Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
und sanften
Stimme sprach sie auf das Kind ein: „Bleib ganz ruhig. Ich tue dir schon
nichts.“ Freundlich streckte sie ihre Hand aus, um sie dem Jungen zu reichen,
der weiterhin nur starr da stand. „Ich bin Lewia und das ist mein Begleiter
Thalon. Kannst du uns vielleicht sagen, wo die Bewohner dieses Dorfes sind?“
Das ängstliche Gesicht des Kindes vor ihnen entspannte sich ein wenig und der
starre Blick verschwand. Mit einem Mal schoss ruckartig die Hand des Jungen
nach vorne und packte Lewias Handgelenk. Vor Schreck entfuhr Lewia ein kurzer
Schrei und sie versuchte ihr Handgelenk zu befreien, aber die abgemagerten
Finger des Jungen krallten sich mit einer unglaublich großen Kraft daran,
sodass es ihr nicht gelang, sich zu befreien. „Lass mich sofort los,
verdammt!“, fluchte Lewia. Erst als Thalon dazwischen ging und seinerseits den
Arm des seltsamen weißhaarigen Jungen packte, lockerte dieser seine Unklammerung
und er begann, mit zittriger und schwacher Stimme leise zu sprechen. „Ihr seid
in Gefahr. Sie wird auch euch finden und dann werdet ihr wie die anderen!“,
wisperte er geheimnisvoll, drehte sich dann abrupt um und rannte fort. „Bleib
du hier und pass auf die Pferde auf!“, befahl Thalon ,
eilte dann hastig dem Jungen hinterher und konnte ihn schnell einholen. Er
griff nach dem Arm des Kindes, erwischte aber nur den Saum seines Oberteils. Es
reichte aber bereits, um den Jungen zum Stehenbleiben zu bewegen. „So kleiner
Mann! Jetzt erzähl uns doch noch mal genau, wovon du redest.“, verlangte
Thalon. Hektisch blickte der Junge sich um, wirkte dann auf einmal aber wieder
wie gewandelt. Sein Körper entspannte sich und die Panik in seinen Augen war
verschwunden. Noch immer leise wispernd begann er zu erzählen: „Ich sagte doch
bereits, dass ihr hier nicht sicher seid. In den letzten Nächten sind hier in
diesem Dorf merkwürdige Sachen geschehen. Man sollte daher nicht auf den
Straßen bleiben. Folgt mir zu meiner Mutter, dort werde ich euch alles
erklären.“ Widerwillig folgte Thalon dem Jungen, nachdem sie zu Lewia
zurückgekehrt waren.
Der
Junge, der sich auf Nachfrage von Thalon als Pit vorgestellt hatte, hatte sie
zu einem kleinen Häuschen geführt, das aus dunklen Steinen gebaut war, die
teilweise mit Moos bewachsen waren. Das Dach der schlichten Behausung bestand
aus roten einfachen Ziegeln und die hölzerne Tür kam ohne jegliche
Verziehrungen aus. Es war also ein Haus wie jedes andere in diesem Dorf, jedoch
strahlte es etwas Eigenartiges aus, was vielleicht daran lag, dass Pit dort
lebte. „Stellt eure Pferde einfach vor dem Haus ab. Wir haben eine Futtertruge,
es wird ihnen gut gehen!“, versicherte Pit den beiden, öffnete dann mit einem
kleinen eisernen Schlüssel die Tür und bat sie einzutreten. Es kam Thalon
seltsam vor, solch eine Behausung zu betreten, war er doch bisher nur die
komfortable Residenz des Meisters gewöhnt und er kam sich schlecht dabei vor,
all die Jahre im Luxus gelebt zu haben, während einfache Bürger in diesen
Steinhütten ihr Leben verbringen mussten. Pit schloss die Tür hinter sich und
bot somit Thalon Zeit, einen kurzen Blick auf die Einrichtung zu werfen. Auf
dem schmalen Flur, von dem aus man die wenigen Räume des Hauses betreten
konnte, war ein alter und schäbiger Teppich ausgelegt. An einer Wand befand
sich eine kleine Kommode, auf der Kerzen standen, die gelbliches waberndes
Licht spendeten. „Pit? Bist du das?“, ertönte eine heisere und schwache Stimme
aus einem der Zimmer.
„Ja, Mutter! Ich habe Gäste mitgebracht.“,
antwortete der Junge mit schuldbewusster Stimme und führte die beiden dann in
den Raum, in dem Pits Mutter war, die in einem dreckigen Sessel lag. Sie konnte
noch nicht sehr alt sein, denn ihr Gesicht war frei von jeglichen Falten, aber
ihre Augen wirkten glasig und müde, ihr Körper, der zwar noch weibliche
Rundungen besaß, aber dennoch unterernährt war, kam erschöpft und kraftlos
herüber und so wie ihr Sohn besaß sie weiße Haare, was die Illusion, eine alte
Frau vor sich zu haben, noch mehr verstärkte. Allgemein wirkte sie, als wäre
sämtliche Freude bereits in ihren jungen Jahren vollkommen von ihr gewichen.
Ihre bäuerliche Kleidung war dreckig und war an einigen Stellen bereits
geflickt worden. Sie hatte sich aus ihren Sessel erhoben, um ihre Gäste zu
begrüßen. „Nennt mich Clarice, Fremde. Willkommen in meiner bescheidenen Hütte.
Sagt, was führt euch hier her?“ „Mein Name ist Thalon
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