Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
sonst? Hast du daran gedacht, den Elektriker anzurufen, Liebling?«
»Dazu bin ich gar nicht gekommen«, erwiderte Swan. »Es ist mir einfach entfallen.«
»Macht nichts, mein Herz. Ich kümmere mich darum. Und jetzt mache ich dir einen schönen Tee. Warst du einsam ohne mich?«
»Ja. Sehr.«
Sie hatte kaum von Wexford Notiz genommen. Er untersuchte den Mord an ihrem einzigen Kind, doch sie beachtete ihn kaum. Ihr Blick, ihre Aufmerksamkeit waren allein auf ihren Mann gerichtet. Und er war es, der jetzt, wo jemand, der ihn zubereitete, da war, ziemlich widerwillig vorschlug, Wexford könne ja mit ihnen Tee trinken.
»Nein danke«, sagte der Chief Inspector. “Ich möchte Ihnen nicht im Weg sein.«
Die Haarlocke stammte weder von John Lawrence noch von Stella Rivers, aber es war Kinderhaar. Jemand hatte sie vom Kopf eines Kindes abgeschnitten. Das hieß, der Briefschreiber hatte Zugang zu einem blonden Kind. Und mehr als das. Man konnte nicht einfach mitten auf der Straße zu einem Kind gehen und ihm eine Locke abschneiden, ohne Ärger zu kriegen. Technisch gesehen wäre das ein ‘tätlicher Angriff’ Der Briefschreiber, der’Pelz-Mann’, mußte also in so enger Verbindung zu einem Kind stehen, daß er ihm eine Locke abschneiden konnte, entweder während es schlief oder mit dessen Einverständnis.
Aber was fing er damit an, überlegte Wexford. Er konnte nicht jedes goldblonde Kind in Sussex ausfragen. Er konnte diese Kinder nicht mal bitten, sich zu melden, denn die Person, die in so enger Verbindung’ stand - Vater? Onkel? -, würde das eine wichtige Kind daran hindern, sich zu melden.
Obwohl es nicht die verordnete Zeit war, schluckte Wexford zwei Blutdrucktabletten und spülte mit einigen Schlucken Kaffee nach. Er würde sie brauchen, wenn er den Rest des Tages damit verbringen mußte, in Stowerton herumzujagen. Mrs. Thetford zuerst, um zu erfahren, ob sie die Geschichte von Johns Verschwinden womöglich doch in der Stadt verbreitet hatte. Dann vielleicht Rushworth. Mit Rushworth womöglich stundenlang herumsitzen, ihn wenn nötig dazu bringen, sich zu erinnern, ihn seine Mitsucher beschreiben lassen, der Sache heute auf den Grund gehen.
Das Klima, in dem Burden und seine Schwägerin inzwischen lebten, war kaum dazu angetan, Vertraulichkeiten auszutauschen. Es war beinah eine Woche her, seit sie ihn zuletzt angelächelt oder mehr gesagt hatte als »Kälter heute« oder»Gib mal bitte die Butter rüber«. Doch er würde ihr von seiner bevorstehenden Heirat erzählen müssen, auch den Kindern, vielleicht mußte er sogar um deren Erlaubnis bitten.
Er dachte, die Gelegenheit sei da, als Grace, etwas aufgetaut, fragte: »Hast du nicht nächstes Wochenende frei?«
Vorsichtig erwiderte er: »Eigentlich ja, aber wir haben sehr viel zu tun.«
»Mutter hat uns alle vier zum Wochenende eingeladen.«
»Ich glaube nicht...«, fing Burden an. “Ich meine, ich schaffe es nicht. Hör mal, Grace, ich muß dir etwas...«
Grace sprang auf. »Es ist immer etwas. Spar dir die Entschuldigungen. Ich werde allein mit den Kindern fahren, wenn du nichts dagegen hast.«
»Natürlich habe ich nichts dagegen«, sagte Burden, und dann ging er zur Arbeit, oder was man hätte Arbeit nennen können, wenn er in der Lage gewesen wäre, sich zu konzentrieren.
Er hatte halb versprochen, zum Lunch in die Fontaine Road zu kommen. Brot und Käse, nahm er an, in dieser abscheulichen Küche. Sosehr er sich auch danach sehnte, nachts mit Gemma zusammenzusein, ihre Mahlzeiten reizten ihn überhaupt nicht. Da war die Kantine des Reviers beinah vorzuziehen. Und plötzlich kam ihm der Gedanke, daß bald jede Mahlzeit, die er zu sich nahm, von Gemma zubereitet sein würde.
Wexford war unterwegs. Es hatte Zeiten gegeben, da war der Chief Inspektor nie weggegangen, ohne ihm eine Nachricht zu hinterlassen, doch all das hatte sich nun geändert. Er hatte sich geändert, und seine Veränderung hatte ihn Wexfords Wertschätzung gekostet.
Im Fahrstuhl nach unten hoffte er, er würde Wexford nicht begegnen, und als die Tür zur Seite glitt, war niemand im Foyer außer Camb und Harry Wild, der derzeit schon beinah zum Mobiliar gehörte, Teil des Bildes wie der Tresen und die kleinen roten Stühle. Burden behandelte ihn wie einen Stuhl, er akzeptierte seine Anwesenheit, ignorierte ihn aber ansonsten. Er war fast an der Schwingtür, als sie aufging und Wexford hereintrat.
Außer bei Gemma war das Murmeln zu Burdens normaler Ausdrucksform
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