Der Liebesschwur
hinweggewischt.
»Ah …« Mit noch immer weit aufgerissenen Augen blinzelte sie. »Welches Angebot meinst du?«
Vane entschied, dass es besser war, ihr nicht zu antworten. Er zog seinen Mantel aus und ließ ihn auf den Fenstersitz fallen. Seine Jacke folgte. Patience sah ihm mit wachsender Beunruhigung zu, doch Vane tat, als bemerke er es nicht. Er ging hinüber zum Kamin und hockte sich hin, um das Feuer anzufachen.
Patience trat hinter ihn, sie rang die Hände – etwas, das sie noch nie zuvor in ihrem Leben getan hatte – und fragte sich verzweifelt, was sie jetzt tun sollte. Dann stellte sie fest, dass Vane das Feuer anfachte. Sie runzelte die Stirn. »Ich brauche jetzt kein Feuer.«
»Du wirst schon bald froh darüber sein.«
Wirklich? Patience starrte auf Vanes breiten Rücken und versuchte, nicht das Spiel seiner Muskeln unter dem dünnen Leinenstoff seines Hemdes zu bemerken. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, was er wohl gemeint hatte, was er wohl vorhatte. Dann erinnerte sie sich daran, dass er einen Mantel getragen hatte. Mit gerunzelter Stirn ging sie zum Fenster zurück und fuhr mit der Hand über die vielen Kragen des Mantels – sie waren feucht. Sie blickte aus dem Fenster, draußen stieg der Nebel auf.
»Wo bist du gewesen?« Hatte er nach dem Gespenst gesucht?
»In Bedford.«
»In Bedford?« Patience bemerkte das offene Fenster. Sie wandte sich um und sah ihn an. »Wie bist du hier hereingekommen?« Als sie aufgewacht war, hatte sie ihn im Schein des Mondes entdeckt, wie er auf Myst hinuntergesehen hatte.
Vane sah sie an. »Durch das Fenster.«
Er drehte sich wieder zum Feuer um, und Patience sah zum Fenster. »Durch das …?« Sie sah hinaus und blickte nach unten. »Guter Gott – du hättest umkommen können!«
»Das bin ich aber nicht.«
»Wie bist du hereingekommen? Ich bin ganz sicher, dass ich das Fenster geschlossen hatte.«
»Myst hat es geöffnet.«
Patience wandte sich um und starrte die Katze an, die es sich auf einem kleinen Tisch neben dem Feuer bequem gemacht hatte. Myst betrachtete Vane mit katzenhafter Zustimmung – immerhin sorgte er für ein gemütliches Feuer.
»Was ist hier eigentlich los?« Gerade als Vane sich aufrichtete, trat Patience wieder an das Feuer. Er drehte sich zu ihr um, streckte die Hände aus und zog sie den letzten Schritt in seine Arme.
Durch den dünnen Stoff ihres Nachthemdes brannten seine Hände auf ihrer Haut. Patience keuchte auf. Sie sah zu ihm auf. »Was …?«
Vane legte ihre Lippen auf seine und zog sie noch näher an sich. Sofort öffneten sich ihm ihre Lippen, doch innerlich schalt Patience sich. Seine Zunge, seine Lippen, seine Hände, alles nutzte er, um sie zu verzaubern. Sie versuchte, sich an etwas zu klammern – Schock, Überraschung, Zorn, sogar eine geistlose Ablenkung – , an irgendetwas, das ihr die Kraft geben würde, sich zurückzuziehen, von … dem hier.
Von dem berauschenden Wunder seines Kusses, von der Sehnsucht, die in ihr erwacht war. Sie wusste ganz genau, was geschah, wusste ganz genau, wohin das führen würde. Und sie war nicht in der Lage, es zu verhindern.
Als ihr nicht einmal mehr der Hochmut zu Hilfe kam, gab sie jeden Widerstand auf und erwiderte seinen Kuss. Voller Leidenschaft. War es erst an diesem Morgen gewesen, dass sie ihn zum letzten Mal geschmeckt hatte? Wenn das so war, so war sie süchtig nach ihm. Unwiderruflich.
Ihre Hände glitten über seine Schultern, ihre Finger vergruben sich in seinem dichten Haar. Ihre Brüste wurden schwer, die rosigen Spitzen richteten sich auf, als sie sich gegen seinen Oberkörper drängten. Sofort zog Patience sich von ihm zurück. Verzweifelt rang sie nach Luft.
Sie keuchte, als sich seine Lippen auf ihren Hals legten, auf die Stelle, an der eine Ader heftig pulsierte. Ein Schauer rann durch ihren Körper, und sie schloss die Augen. »Warum bist du gekommen?«
Ihre Worte waren wie ein silberner Faden im Licht des Mondes. Seine Antwort war so tief wie die Schatten.
»Du hast mir angeboten, meine Geliebte zu werden, weißt du das denn nicht mehr?«
Es war genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte: Er würde sie noch nicht in Ruhe lassen. Er war noch nicht fertig mit ihr, hatte noch nicht genug von ihr bekommen. Mit geschlossenen Augen wusste Patience, dass sie dagegen ankämpfen sollte. Stattdessen sang ihr eigenwilliges Herz. »Warum bist du nach Bedford gefahren?« Hatte er dort nach irgendwelchen Informationen gesucht oder war er
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