Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
es. Da sich dort viele Bücher der
dunklen und verbotenen Magie befinden, wurde die Existenz der Bibliothek nur
wenigen Menschen offenbart. Ich kenne den genauen Eingang nicht mehr, aber ich
kann euch die Stelle nennen, an der ihr danach suchen müsst. Warte, ich zeichne
dir eine ungefähre Karte.“
Nachdem er die Karte so gut er konnte gezeichnet und den Eingang mit einem
kleinen Kreuzchen markiert hatte, wandte er sich noch einmal an Thalon, bevor
dieser mit Lewia wieder aufbrach. Er reichte ihm ein kleines Fläschchen, das
eine merkwürdig schimmernde Substanz enthielt, mit den Worten: „Du wirst das
hier sicher irgendwann brauchen. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wirst du
wissen, was zu tun ist.“ Er zwinkerte ihm zu. Thalon nahm das Fläschchen
entgegen und steckte es ein. Dankend verabschiedete er sich von Anthlo. „Wir
werden uns wieder sehen“, versprach der Magier, als seine Gäste die Treppe
hinauf stiegen. Viele Stufen waren zu gehen, bis sie ihr Ziel erreicht haben
würden. Aber sie waren sich sicher, dass sie es schaffen können.
Kapitel 10: überlebenskämpfe
Sie waren noch ein Stück in der Nacht
weitergeritten und hatten dabei einen weiten Bogen um Troth gemacht. Ermattet
hatten sie schließlich ihr Lager an einer der wenigen Oasen wenige Meilen vor
der Grenze zu Morgentau aufgeschlagen und sich schlafen gelegt. Lewia war
bereits eingeschlafen, Thalon jedoch lag noch hellwach auf seiner Decke und
starrte in den Sternenhimmel. Einer der Sterne schien besonders hell und er
stellte sich vor, dass dort etwas existierte, dass ihn beschützen würde, wenn
er mit seiner ihm aufgelegten Bürde überfordert sein würde. Es half ihm, seinen
Körper zu beruhigen und zu verdauen, was er im Turm von Anthlo erfahren hatte.
Sein Herz schlug heftig und obwohl er äußerlich ruhig war, fühlte er sich
innerlich wie ein aufgewühltes Meer bei einem Sturm. Das Beispiel kam ihm
passend vor, denn er selbst fühlte sich wie ein Schiff, welches in den tobenden
Wogen eines solchen Sturmes auf der See unterwegs war. Keinen Schlaf findend,
wälzte er sich hin und her. Erneut kamen in ihm die Fragen auf, die ihm bereits
im Turm aufgekommen waren. Nur mit Mühe konnte er seine Gedanken ordnen und die
störenden Fragen beiseite schieben. Und als seien sie die Wolken gewesen, die
den Sturm heraufbeschworen hatten, legte sich auch sein innerer Sturm. Während
er das Gefühl hatte, sein Schiff erreiche den sicheren Hafen, überkam ihn der
Schlaf.
Der elfte Oktan war ein besonderer Tag. Es war
einer jener seltenen Tage, an denen sich der Himmel von Trockenfeld zugezogen
hatte und dunkle Wolken schwer über der sandigen Erde hingen. Kühle Luft
strömte über Thalon und Lewia hinweg und riss die beiden aus ihrem Schlaf. „Das
sieht gar nicht gut aus!“, stellte Thalon fest und machte sich sogleich daran,
die Decke zusammen zu rollen und sie an der Seite seines Pferdes zu befestigen.
Auch die Tiere ahnten das Gewitter und schnaubten bereits wild. „Komm jetzt,
wir müssen schnell hier weg, ehe das Unwetter uns erreicht!“, mahnte Thalon
seine Begleiterin. „Was du nicht sagst“, erwiderte Lewia und schwang sich auf
ihr Pferd. Bedrohlich folgten ihnen die Wolken, als sie erneut auf den Rücken
ihrer Pferde ritten, in der ständigen Hoffnung, doch noch dem Gewitter entgehen
zu können. Doch die finsteren Wolken, die wie aufgedunsene abstrakte Körper
über ihren Köpfen schwebten, waren schneller, als die Pferde. Bindfädengleich
prasselte kurze Zeit später der Regen auf sie hinab. Binnen weniger Augenblicke
waren ihre Kleider getränkt vom Wolkenwasser. In der Ferne zuckten Blitze auf
und erhellten die öde Landfläche für Sekundenbruchteile.
Ein ohrenbetäubendes Donnergrollen folgte einige
Zeit später. Je länger die nasse Kleidung an ihrer Haut klebte, desto kühler wurde
es und Thalon wünschte sich insgeheim die Wärme der letzten Tage zurück. Er
wischte sich eine tropfende Strähne aus dem Gesicht. „Ist es üblich, dass es
hier regnet?“, rief Thalon seiner Begleiterin entgegen, deren Haare vom Sturm
gepeitscht in alle Richtungen gewirbelten wurden. „Nein, natürlich nicht. Für
gewöhnlich kommen solche Gewitter nur wenige Male in einem Jahr auf“, schallte
Lewias Stimme ihm zurück. „Na gut, dass wir so ein Glück haben“, schrie Thalon,
damit seine Stimme nicht vollständig vom Donnern übertönt wurde. „Wie kannst du
in so einer Situation noch Sprüche von dir lassen?“,
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