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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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sein«, sagte Wexford milde. »Danke, Sergeant.« Als Martin draußen war, wandte er sich an Burden. »Sie sind ganz schön kribbelig, Mike, seit wir von Hall Farm abgefahren sind. Warum wollten Sie ihm unbedingt den Kopf abreißen? Was hat er denn getan?«
    Wäre Burden bewußt gewesen, wie ausgemergelt sein eigenes Gesicht wirkte, wie sehr es all seine Qual und seine turbulenten Gefühle widerspiegelte, er hätte nicht den Kopf gehoben, um den Chief Inspector stumpf anzustarren. Nachdenklich erwiderte Wexford den Blick, und einen Moment lang sagte keiner der beiden Männer ein Wort. Warum nimmst du dir keine Frau? dachte Wexford. Willst du dich selbst in einen Nervenzusammenbruch treiben? Er konnte diese Dinge nicht laut sagen, nicht zu Mike Burden.
    “Ich gehe«, murmelte Burden. »Mal sehen, ob sie bei der Suche im Wald Hilfe brauchen.«
    Wexford ließ ihn gehen. Düster schüttelte er den Kopf. Burden wußte ebenso gut wie er, daß sie die Suche in Cheriton Forest am Montag nachmittag abgeschlossen hatten.

10
    Die Verhandlung über Stella Rivers wurde eröffnet und dann vertagt, bis weitere Beweise ans Licht kämen. Swan und seine Frau waren anwesend, und Swan quälte sich mit Mühe durch seine Aussagen und beeindruckte den Untersuchungsrichter als gebrochener Elternteil. Dies war das erste Anzeichen wirklicher Trauer, das Wexford an Stellas Stiefvater bemerkte, und er fragte sich, weshalb erst diese Verhandlung hatte kommen müssen, um sie sichtbar zu machen. Swan hatte die Nachricht von Burdens Entdeckung stoisch aufgenommen und Stellas Leichnam mit kaum mehr als physischem Übelsein identifiziert. Warum dann jetzt zusammenbrechen? Denn er war zusammengebrochen. Beim Verlassen des Gerichts sah Wexford, daß Swan weinte, eine verlorene Seele, an den Arm seiner Frau geklammert.
    Jetzt oder nie war die Gelegenheit, Rosalind Swans Aussage, sie könne nicht Auto fahren, zu überprüfen. Wexford beobachtete gespannt, wie sie in den Kombi stiegen. Und sie war es, die den Fahrersitz einnahm. Doch nach einem Weilchen, als sie miteinander geflüstert hatten und Rosalind kurz ihre Wange an die ihres Mannes gelegt hatte, wechselten sie die Plätze. Merkwürdig, dachte Wexford.
    Swan übernahm müde das Steuer, und sie fuhren in Richtung Myfleet Road davon.
    Sie würde ihn nach Hause dirigieren, ihn mit ihren Drinks und ihren Küssen und ihrer Liebe trösten, dachte Wexford. »Komm, komm, komm, komm, gib mir die Hand‘, sagte er zu sich.’Was geschehen ist, kann man nicht ungeschehen machen. Zu Bett, zu Bett, zu Bett.‘Doch Rosalind Swan war keine Lady Macbeth, die zum Mord raten oder ihm stillschweigend Vorschub leisten würde. Soweit er wußte jedenfalls. Wohl aber würde sie sicher jedes Verbrechen Swans decken, sogar den Mord an ihrem eigenen Kind, nur um ihn bei sich zu behalten.
    Das schöne Wetter war vorbei. Es regnete, ein feines Nieseln, das den Nebel unterbrach, der sich seit dem frühen Morgen über Kingsmarkham gelegt hatte. Wexford schlug den Kragen seines Regenmantels hoch und ging die paar Schritte, die das Gerichtsgebäude vom Polizeirevier trennten, zu Fuß. Bei der Verhandlung war der Name John Lawrence nicht gefallen, doch das Wissen, daß ein zweites Kind vermißt wurde, war allgegenwärtig gewesen, das hatte er deutlich gespürt. Nicht eine Seele in Kingsmarkham oder Stowerton, die nicht beide Fälle miteinander in Verbindung brachte, kein Elternteil, der daran zweifelte, daß ein Kindermörder ihre Gegend heimsuchte. Sogar die Polizisten an den Eingängen des Gerichtssaales hatten den ernsten Gesichtsausdruck von Männern, die glauben, ein Irrer sei unterwegs, ein pathologischer Krimineller, der Kinder umbringt, nur weil sie Kinder sind, und er könne jederzeit wieder zuschlagen. Er konnte sich keiner Verhandlung entsinnen, bei der diese hartgesottenen Männer so grimmig und so niedergeschlagen ausgesehen hatten.
    Er hielt inne und schaute die High Street hinunter. Die Herbstferien der Grundschulen waren vorüber, und alle jüngeren Kinder lernten wieder. Die älteren hatten noch Schule. Aber war es Einbildung oder Tatsache, daß er heute morgen kaum ein Vierjähriges mit seiner Mutter sah, so gut wie kein Kleinkind oder Baby im Kinderwagen? Schließlich entdeckte er einen Kinderwagen, den seine Besitzerin gerade vor dem Supermarkt abstellte. Er sah zu, wie sie das Baby und ein älteres Schwesterchen aus dem Wagen hob, eins auf den Arm nahm und das ältere Kind, das gerade laufen konnte, vor

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