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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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Der Versuch der Reichenstein-Verteidigung, den Verdacht von ihrem Mandanten auf die Brüder Büning abzulenken, war rundum gescheitert.
    Dann wurde dem Antrag Dr. Königs entsprochen, die Ein- und Auszahlungen in Fritz Bünings Postsparbuch zu überprüfen, es sei dort »Überraschendes« festgestellt worden. Still wurde es im Saal, als der Vorsitzende vorlas: »Am 10. Februar 1953 sind 450 Mark eingezahlt worden.« Nur drei Tage nach dem Mord an Dr. Stürmann! Dr. Näke sah Büning fragend an. Der stutzte. Dann beschwor er den Vorsitzenden förmlich: »Da kann ich einen Eid drauf geben, dass da kein Geld von Dr. Stürmann dabei ist.« Schließlich gelang es Staatsanwalt Scherf, die brenzlige Situation für seinen Kronzeugen zu entschärfen. Er stellte nämlich fest, dass die eigentliche Einzahlung nicht am 10., sondern bereits am 6. Februar erfolgt sei. Vier Tage später sei der Betrag lediglich gebucht worden. Der Ankläger wandte sich dann Rechtsanwalt Peters zu und attackierte: »Wo sind denn nun die größeren Einzahlungen, auf die sich Ihr Beweisantrag stützte?« Verlegen musste der Verteidiger klein beigeben: »Da bin ich im Moment überfragt.« Die Sache war vom Tisch.
    »Um den Charakter Reichensteins zu beleuchten«, berief die Staatsanwaltschaft eine ehemalige Erzieherin als Zeugin. Die Frau berichtete: »Frau Reichenstein, die als 16jährige den Sohn Erwin als uneheliches Kind bekam, wurde weder mit seiner Erziehung noch mit der seines Stiefbruders fertig. Sie war schmutzig, liederlich und frech. Erwin hat seine Mutter mehrfach mit dem Messer bedroht. Es gab furchtbare Szenen. Der 12jährige wollte sich aus dem Fenster stürzen. Er war ein intelligenter Junge, dessen Verwahrlosung zum Teil auf die Mutter, zum Teil auch auf seinen schwierigen Charakter zurückzuführen war.«
    Reichenstein begann laut zu schluchzen, schlug die Hände vors Gesicht. Es wurde still im Saal. Hatten ihn die Gräuel und Entbehrungen seiner Kinderzeit wieder eingeholt und übermannt? Oder versuchte er nur die Geschworenen für sich einzunehmen?
    Dann wurde der Bericht von Pfarrer Horning verlesen, dem Leiter des Erziehungsheims in Neu-Düsselthal. Er hatte über den damals 14-jährigen Jungen geschrieben: »Ein kleiner, stämmiger Junge, geistig gut zu fördern, sauber, ordentlich, gut eingelebt, aber etwas roh im Umgang mit den Kameraden. Er brachte einem Jungen eine Kopfverletzung bei. In seinem Wesen liegt etwas Verstecktes.«
    Der letzte Satz des Erziehers schien den Angeklagten treffend zu kennzeichnen. Dass Reichenstein etwas verbarg, war offenkundig. Nur, was?

37
    3. Dezember 1959, zwölfter Verhandlungstag.
    Die Staatsanwaltschaft ließ eine Reihe von Polizeibeamten aufmarschieren, die Zeugnis darüber ablegen sollten, ob Fritz Büning bei seinen polizeilichen Vernehmungen »gelockt« oder »beeinflusst« worden war. Kriminaloberrat Dr. Wehner, Leiter der Düsseldorfer Kripo, sprach von »purem Nonsens«, als er gefragt wurde, ob Büning »besondere Vergünstigungen erhalten habe, vor seinem Geständnis, während der Haft oder in der Zeit, als er sein Geständnis habe widerrufen wollen«. Der Zeuge betonte »ausdrücklich«, der Angeklagte sei »ein Wahrheitsfanatiker« gewesen, »der nie sein Geständnis widerrufen wollte«. Da Büning magenkrank gewesen sei, habe er in der Kantine mitessen dürfen. Er sei auch zweimal in Dr. Wehners Privatwohnung gewesen: »Wahrscheinlich hat er auch eine Tasse Kaffee angeboten bekommen. Das ist durchaus nichts Besonderes, dass ein Gefangener mal eine Tasse Kaffee bei mir bekommt.« Es sei auch zutreffend, dass Büning ihm einmal nach einem Ortstermin einige Weidenkätzchen mitgebracht habe. Ein anderes Mal sei Büning »einfach aus dem Gefängnis über eine Mauer in ein Dienstzimmer des Präsidiums geklettert«, habe den Zeugen angerufen und gesagt: »Ich bin nicht im Gefängnis, sondern im Dienstzimmer. Ich könnte jetzt stiften gehen, aber ich gehe nicht!« Dr. Wehner resümierte: »Büning ist behandelt worden wie jeder andere Untersuchungshäftling auch!«
    Raunen im Gerichtssaal.
    Der Vorsitzende hatte Zweifel und fragte nach: »Das ist doch etwas ungewöhnlich. Was war der Grund zu einer solchen Behandlung des Angeklagten?«
    Dr. Wehner antwortete kurz und bündig: »Um ihn abzulenken.«
    Gemeint waren seine Selbstmordabsichten, von denen auch Kriminalobermeister Dieter Kisters berichtete. Der Zeuge war der »Betreuungsbeamte« gewesen. Er bestätigte auch, dass Büning

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