Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
Vom Netzwerk:
zum Abschied stumm zu, Georg griff sich seine Kapuzenjacke und nahm auf der Treppe beschwingt zwei Stufen auf einmal. Unten saßen die drei Männer weiterhin unbeweglich auf ihren Barhockern und fütterten die Automaten. Es würde alles in seinem Sinne klappen, Georg spürte das. Er ging kurz zur Thekenkraft, reichte ihr zwanzig Euro rüber und sagte: »Trinkgeld«. Er wusste, wie schlecht hier bezahlt wurde. Dann lief er hinaus auf die Müllerstraße.
    Sobald sich seine Augen nach der Spielhöllendunkelheit ans Sonnenlicht gewöhnt hatten, nahm er sein Telefon aus der Tasche. Anselm ging sofort ran. Wahnsinn, war der Mann wütend auf seine Exmitarbeiterin. Georg war ein bisschen beeindruckt von dem blanken Hass, der ihm da durchs Telefon entgegenschlug.
Er hatte keine Ahnung gehabt, dass Anselm so stark mit Toni konkurrierte, sich so sehr von ihr bedroht fühlte. Nach zwei Minuten hatte er Anselm auf Tonis Spur gesetzt. Jetzt musste er nur noch abwarten.
     
    Weiter südlich in der Stadt, in Kreuzberg, saß Toni im gemütlichen Nachthemd aus weicher Baumwolle an Shirins Küchentisch und trank einen Milchkaffee. Einen richtigen Plan hatte Toni für den Tag noch nicht. Sie hatte keine weiteren Handys in Georgs Leben versteckt, hatte nicht vor, irgendetwas zu verkaufen oder ihn bei jemandem anzuschwärzen. Vielleicht würde sie einfach einen Tag Kampfpause einlegen. Als Shirin in die Küche kam, schob Toni ihr einen zweiten Kaffee hin.
    »Ich hoffe, du kannst ihn trinken. Ist natürlich nicht so gut wie deiner.«
    Eine Weile saßen die beiden schweigend am Tisch. Die warme Sonne fiel durch die Atelierluken, und man sah in den Sonnenstrahlen den Staub im Raum tanzen. Toni hatte in der lauen Nacht alle Fenster geöffnet, man hörte die üblichen Geräusche - jemand durchschritt eilig den Hof und ließ am Ende das Tor knallen, weiter unten spielte ein Radio, ein Kind quälte minutenlang die Anwohner mit seiner Fahrradklingel. Im Morgengrauen, erzählte Toni, hätten sich zwei Katzen bekriegt, und das wilde Gefauche und Katzengeschrei hätte grauenhaft geklungen, fast menschlich, so als seien total zugedröhnte Fünfjährige auf dem Kriegspfad. »Wie bei ›Herr der Fliegen‹.« Irgendwann sei wohl ein Tier geflüchtet.
    »Wahrscheinlich waren es Katze und Kater. Das Hauen und Stechen müsstest du doch gut kennen«, meinte Shirin trocken. Dann sah sie Toni ernst an. »Er hat dir alle Konten gesperrt. Die Kreditkarte. Wie soll es weitergehen, Toni? Du hast keinen Job mehr und im Moment auch kein Geld. Schätzchen, du musst
aufhören zu wüten und wieder auf den Boden der Realität zurückkommen. Du zerstörst nicht nur seine Zukunft, sondern auch deine.«
    »Willst du, dass ich ausziehe?«, fragte Toni misstrauisch.
    »Du weißt genau, dass du hier so lange wohnen kannst, wie du willst. Ich freue mich über deine Anwesenheit auf meiner Liege. Trotzdem, irgendwer muss es dir sagen: Du hast dich verrannt. Ich erkenne dich kaum wieder. Du warst nie der Typ Stalkerin. Überleg dir, was du tust. Kannst du dich als Rachegöttin wirklich selbst leiden?«
    Das wollte Toni nicht hören. Sie stand ruckartig auf und räumte die Kaffeetasse in die Spüle. »Ich komme schon klar. Ich habe ja nach dem Verkauf des Jaguars eine gut gefüllte Kriegskasse«, sagte sie abwehrend. Aber das war hochgestapelt, Toni hatte nicht mehr sehr viel übrig von dem Jaguargeld, nachdem sie erst die neue Schwangerenkleidung ausgelöst hatte und dann das neue Auto hatte anzahlen müssen. Wie lange würde sie mit dem Geld auskommen? Zwei Wochen. Vielleicht einen Monat. Es war leichtsinnig gewesen, Georgs Auto so billig zu verscheuern, schoss es Toni durch den Kopf. Aber nur deshalb hatte die Aktion so viel Spaß gemacht.
    Außerdem hatte Shirin recht, sie konnte nicht ewig hier wohnen. Toni hatte langsam auch die Nase voll von der Liege. Sie wollte wieder ihr eigenes Zimmer, ihr eigenes Bett, ein Zuhause. Sie war 34 Jahre alt, nicht mehr Anfang zwanzig. Die WG-Zeiten waren definitiv vorbei.
    Plötzlich war die Euphorie verflogen. Toni fühlte sich orientierungslos. Ein blödes Gefühl. Sie zog sich an, während Shirin sie nicht aus den Augen ließ.
    »Kann ich dein Fahrrad leihen? Heute ist der erste Dienstag im Monat. Ich gehe zum Waxing.«
    »Klar«, sagte Shirin. Sie steckte sich eine Zigarette an, rauchte
wortlos. Dann drückte sie entschlossen die Zigarette aus, ging rüber zu Toni und nahm sie in den Arm. »Toni, du bist meine beste Freundin«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher