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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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und zu helfen, und als ich gekommen bin, hast du mich zu einer Art Hausmütterchen gemacht, und du warst der lässige Kriminalinspektor, der sich dazu herabläßt, die armen Waisen ein paarmal die Woche zu besuchen.«
    Darauf wollte er nicht antworten. Er wußte, daß es stimmte. »Du mußt natürlich tun, was du für richtig hältst«, sagte er.
    »Es geht nicht darum, was ich für richtig halte, es geht darum, wozu du mich getrieben hast. O Mike, es hätte alles so anders sein können! Siehst du das denn nicht? Wenn du bei uns gewesen wärst und deinen Teil beigetragen hättest und mir das Gefühl gegeben hättest, daß wir gemeinsam etwas Sinnvolles tun. Sogar jetzt noch, wenn du... Was ich sagen will... Mike, willst du mir nicht helfen?«
    Sie hatte sich ihm zugewandt und streckte die Hände aus, nicht impulsiv und sehnsüchtig wie Gemma, sondern mit einer Art bescheidener Schüchternheit, als schäme sie sich. Er erinnerte sich an Wexfords Worte vom Morgen im Fahrstuhl und wich vor ihr zurück. Daß es beinah Jeans Gesicht war, das ihn da ansah, Jeans Stimme, die bittend auf ihn einredete - Dinge auf der Zunge, die seiner altmodischen Auffassung nach keine Frau je zu einem Mann sagen sollte -, machte alles nur noch schlimmer.
    »Nein, nein, nein! stieß er hervor, nicht laut, sondern indem er die Wörter in einer Art Zischton flüsterte.
    Nie hatte er eine Frau so heftig erröten sehen. Ihr Gesicht war blutrot, dann wich die Farbe einem kalkigen Weiß. Sie stand auf und ging, oder besser flüchtete, denn plötzlich hatte sie all ihre präzise und kontrollierte Grazie verloren. Sie ließ ihn allein und machte ohne ein weiteres Wort die Tür zu.
    Er schlief sehr schlecht in dieser Nacht. Dreihundert Nächte hatten nicht ausgereicht, ihn zu lehren, wie man ohne eine Frau schläft, und die beiden voller Glückseligkeit danach machten ihm mit aller Vehemenz die ganze Einsamkeit des Einzelbettes deutlich. Wie ein grüner junge hielt er sich das Halstuch der Frau, die er liebte, gegen das Gesicht. Stunden lag er so und lauschte durch die Wand dem gedämpften Weinen der Frau, die er verschmäht hatte.

15
    Die Haarlocke stammte auch nicht von Stella Rivers. Es waren genügend von ihren eigenen blonden Locken übrig, um den Vergleichstest durchzuführen. »Ein Band aus hellen Haaren am Gebein«, dachte Wexford schaudernd.
    Das bewies natürlich gar nichts. Es war zu erwarten gewesen, es war ja erwiesen, daß der Pelz-Mann - Wexford nannte seinen Briefschreiber und Anrufer inzwischen den ‘Pelz-Mann’- ein Lügner war. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als auf Informationen aus dem Lake District zu warten, und seine Laune wurde immer mieser. Burden war die letzten Tage unerträglich gewesen, kaum ansprechbar, wenn man etwas von ihm wollte, und nicht auffindbar, wenn man ihn am meisten brauchte. Dazu regnete es auch noch ununterbrochen. Alle auf dem Revier waren überempfindlich, und die Männer, durch das Wetter zusätzlich irritiert, blafften einander an wie schlechtgelaunte, nasse Hunde. Der schwarzweiße Fußboden in der Halle war den ganzen Tag über von schlammigen Fußtapsern und Wasserlachen von tropfnassen Regencapes befleckt.
    Als er entschlossen am Empfangstresen vorbeimarschierte, um einem Zusammentreffen mit Harry Wild zu entgehen, prallte Wexford beinah mit einem rotgesichtigen Sergeant Martin zusammen, der auf den Fahrstuhl wartete.
    »Ich weiß nicht, was aus dieser Welt noch werden soll, Sir, wirklich. Unser junger Peach, der normalerweise keine Fliege verscheuchen würde, springt mir beinah ins Gesicht, nur weil ich ihm sage, er müßte ein Paar festere Stiefel tragen. Erklärt mir doch frech, ich solle mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Was ist bloß los, Sir? Was habe ich denn gesagt?«
    »Sie haben eben etwas für mich gelöst«, sagte Wexford, und dann etwas nüchterner, da dies nur der Beginn einer Untersuchung war und noch keine Lösung: »Sergeant, an dem Abend, als wir nach John Lawrence gesucht haben, erzählten Sie mir, in Ihrer Gruppe sei ein Mann, dem Sie empfohlen hätten, festere Schuhe anzuziehen - das liegt Ihnen offenbar wirklich am Herzen - und er hat Ihnen auch geantwortet, Sie sollten sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Erinnern Sie sich?«
    »Ich fürchte, nein, Sir.«
    »Ich habe auch mit ihm gesprochen«, sagte Wexford nachdenklich. »Er wollte die Hunde streicheln.« Fell, ging es ihm durch den Kopf, Fell und Kaninchen. Er hatte versucht, den Schäferhund

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