Der Liebespakt
dem Eierlauf mit Georg in die gemeinsame Wohnung fahren sollen, schließlich mimten sie ab jetzt wieder das glückliche Ehepaar. Georg war aber noch mal nach oben ins Büro gegangen, um irgendwelche Papiere zu holen, während Toni mit den letzten Gästen auf der Wiese des Innenhofs stand und plauderte. Als Georg zurückkam, sah sein Gesicht verändert aus. Irgendwie schockiert.
»Wir verschieben deinen Einzug auf morgen«, hatte er auf dem Weg zum Kangoo in der Konzerntiefgarage gesagt.
»Du zahlst, du bestimmst«, anwortete Toni und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Sie wusste, sie hätte ab jetzt schweigen sollen. Aber das schaffte sie nicht.
»Bitte nicht in unserer Wohnung«, hatte sie nur noch zu ihm gesagt, als sie an der Beifahrertür des knallgelben Kangoos stand und ihn über das Dach hinweg beobachtete, wie er versuchte, leise fluchend den Schlüssel ins Schloss zu kriegen.
Georg hatte erstaunt hochgeschaut. Es war das erste Mal, dass sie wieder offen darüber sprachen, dass er sie betrog.
»Nicht, dass es dich etwas angeht«, sagte er langsam, »aber wir gehen immer ins Hotel.«
»Danke«, antwortete Toni trocken und stieg ein. Dann hatte Georg sie ein letztes Mal zu Shirin gefahren.
Was war danach passiert? Hatte Karoline ihn im Hotelzimmer angebrüllt? Wie in einer Vorabendserie: »Deine Frau ist schwanger von dir?! Weshalb ist sie schwanger von dir - du hast doch gesagt, ihr hättet nichts mehr miteinander?! Das mit ihr sei längst aus. Geschichte. Vorbei. Und jetzt bringt sie in neun Monaten deinen Nachwuchs auf die Welt?« Nein, Toni konnte sich Karoline nicht brüllend vorstellen. Aber sie würde ihm schon Druck gemacht haben. Womöglich war Georg eingeknickt und hatte ihr die Wahrheit erzählt.
Egal, was sie weiß. Egal, was sie denkt. Sie kann nichts beweisen. Toni schob ihren Bauch leicht nach vorne, stützte mit den Händen das Kreuz, als habe sie ziehende Schmerzen. Beate von Randow entging das nicht.
»Toni, in Ihrem Zustand sollten Sie nicht so lange stehen. Setzen wir uns doch«, sagte die Gattin des amtierenden Vorstandschefs.
»Ich wollte mir gerade am Buffet etwas holen«, versuchte sich Toni aus der Kontrollzone Frau von Randows und Karolines zu stehlen. Außerdem sah das Buffet wirklich gut aus.
»Das übernehme ich«, sagte Karoline und war verschwunden.
Die Runde setzte sich zusammen mit Toni hin, man plauderte, aber weder von Gala noch vom Hausfrauenbund war noch die Rede. Alles drehte sich um eine Opernpremiere und einen Theaterskandal. Langweilige Themen, Toni dämmerte langsam weg. Wenn die wüssten, dachte sie, dass ich gekauft bin. Für eine halbe Million. Ob sie dafür Verständnis hätten? Eigentlich sollten sie das, überlegte Toni weiter. Sie war wenigstens nur für einige Monate gekauft worden. Die anderen hier ließen sich ein Leben lang bezahlen und demütigen. Wer war denn da die Ehrlichere?
Über die Schulter bekam Toni einen vollen Teller von Karoline gereicht, die manikürten Finger mit dem dezenten French Nail, die das Porzellan hielten, sahen appetitlich aus zu dem Sushi, Rohmilchkäse und Carpaccio aus Rindfleisch. Gleichzeitig wurde über ihre andere Schulter von links das Besteck angereicht, eingewickelt in einer Stoffserviette. Dass sie ausgerechnet aus dieser Hand ihr Essen entgegennehmen musste! Einen Moment lang wollte sie den Teller unberührt wegstellen. Aber sie hatte Hunger. Und sie wurde beobachtet, nicht mehr so scharf wie zu Beginn, aber eine aggressive Geste gegen Karoline wäre aufgefallen. Schnell entrollte sie das Besteck, legte die Serviette auf den Schoß, stellte den Teller darauf und stach in das Rindercarpaccio, das sie selten, aber immer leidenschaftlich gern aß. Sie führte die gut beladene Gabel an den Mund, roch den würzigen groben Pfeffer und den alten Parmesan, spürte die Zinken der Gabel schon an der Lippe, da wurde ihre Hand mit der Gabel unsanft nach unten gedrückt.
»Das dürfen Sie nicht essen«, rief Sophie Rosenstätter entsetzt aus. »Nichts davon - nicht den Rohmilchkäse, nicht das Sushi und besonders nicht das rohe Fleisch.« Sie riss Toni förmlich den Teller vom Schoß.
»Küken«, sagte Beate von Randow, veränderte leicht ihre Sitzhaltung und drehte sich vorwurfsvoll zu Karoline um. Ach du liebe Güte, wunderte sich Toni, was soll das denn heißen: Küken? Aber es blieb keine Zeit, lange über dieses Kosewort nachzudenken.
»Was habe ich getan?«, fragte die ganz unschuldig.
»Was hat sie
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