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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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erzählt, erklärte sie, aber sie habe es niemandem weitererzählt, außer ihrem Mann und ihrem Schwager.
    Langsam fuhr er die Straße hinauf und bog in die Sparta Grove. Lomax’ Patientin, Mrs. Foster, war jetzt seine einzige Hoffnung. Sie mußte jemandem berichtet haben, was sie beim Arzt mit angehört hatte. Oder hatte jemand sie belauscht? Es war immerhin eine Möglichkeit, vielleicht die einzige noch verbleibende. Nummer 14 war ihr Haus. Wexford parkte vor der Tür, und dann sah er den Jungen. Er schaukelte auf dem Tor des Nachbarhauses, Nummer 16, und sein ziemlich langes Haar war leuchtend goldblond.
    Inzwischen war die Schule aus, und Sparta Grove wimmelte von Kindern. Wexford winkte einem Mädchen von ungefähr zwölf, und sie kam mißtrauisch an seinen Wagen.
    »Ich soll nicht mit fremden Männern reden.«
    »Sehr vernünftig«, sagte Wexford. »Ich bin Polizist.«
    »Sie sehen nicht wie einer aus. Zeigen Sie mir Ihren Ausweis.«
    “Donnerwetter, du wirst es mal weit bringen, wenn du nicht vorher ausrutscht.« Er zog seinen Ausweis heraus, und das Kind studierte ihn mit riesigem Vergnügen.”Zufrieden?«
    »Hmm.« Sie grinste. »Das hab ich im Fernsehen gelernt.«
    »Sehr lehrreich, das Fernsehen. Ich frage mich, wozu sie die Schulen noch offenhalten. Siehst du den Jungen mit dem blonden Haar? Wo wohnt der?«
    »Wo er is. In dem Haus, wo er auf dem Tor von sitzt.«
    Grammatikalisch bedenklich, aber klar. »Du mußt ihm ja nicht sagen, daß ich gefragt habe.« Wexford fischte eine Münze heraus, die er garantiert nicht über Spesen zurückkriegen würde.
    »Was soll ich denn sagen?«
    “Na hör mal, du hast doch Phantasie. Sag einfach, ich war ein fremder Mann.«
    Jetzt war nicht die geeignete Zeit. Er mußte warten, bis alle Kinder im Bett waren. Als das Piebald Pony öffnete, ging er hinein und bestellte sich Sandwiches und ein kleines Bitter. Jeden Moment würden Monkey und Mr. Casaubon auftauchen. Begeistert, ihn zu sehen, würden sie versuchen herauszufinden, wie nah sie ihren Zweitausend schon waren, und es würde ihm Spaß machen, ihnen zu sagen, daß sie nie weiter entfernt gewesen waren. Er würde sogar indiskret werden und seine innerste Überzeugung enthüllen, daß Swans einziges Verbrechen seine Indifferenz war.
    Aber es kam keiner. Und um sieben Uhr machte Wexford sich auf den Weg und lief dreiviertel einer ruhigen und schlecht beleuchteten Sparta Grove entlang.
     
    Er klopfte an die Haustür von Nummer 16. Nirgends ein Lichtschein. Alle Kinder mußten inzwischen wohlbehalten in ihren Betten liegen. In diesem Haus schlief der goldblonde Junge. Wie es von außen aussah - kein blauweißer Schein von einem Fernsehschirm flimmerte hinter den zugezogenen Vorhängen -, waren seine Eltern ausgegangen und hatten ihn allein gelassen. Wexford hatte keine sonderlich hohe Meinung von Eltern, die so etwas machten, besonders derzeit, besonders hier. Er klopfte noch einmal, diesmal energischer.
    Für einen sensiblen, scharfsichtigen Menschen hat ein leeres Haus eine andere Ausstrahlung als ein Haus, das nur leer zu sein scheint, tatsächlich aber jemanden beherbergt, der nicht aufmachen will. Wexford fühlte, daß irgendwo in der Dunkelheit Leben war, bewußtes, vibrierendes Leben, nicht nur ein schlafendes Kind. Jemand war da, ein angespannter Jemand, der das Klopfen hörte und hoffte, das Klopfen würde aufhören und der Klopfende weggehen. Leise schlich er durch den Seiteneingang und zur Rückseite. Das Haus der Fosters nebenan war hell erleuchtet, aber alle Türen und Fenster waren zu. Ein gelber Lichtschein aus Mrs. Fosters Küche zeigte ihm, daß Nummer 16 ein wohlgepflegtes Haus war: gefegte Wege und rote, blankgeputzte Stufen zur Hintertür. Das Dreirad des kleinen Jungen und ein Herrenfahrrad lehnten an der Wand, beide waren mit einem durchsichtigen Plastiküberwurf zugedeckt.
    Er hämmerte mit der Faust an die Hintertür. Schweigen. Dann probierte er ganz heimlich die Klinke aus, aber die Tür war zugeschlossen. Ohne Durchsuchungsbefehl war hier kein Hineinkommen, und mit seinen mageren Beweismitteln konnte er sich keinen erhoffen.
    Leise und vorsichtig ging er - feuchten Torf unter den Schuhen - weiter ums Haus herum. Da überflutete ihn von hinten unvermittelt ein Lichtstrahl, und er hörte Mrs. Foster so deutlich, als stände sie neben ihm, sagen: “Vergiß bitte nicht, die Mülltonne rauszustellen, Lieber, ja? Wo die Müllabfuhr jetzt nur noch alle zwei Wochen kommt, wäre es ärgerlich,

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