Der Liebe eine Stimme geben
da und haben zusammen gespielt. Zwei Jungen und ein Mädchen haben einander über die Rutschen gejagt, haben gelacht, hatten einen Riesenspaß. Eine Gruppe von vier Kindern hat »Folgt dem Anführer« gespielt. Sie sind über den Rasen neben dem Spielplatz gelaufen, haben alle die Arme hochgerissen, dann gesenkt, dann sind alle hochgesprungen, dann gekrochen, dann haben sie in die Hände geklatscht. Eine andere Gruppe von Kindern hat unter dem Klettergerüst gespielt.
Ein paar Mädchen haben Holzspäne-Eis verkauft. Die Kinderkunden haben an dem »Eisstand« gewartet, bis sie an der Reihe waren, haben ihre Bestellungen aufgegeben, mit Holzspäne-Geld bezahlt und ihre köstlichen Leckereien »gegessen«. Sie kamen wieder, um sich einen zweiten und dritten Nachschlag zu holen. Es wäre hinreißend gewesen, ihnen zuzusehen, wenn ich dabei nicht am liebsten geheult hätte.
Anthony ist Lichtjahre entfernt von alledem. Interaktives Spielen. Fantasievolles Spielen.
Freunde.
All diese Dinge, die andere Kinder auf ganz spontane und natürliche Weise tun, müssten für ihn in eigenständige Verhaltensteile aufgegliedert werden, und Carlin müsste über Stunden und Wochen und Monate hinweg an jedem Einzelnen davon mit Anthony arbeiten, bevor er vielleicht lernen würde, wie man so tut, als ob ein Holzspan ein Vanilleeis ist. Aber er würde es nicht um des puren, unschuldigen Vergnügens willen tun. Er würde es tun, um die Pringles zu bekommen, die er haben will, oder damit Carlin aufhört, ihn damit zu behelligen, damit er endlich allein gelassen wird. Denn genau das will er. Allein sein. Das bereitet ihm Vergnügen.
Das Einzige, was Anthony auf dem Spielplatz tun will, ist schaukeln. Aber ich sehe diese anderen Kinder spielen, und mein Herz will mehr, und mir wird langweilig davon, einfach nur dazustehen und ihn immer und immer wieder anzuschubsen. Ich habe seine Schaukel ein paarmal angehalten und ihn gefragt, ob er gern die Rutsche ausprobieren würde, ob er gern mit den anderen Kindern spielen würde, ob er gern zum Sandkasten gehen würde. Er liebt Sand. Aber nichts übertrifft die Schaukel, und er wollte sich nicht vom Fleck bewegen. Also sind wir dortgeblieben, und er hat geschaukelt. Ich habe mich verlegen und besiegt gefühlt.
Warum kann ich nicht einfach glücklich damit sein, dass er allein auf der Schaukel glücklich ist? Warum muss ich darauf beharren, dass Glück heißt, dass er tut, was ich von ihm will? Weil die Welt voller Menschen ist, Anthony, nicht voller Schaukeln, und ich will, dass du auf der Welt glücklich bist und nicht nur auf einer Schaukel. Ist das zu viel verlangt? Ist es egoistisch, das zu wollen?
Weil die anderen Kinder auf dem Spielplatz unabhängig spielen können und nicht den ganzen Vormittag auf den Schaukeln bleiben, konnten die anderen Mütter ganz entspannt an einem der Picknicktische beisammensitzen. Ich habe Anthony auf der Schaukel angeschubst und mit etwas Abstand zugehört, wie diese Mütter geplaudert und gelacht und sich köstlich amüsiert haben. Ich kam mir wieder vor wie in der achten Klasse – die komische Außenseiterin, die nicht dazugehörte.
Es heißt, dass heutzutage eins von 110 Kindern Autismus hat, aber ich kenne keine anderen Mütter in der Stadt mit einem autistischen Kind. Wo sind sie? Ich habe jetzt seit einem halben Jahr nicht mehr gearbeitet, und ich vermisse die Gesellschaft von Erwachsenen. Gespräche. Morgenbesprechungen.
Freunde.
Carlin und Rhia kommen jeden Tag zu uns, aber sie sind Anthonys Therapeutinnen. Sie zählen nicht. Und David benimmt sich jedes Mal, als würde ich ihn bitten, das Dach neu zu decken, wenn ich ihm auch nur die einfachste Frage stelle. Ich weiß, ich bin vermutlich überempfindlich, weil ich meine Tage habe, aber ich habe gespürt, wie einsam ich bin, während ich diese Gruppe von Müttern beobachtet habe. Eine Gruppe, zu der ich nie dazugehören werde. Wie die beliebten Mädchen in der achten Klasse mit ihren perfekten Farrah-Fawcett-Haaren und ihren schicken Jordache-Jeans. Ich habe sie gehasst und mir im selben Atemzug gewünscht, eine von ihnen zu sein.
Wir waren seit über einer Stunde bei der Schaukel, als die Mütter ihre Kinder zum Mittagessen an den Picknicktisch riefen. Die Kinder kamen. Die Mütter haben hübsche Kühltaschen ausgepackt und Sandwiches, Jogurts, Orangenscheiben, Fadenkäse, Goldfisch-Kräcker und Saftpäckchen herumgereicht.
Ein Spaßpicknick. Nicht für uns.
Es war Zeit zu gehen. Ich habe
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