Der Liebe Gott Macht Blau
Mulikarawane, beladen mit perlendem rosa Sekt, zu Haleb getrabt, der in der Schlucht hinter dieser einsamen Kirche hauste. Haleb versteckte die tausend Flaschen im Berg. Er öffnete die erste von ihnen und erlebte danach keinen nüchternen Tag mehr. Täglich köpfte er eine Flasche, und nach tausend und einem Tag waren alle Flaschen leer. Haleb war bereit zu sterben, und er starb.
Gott warf einen verständnisvollen Blick auf Märchendichter Haleb Visnazolas Grab und sagte, dass der Mann hoffentlich in den Himmel gekommen war. Oder war er womöglich doch in der Hölle gelandet? Leider war das nämlich der Ort, an dem Schriftsteller normalerweise endeten.
11
Der allmächtige Gott und Pirjeri Ryynänen suchten in Santiago vergeblich nach dem Satan. Der zeigte sich nicht, wahrscheinlich hatte er Angst, zwei Göttern unter die Augen zu treten. Er hatte das Land verlassen, aber wohin? Hatte er sich vielleicht in die USA abgesetzt? Das war durchaus möglich, denn der Teufel hatte die Amerikaner fest im Griff. Pirjeri schlug vor, die USA zu besuchen und dort nach ihm zu fahnden.
»Wenn es dein Wunsch ist, dann reisen wir nach Amerika«, versprach Gott.
Gott hielt die Amis für oberflächliche Hektiker und unverbesserliche Verschwender, die die ganze Zeit nur hinter dem Geld herrannten und sich mal in diese und mal in jene Krise auf der Welt einmischten.
Während dieser Gespräche erreichten die beiden Los Angeles. Die Stadt wirkte wie eine riesengroße Wohnsiedlung. Es gab kein eigentliches Zentrum, der Ort bestand aus breiten kilometerlangen Autobahnen und aus Einkaufszentren.
Pirjeri gab Gott weitgehend Recht, was die Oberflächlichkeit der Amerikaner betraf, aber er verwies auf ihre Frömmigkeit. Soweit er wusste, ging jeder anständige Amerikaner sonntags in die Kirche und glaubte an Gott.
Selbst die Religiosität der Amerikaner war dem Allmächtigen kein besonderer Anlass zur Freude. Er monierte, dass die Amis auch in ihrem Glauben oberflächlich waren.
»Die Amerikaner haben aus der Frömmigkeit einen Zirkus gemacht«, klagte er.
Hysterische Geistliche predigten im Fernsehen ihre Botschaft vom Weltuntergang und kassierten haufenweise Dollars von den gutgläubigen Zuschauern. Verbiesterte Fundamentalisten verbreiteten auf Massenversammlungen ihre primitiven Lehren, man schämte sich richtig für die Amerikaner.
Auch die Mormonen hatte Gott satt, wie er sagte. Er erzählte vom Gründer der Sekte, einem durchgeknallten Glücksritter namens Joseph Smith, der im neunzehnten Jahrhundert angeblich einen Haufen Goldplatten gefunden hatte. Und damit nicht genug, auf den Platten soll ein Text gestanden haben, demzufolge Jesus, Gottes eigener Sohn, den Ureinwohnern Amerikas erschienen war und ihnen seine Freudenbotschaft verkündet hatte. Diesen Humbug hatte Smith mit viel Erfolg gepredigt, die dämlichen Amerikaner hatten alles für voll genommen und schworen immer noch auf die Lehre dieses Deppen.
Anfangs hatten die Mitglieder der Mormonensekte sogar Vielweiberei als eine Ausdrucksform der Frömmigkeit gepriesen, aber dem hatte Gott ein Ende bereitet, wie er sagte. Alles hatte seine Grenzen.
»In meinem Namen wird keine Unzucht betrieben!«
Neuerdings waren diese Eiferer auf die Idee verfallen, die gesamte Menschheit in einer Liste zu erfassen, sie hatten die persönlichen Daten von Millionen Menschen gesammelt und bewahrten sie in einem Felsarchiv in Salt LakeCity auf. Die größenwahnsinnige Absicht der Mormonen war es, ermitteln zu können, wer in den Himmel kommen würde. Sie glaubten, dass sie, wenn sie über die Namensliste der Menschheit verfügten, auch das Recht hätten, über deren Wohl und Wehe zu entscheiden.
Wegen Gottes Verärgerung reduzierte sich der USA -Besuch auf eine gewöhnliche Touristenreise. Sie schauten sich ein wenig Los Angeles an, besuchten dann San Francisco und bewunderten die Golden-Gate-Bridge, und schließlich besichtigten sie noch in aller Eile New York. Den Teufel trafen sie nicht. Als die beiden Götter vom Scheitel der Freiheitsstatue aus die Stadt betrachteten, traf überraschend aus Bulgarien eine Botschaft vom heiligen Petrus ein: Man hatte aus Grönland in ungewöhnlich rascher Folge hektische, diffuse Gebet empfangen, sie kamen aus einer Eskimosiedlung. Dort war der Teufel los. Könnten Gott und Pirjeri nicht auf der Heimreise kurz nachschauen, was den Inuit zu schaffen machte? Petrus berichtete, dass der Gebetsalarm von Grönlands Westküste gekommen war, aus dem kleinen
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