Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
unterscheidet sich von der Public Bar nur dadurch, daß die Getränke hier teurer sind, brauner Axminster-Teppich ungefähr ein Drittel des Steinbodens bedeckt, und zu den Sitzgelegenheiten ein paar schäbige schwarze Polsterbänke gehören, wie sie früher in den Wartesälen der Eisenbahn standen.
Auf einer dieser Bänke, unter einem Werbeplakat für Ferien an der Costa del Sol, auf dem ein Mädchen im Wetlook-Bikini nach einem Stier im Todeskampf schielte, saß Monkey Matthews mit einem alten Mann. Die grausame Hand der Zeit hatte ihn ziemlich entstellt, fand Wexford, und sein Zustand unterschied sich von dem des Stiers nur unwesentlich. Nicht, daß er dünn oder bleich ausgesehen hätte - im Gegenteil, sein kantiges Gesicht war puterrot -, aber er verbreitete die Aura eines, den Jahre schlechter Ernährung, feuchter Behausungen und scheußlicher Leidenschaften, über deren Natur Wexford lieber nicht nachdenken wollte, körperlich ruiniert haben.
Vor jedem der beiden stand ein fast leeres Glas des billigsten Bitterbiers im Ausschank, und Monkey rauchte eine winzige Zigarette.
»’n Abend«, sagte Wexford.
Monkey stand nicht auf, stellte aber seinen Begleiter mit einer lässigen Handbewegung vor. »Das ist Mr. Casaubon.«
Wexford ließ einen winzigen Seufzer los, äußeres und hörbares Zeichen eines inneren und empörten Aufschreis. »Ich kann’s nicht fassen«, meinte er schwach. »Sagt mir bloß, wer von euch beiden Intellektuellen George Eliot kennt.«
Weit entfernt, Monkeys Bild des von der Polizei eingeschüchterten Mannes zu entsprechen, hatte sich Mr. Casaubons Miene bei Wexfords Worten erhellt, und jetzt kam es in dickstem, grausigstem Cockney: “Ich hab ihn ma gesehn. Strangeways war‘s, 1929. Da ham sie ihn für’ne riesige Goldbarrenkiste drangekriegt.«
»Ich fürchte«, meinte Wexford vage, »wir denken da nicht an dieselbe Person. Aber was trinken die Herren?«
»Port und Brandy«, antwortete Mr. Casaubon, noch bevor Wexford geendet hatte, Monkey jedoch, bei dem Rauchbares stets Priorität vor Trinkbarem hatte, schob sein Glas vor und bemerkte, daß er zwanzig Dunhill International zu schätzen wüßte.
Wexford holte die Getränke und warf Monkey die dunkelrot-goldene Packung in den Schoß. »Dann kann ich ja das Verfahren eröffnen«, sagte er, »indem ich euch zwei Witzbolden sage, daß ihr euch die fünfhundert Pfund oder ähnliches aus dem Kopf schlagen könnt. Ist das klar?«
Mr. Casaubon nahm diese Mitteilung auf wie einer, der an ständige Enttäuschungen gewöhnt ist. Die Lebhaftigkeit, die kurz in seinen wäßrigen Augen aufgekommen war, erstarb, und mit einem tiefen Summton, der ein langgezogenes Murmeln der Zustimmung sein mochte oder nur der Versuch, eine Melodie zu summen, griff er nach seinem Port und Brandy. Monkey meinte: »Nach allem würden mein Freund und ich uns mit der Belohnung begnügen.«
»Das ist ja reizend von euch«, erwiderte Wexford sarkastisch. “Ich nehme an, euch ist klar, daß es Geld nur für Informationen gibt, die direkt zur Festnahme des Mörders von Stella Rivers führen?«
»Wir sind nich erst seit gestern auf der Welt«, sagte Monkey. Diese Bemerkung war so offensichtlich richtig, besonders im Falle Mr. Casaubons, der aussah, als sei er ungefähr seit 1890 auf der Welt, daß der alte Mann sein Summen abbrach, um ein keckerndes Lachen von sich zu geben, wobei er Wexford das abscheulichste, heruntergekommenste und verrottetste Gebiß zeigte, das dieser je in einer menschlichen Mundhöhle gesehen hatte. “Wir können die Zeitungen genauso gut lesen wie Sie«, fuhr Monkey fort. »Also dann, die Karten auf den Tisch. Wenn mein Freund Ihnen sagt, was er weiß, und wofür er schriftliche Beweise hat, werden Sie uns dann fair behandeln und dafür sorgen, daß wir kriegen, was uns rechtmäßig zusteht, sobald Swan hinter Schloß und Riegel ist?«
“Ich kann einen Zeugen holen, wenn ihr das wollt. Mr. Burden vielleicht?«
Monkey ließ Rauch durch seine Nasenlöcher entweichen. »Ich kann diesen sarkastischen Teufel nich verknusen«, sagte er. »Nein, Ihr Wort ist gut genug für mich. Wenn die Leute schlecht über die Polente reden, sag ich immer, Mr. Wexford hat mich weiß Gott genug gejagt, aber er...«
»Monkey«, unterbrach Wexford, »krieg ich’s nun zu hören oder nicht?«
»Doch nicht hier«, sagte Monkey schockiert. »Informationen, die ein Mann lebenslänglich hinter Gitter bringen, und das hier, sozusagen mitten aufm Markplatz?«
»Dann
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