Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
Cheriton Forest lag in dichten, weißen Dunst gehüllt.
    »Sie können das Ding ebensogut abnehmen«, sagte Wexford zu Polly Davies. »Er wird Sie sowieso nicht sehen, falls er überhaupt kommt.«
    Doch es kam niemand. Kein Auto fuhr auf der Straße vorbei, und niemand kam die Myfleet Ride entlang, die in sie einmündete. Nur der Dunst wallte träge, und das Wasser tropfte ununterbrochen von den Ästen der eng gepflanzten Fichten. Wexford saß auf einem feuchten Stamm zwischen den Bäumen und dachte an Ivor Swan, der in diesem Wald herumritt und sich hier gut auskannte, der an dem Tag hier geritten war, als seine Stieftochter sterben mußte. Nahm er wirklich an, Swan würde auf dem nassen Sandweg erscheinen, oder hoch zu Roß? Das Kind vor sich im Sattel oder an der Hand? Ein Schwindel, ein Schwindel, ein grausamer Unsinn, sagte er sich immer wieder, und gegen eins, als die verabredete Zeit eine Stunde überschritten war und er selbst vor Kälte zitterte, trat er aus seinem Versteck und pfiff die anderen beiden herbei.
    Wenn Burdens morgendliche gute Laune anhielt, konnte er immerhin mit einem fröhlichen Tischgenossen rechnen. Der Empfangstresen des Polizeireviers war verwaist, eine bislang nicht dagewesene Pflichtvergessenheit. Mit wachsendem Zorn betrachtete Wexford den leeren Hocker, auf dem eigentlich Sergeant Camb sitzen sollte; er wollte gerade die Klingel drücken, die niemals zuvor in all den Jahren ihrer Existenz hatte betätigt werden müssen, als der Sergeant auftauchte, vom Fahrstuhl herübertrippelnd, in der Hand die unvermeidliche Teetasse.
    »Tut mir leid, Sir. Wir sind so unterbesetzt durch all die verrückten Anrufe, die ständig kommen, daß ich mir meinen Tee selber holen mußte. Ich war keine zwei Sekunden weg. Sie kennen mich, Sir. Ohne meinen Tee gehe ich ein.«
    »Nächstes Mal gehen Sie tatsächlich ein«, sagte Wexford. »Denken Sie dran, Sergeant, die Wache fällt, doch sie ergibt sich nie.«
    Er stapfte nach oben und suchte nach Burden.
    »Mr. Burden ist vor zehn Minuten zum Essen gegangen, Sir«, sagte Loring.
    Wexford fluchte. Er sehnte sich nach einem jener bissigen, doch lohnenden Streitgespräche mit Burden, die sowohl ihre Freundschaft festigten, als auch ihrer Arbeit dienlich waren. Mittagessen allein im Carousel würde eine trostlose Angelegenheit. Er öffnete die Tür zu seinem eigenen Büro und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen.
    Auf dem Drehstuhl des Chief Inspector, an seinem Rosenholzschreibtisch saß, Zigarettenasche über den zitronenfarbenen Teppich verstreuend, Monkey Matthews.
    »Das hätte man mir aber auch sagen können«, meinte Wexford schwach, »daß man mich des Amtes enthoben hat. Das ist ja wie jenseits des Eisernen Vorhangs. Was soll ich nun machen? Ein Kraftwerk leiten?«
    Monkey grinste. Gnädig erhob er sich aus Wexfords Stuhl. “Ich hätt nie geglaubt, daß es so einfach is, in euern Bunker reinzukommen. Wahrscheinlich is dieser alte Kauz Camb endlich tot umgefallen, hab ich mir gedacht, und sie sind alle weg, zu seiner Beerdigung. Bin durch, ohne daß’ne einzige Seele was gemerkt hat, jawohl. Verdammt viel leichter«, fügte er hinzu, »in diesen Kasten hier reinzukommen als wieder raus.«
    »Heute wirst du es nicht so schwer finden. Du kannst sofort gehen. Und schnell, bevor ich dir was anhänge wegen des Aufenthalts in Amtsräumen zu ungesetzlichen Zwekken.«
    »Aber mein Zweck ist gesetzlich.« Monkey betrachtete den Raum mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. »’s erste Mal, daß ich aus eigenem Antrieb in einem Polizeirevier bin.« Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und wurde abrupt durch einen Hustenanfall verdrängt.
    Wexford stand halb im Büro, halb auf dem Korridor und wartete mitleidlos.
    »Sie könn genausogut die Tür zumachen«, sagte Monkey, als er sich erholt hatte. »Wir wolln doch nich, daß alle mithören, oder? Ich habe Info. Im Lawrence-Fall.«
    Wexford schloß die Tür, zeigte aber ansonsten keinerlei Anzeichen dafür, daß Monkeys Bemerkung ihn interessierte. »Hast du?« meinte er schließlich.
    »Freund von mir.«
    »Ich habe gar nicht gewußt, daß du Freunde hast, Monkey, außer der armen alten Ruby.«
    »Sie müssen ja nich immer von sich ausgehen«, meinte Monkey beleidigt. Er hustete und drückte seine Zigarette aus, zündete sich sofort eine neue an und betrachtete unmutig den weggeworfenen Stummel, als sei irgendeine eigenartige Mißkonstruktion oder ein Fehler in der Machart für seinen

Weitere Kostenlose Bücher