pferden eine Pause zu gönnen. „Die
sehen wir hoffentlich so schnell nicht mehr wieder!“, freute sich Lewia. „Sei
dir da nicht zu sicher! Womöglich wissen sie ganz genau, wohin sie reiten und
wie sie uns am schnellsten einholen können. Hast du diesen Feuerball gesehen?
Ich dachte, es gäbe heutzutage kaum noch Magier und dann begegnen wir gleich so
einem!“, sprach Thalon mit ernster, jedoch leicht zittriger Stimme. Lewia
nickte stumm, nicht wissend, was sie daraufhin erwidern sollte. Und so saßen
sie nun beide da und schwiegen sich eine Zeit lang an. Irgendwann aber richtete
Thalon sich auf und meinte entschlossen: „So, wir können nicht länger warten,
schließlich wissen wir nicht, wie viel Vorsprung wir gewonnen haben. Ich würde
mich sicherer fühlen, wenn wir noch vor Ende des Tages ein Dorf finden würden.
Und die Anzahl der Fragen, die Anthlo mir beantworten muss, ist soeben noch um
einiges gestiegen!“ „Du hast Recht! Wir sollten bald die Hauptstadt erreicht
haben. Siehst du die kleinen Rauchfontänen dort hinten am Horizont? Da ist
unser erstes Ziel!“, gab Lewia zurück und deutete in die Richtung, aus der der
Rauch aufstieg.
Kapitel 6: Im Bann der Hexe
Es war ein kleineres Dorf, welches an einen
dichten Wald angrenzte. Sie hatten es kurz nach Anbeginn der Dämmerung erreicht
und standen nun auf einem Hügel, ein kleines Stück von den ersten Häusern
entfernt, in deren Fenstern vereinzelt schwaches Licht brannte. Auf der
lehmigen und matschig scheinenden Straße war keine Menschenseele zu sehen. Der
Ort wirkte wie ausgestorben, als hätte eine geheimnisvolle Macht ihre Hände
über den Häusern des Dorfes gelegt.
„Was ist hier los?“, flüsterte Thalon Lewia
entgegen, als sie sich der Ansammlung einfacher Hütten näherten, in deren unmittelbarer
Nähe eine große Windmühle stand. Neben dem Klappern der Pferdehufe drang
lediglich ein weiteres Geräusch an ihre Ohren. Vom Wind bewegt, knarrten die
Flügel der Mühle. Wie verzweifelte Schreie klangen die Töne.
Lewia und Thalon stiegen von ihren Pferden ab
und führten diese neben sich her, während sie immer wieder Ausschau hielten,
nach einem Lebenszeichen. Es quoll zwar Rauch aus einigen der Bauten und in den
Fenstern brannten Kerzen, doch immer noch war niemand zu sehen. Es roch nach
Tee und Früchten. Ein angenehmer und einladender Duft, der im kompletten
Gegensatz zu der unheimlichen Atmosphäre stand. Nur durch Zufall fiel Thalons
Blick auf eine der Häuserwände. Dann passierte es. Für den Bruchteil einer
Sekunde huschte urplötzlich ein Schatten an einem der Häuser vorbei, Thalon
hatte die Person jedoch trotz der kurzen Zeit, die sie sich gezeigt hat,
wahrgenommen und sofort reagiert. „Wer seid Ihr?“, rief er erwartungsvoll in
die Dunkelheit. Eine Weile passierte nichts, dann schleppte sich eine kleine
Gestalt aus der Finsternis. Es war ein Junge von ungefähr zehn Jahren, dessen
bleiches Antlitz mit grauem Dreck beschmutzt war und sein auffälliges weißes
Haar ihm in fettigen Strähnen in das Gesicht fiel. Unsicher strich er sich eine
dieser Strähnen aus dem Gesicht und blickte die beiden an, wobei er einen
respektvollen Abstand zu ihnen einhielt, so als habe er Angst. Wie angewurzelt
stand er da, als sich Lewia ihm langsam näherte. Seine Augen waren geweitet und
durchbohrten Lewia mit ihren Blicken. Sie ließ sich allerdings nicht davon
abschrecken und kam weiter auf den Jungen zu. Mit ihrer ruhigen
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