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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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schaute auf seine Frau, die sichtlich stolz die Ohrringe trug, auf das Ehepaar von Randow gegenüber, die lachend tuschelten, er sah die ganze Tafel hinunter, wo alle so hemmungslos glücklich wirkten, so unprofessionell glücklich, und dann sah er in das Gesicht von Karoline. Sie blickte ihn kalt an, so kalt, dass er sie sofort besitzen wollte. In diesem Moment. Dann schaute er wieder auf den mickrigen Amor, und mit seinem Obstmesser zerschnitt er den Baumkuchen in der Mitte, der Amor verlor das Gleichgewicht, stürzte auf den Teller, und die Figur aus Zuckerguss zerbrach in zwei Teile. Er beugte sich zu Toni hinüber.
    »Wer glaubst du eigentlich, wer du bist«, zischte er ihr wütend zu. Genau das hatte er im gleichen bösen, kalten Ton zu seinem Verhandlungspartner in St. Petersburg gesagt, der sich daraufhin geduckt und eine andere, entgegenkommendere Art an den Tag gelegt hatte. Er wusste, er konnte seine Stimme wie ein Messer einsetzen. Er hatte das Zeug dazu.
    Aber Toni strahlte ihn nur an. »Ich bin deine Frau«, sagte sie aufgeräumt, und dann küsste sie ihn auf den Mund. Und im Augenwinkel konnte Georg während des Kusses sehen, wie Karoline den Stuhl zurückschob und sich wütend anschickte, die Feier zu verlassen, und wie Tom hinter ihr herstürzte, obwohl gerade der Käse gereicht wurde. Der überstürzte Abgang
löste keinen Skandal aus, denn niemand achtete auf die beiden. Alle im Raum waren heiter und beduselt und glücklich wie lange nicht mehr. Und als dann noch jemand die zehn schönsten Walzer von Johann Strauss in den CD-Spieler legte, Toni als Gastgeberin die Tafel offiziell aufhob und man durch die Weiten des Lofts über den Dächern Berlins Walzer tanzte, da war allen klar, dass Georg und Toni an diesem Abend Berliner Gesellschaftsgeschichte geschrieben hatten. Kein anderer durfte Vorstandsvorsitzender werden als dieser begabte Georg Jungbluth, der diese wundervolle, leicht exzentrische Frau an der Seite hatte.

4
    Das Hochgefühl hielt noch am nächsten Morgen an, als Toni längst am Schreibtisch ihres Büros saß. Sie hatte Georg gezwungen, sich zu ihr zu bekennen. Vor aller Augen. Sie spielte an einem der Perlenohrringe herum und summte leise einen Walzer von Johann Strauss vor sich hin, während sie mit der anderen Hand die Maus über den Bildschirm steuerte und verschiedene Tapetenmuster für eine Kosmetik-Lounge in Friedrichshain ausprobierte. Die Kosmetik-Lounge war ihr neuester Auftrag - sie sollte verführerisch und anders aussehen als die meisten Studios in Mitte. Toni mochte allein die Lage des Ortes - direkt am S-Bahn-Graben mit Blick auf die Industriebauten am Spreeufer. Es war weiterhin eine rohe Gegend, von denen es in Berlin immer weniger gab. Früher war die Stadt geprägt gewesen von Brachen und Bombenlücken. »Hmmhm, hmmhm, hmmhmm,hm,hm«, summte Toni. Sie hatte Karoline auf ihren Platz verwiesen und damit gedemütigt. Was für ein wunderbarer Moment.
    »Du siehst echt süß aus heute Morgen.« Nola, die Sekretärin, kam an ihrem Schreibtisch vorbei, um ihr die Post hinzulegen. Elf Leute arbeiteten in diesem Büro, sechs Architekten, drei Designer, ein professioneller Floristik- und Gartenbauspezialist und Nola, die Sekretärin. Dazu kamen noch zwei bis vier Praktikanten, deren Namen Toni sich inzwischen nicht mehr merkte, weil sie so häufig wechselten. Und dann war da noch
der Chef, Anselm. Er saß hinter seiner Glasscheibe, die ihn vom Rest des Großraumbüros trennte. Anselms Beine lagen wie so häufig auf dem Schreibtisch, er telefonierte mit einem zwischen Schulter und Ohr eingeklemmten Hörer und schrieb gleichzeitig E-Mails. Anselm musste immer zwei bis fünf Sachen zeitgleich tun, es musste immerzu rauschen um ihn herum. Anselm war eine Windmaschine.
    »Danke für das Kompliment, Nola«, sagte Toni. »Mir geht es auch richtig gut. Georg und ich hatten gestern ein gelungenes Fest bei uns zu Hause - gesetztes Essen, sieben Gänge und danach noch Tanz bis spät in die Nacht. Die letzten Gäste sind um zwei Uhr morgens gegangen.«
    Und Georg - das erzählte Toni jetzt aber nicht - hatte sich sofort nach der letzten Verabschiedung im Gästezimmer verbarrikadiert. Vorher hatte er Toni allerdings noch wütend zur Rede gestellt, vor der langen Tafel, die zu dieser späten Stunde ausgesehen hatte wie ein Trümmerfeld nach einer erfolgreich geschlagenen Schlacht. Halb volle Kristallgläser standen auf dem Tisch, bei anderen sah man nur noch den Rotweinsatz auf dem Grund,

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