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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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ihren Ängsten und ihrer Einsamkeit sprechen würde und hatte sanfte Worte parat und die Zärtlichkeiten, die nach einer Stunde im Bett mit ihr so leicht kamen, die durch seine Erregung jedoch jetzt angestrengt und abrupt erscheinen mußten. Sie sagte nichts. Er küßte sie versuchsweise, unfähig, aus diesen großen, ausdruckslosen Augen ihre Stimmung herauszulesen.
    Sie nahm seine Hände und legte sie unter dem Oberhemd, das sie trug, an ihre nackte Taille. Ihre Haut fühlte sich heiß und trocken an, vibrierte unter seinen zitternden Fingern. Da wußte er, daß sie ihn nicht der Worte oder der Beruhigung oder der Erforschung des Herzens wegen brauchte, sondern die gleichen Bedürfnisse hatte wie er.
    Hätte Mr. Casaubon auch nur die geringsten mitfühlenden Regungen auslösen können, dachte Wexford bei sich, wäre es unmöglich gewesen, Monkeys übermäßige Besorgtheit ohne Widerwillen mitanzusehen. Aber der alte Mann - seinen richtigen Namen mußte man aus irgendwelchen Akten heraustüfteln - war so offenkundig ein Gauner und Parasit, der jeden Vorteil aus seinem Alter und seiner, wahrscheinlich gespielten, Hinfälligkeit zog, daß Wexford nur zynisch vor sich hin lachen konnte, während er zusah, wie Monkey ihn in einen von Rubys Sesseln bugsierte und ihm ein Kissen hinter den Kopf schob. Zweifellos war es dem Nutznießer dieser Aufmerksamkeiten, ebenso wie dem Chief Inspector, völlig klar, daß Monkey lediglich die Gans päppelte, die das goldene Ei legen sollte. Vermutlich hatte Mr. Casaubon mit seinem Partner oder Impresario bereits eine finanzielle Übereinkunft getroffen und wußte, daß hinter all diesem Getue mit Kissen keinerlei Zuneigung oder Ehrfurcht vor dem Alter stand. Wie eine alte, schnurrende Katze summte er weiter zufrieden vor sich hin und erlaubte Monkey, ihm einen dreifachen Whisky einzugießen, aber als die Wasserkaraffe in Sicht kam, erhöhte sich das Summen um einen halben Ton, und eine purpurrote, knorrige Hand legte sich über das Glas.
    Monkey zog die Vorhänge vor und stellte eine Tischlampe so auf den Kaminsims, daß ihr Licht wie ein Scheinwerfer auf die gekrümmte Vogelscheuchengestalt Mr. Casaubons fiel. Wexford nahm den dramatischen Effekt wahr. Es wirkte fast, als sei Monkeys Protege einer dieser Charakterdarsteller, die es genießen, solo auf einer Londoner Bühne zu erscheinen und ihr Publikum zwei oder mehr Stunden mit Monologen oder Lesungen aus berühmten Romanen oder Tagebüchern zu unterhalten. Und Mr. Casaubons wiederholtes Nicken und Summen trug durchaus dazu bei, diesen Eindruck noch zu verstärken. Wexford spürte, das Spiel würde jeden Augenblick beginnen, eine Witzelei würde von diesen weinroten Lippen kommen, oder das Summen würde einer Passage aus Our mutual friend Platz machen. Doch weil er wußte, daß all das Show war, bewußt von diesem geschickten kleinen Schwindler Monkey Matthews inszeniert, sagte er scharf: »Kommen wir zur Sache, ja?«
    Mr. Casaubon brach das Schweigen, in das er sich seit dem Piebald Pony gehüllt hatte. »Monk kann das Reden übernehmen«, sagte er. »Er hat mehr die Gabe dazu als ich.«
    Monkey lächelte geschmeichelt und zündet sich eine Zigarette an. “Ich und Mr. Casaubon«, begann er, »haben uns vor, sagen wir, zwölf Monaten oben im Norden kennengelernt.« Im Gefängnis von Walton, dachte Wexford, aber er sagte es nicht laut. »Und als Mr. Casaubon neulich seine Morgenzeitung liest und das von Mr. Ivor Swan und daß er in Kingsmarkham lebt und das alles, da fliegen seine Gedanken natürlich zu mir.«
    »Ja, ja. Das verstehe ich ja alles. Mit anderen Worten, er sah die Chance, sich was zu verdienen und dachte, du könntest ihm dabei helfen. Der Himmel weiß, weshalb er nicht direkt zu uns gekommen ist, statt sich mit einem Hai wie dir einzulassen. Deine Wortgewandtheit, nehme ich an.« Wexford fiel plötzlich etwas ein. »Da ich dich kenne, frage ich mich, ob du nicht erst versucht hast, Swan zu erpressen.«
    »Wenn Sie mich beleidigen wollen«, sagte Monkey und stieß entrüstet Rauch aus. »Dann können wir ja gleich aufhören, und ich und mein Freund könn immer noch zu Mr. Griswold gehn. Ich mach das als Gefallen für Sie, damit Sie in Ihrm Beruf weiterkommen.«
    Mr. Casaubon nickte verständig und gab ein Geräusch von sich wie eine Schmeißfliege über einem Beefsteak. Doch Monkey war ernsthaft böse. Er vergaß vorübergehend den Respekt vor Alter und goldenen Gänsen und blaffte in einem Ton, der gewöhnlich für

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