Der Liebesschwur
zu schütteln und sie dann heftig zu lieben. Wie konnte sie es wagen , sich selbst in einem solchen Licht darzustellen?
Mit zusammengebissenen Zähnen schwor er sich, dass er der Sache auf den Grund gehen würde. Zweifellos gab es eine Ursache, denn Patience war für eine Frau sehr empfindsam, sogar logisch, sie war nicht die Art von Frau, die dumme Spielchen mit ihm spielen würde. Es musste einen Grund geben, einen Grund, der für sie lebenswichtig war, den er jedoch noch nicht begriff.
Er musste sie davon überzeugen, ihm diese Ursache zu verraten.
Er dachte über die Möglichkeiten nach und gestand sich ein, dass sie sich irgendeine eigenartige, um nicht zu sagen abstruse Geschichte eingebildet hatte. Es gab jedoch, aus welcher Sicht auch immer er seinen Antrag betrachtete, keinen Grund für sie, ihn nicht zu heiraten – nicht seine Frau zu werden. So wie er die Sache sah und wie jeder andere auch, dem sie am Herzen lag – aus der Sicht seiner Familie und auch der ihren, aus der Sicht der gehobenen Gesellschaft – , war sie für diese Stellung in jeder Hinsicht perfekt geeignet.
Alles, was er jetzt noch tun musste, war, sie davon zu überzeugen. Er musste herausfinden, welche Hürde sie davon abhielt, ihn zu heiraten, und er musste diese Hürde überwinden. Ganz gleich, wie, auch wenn er dies tun musste, während sie sich heftig dagegen wehrte.
Als die Dächer von Northampton vor ihm aufragten, lächelte Vane grimmig. Eine Herausforderung hatte ihm schon immer zugesagt.
Zwei Stunden später, als er auf der Wiese vor Bellamy Hall stand und zum dunklen Fenster von Patience' Schlafzimmer hinaufblickte, rief er sich diesen Entschluss wieder ins Gedächtnis.
Es war nach ein Uhr, das Haus lag in Dunkelheit. Duggan hatte sich entschieden, im Stall zu schlafen. Vane wollte verdammt sein, wenn er das auch tat. Er hatte die Türen im ganzen Haus untersucht, aber es gab keinen anderen Weg ins Haus, als an der Haustür zu klopfen, und das würde zweifellos nicht nur Masters aufwecken, sondern den gesamten Haushalt.
Grimmig betrachtete Vane das Fenster von Patience' Zimmer in der zweiten Etage und den uralten Efeu, der an dem Haus emporwuchs. Immerhin war es ihr Fehler, dass er jetzt hier draußen stand.
Als er den halben Weg zu ihrem Fenster hinaufgeklettert war, fielen ihm keine Flüche mehr ein. Er war zu alt für so etwas. Gott sei Dank wuchs der dicke Hauptstamm des Efeus in der Nähe von Patience' Fenster vorbei. Als er sich der Fensterbank näherte, fiel ihm plötzlich ein, dass er gar nicht wusste, ob sie tief schlief oder nur leicht. Wie laut musste er gegen das Fenster klopfen, während er sich gleichzeitig an den Stamm des Efeus klammerte? Und wie viel Lärm konnte er machen, ohne Minnie oder Timms aufzuwecken, deren Zimmer im selben Flügel des Hauses lagen?
Zu seiner Erleichterung brauchte er das gar nicht erst auszuprobieren. Er war schon beinahe an der Fensterbank angekommen, als er einen grauen Schatten hinter dem Fenster entdeckte. Im nächsten Augenblick bewegte sich der Schatten und reckte sich – es war Myst, stellte er fest, die sich nach dem Riegel des Fensters reckte. Er hörte ein leises Knirschen, dann öffnete sich das Fenster.
Myst drängte sich mit dem Kopf in die Öffnung und sah hinaus.
»Miau!«
Vane schickte ein Stoßgebet an den Gott der Katzen und kletterte das letzte Stück hinauf. Er schob das Fenster weit auf, steckte den Arm in das Zimmer, und es gelang ihm, ein Bein über die Fensterbank zu schieben. Der Rest war einfach.
Als er in Sicherheit war, bückte er sich und strich mit dem Finger über Mysts Rücken, dann kraulte er ihre Ohren. Sie schnurrte heftig, dann schritt sie mit hoch erhobenem Schwanz zum Kamin. Vane richtete sich wieder auf und hörte ein Rascheln aus dem großen Himmelbett. Er klopfte sich gerade die Blätter und Äste von seinen Schultern und seinem Mantel, als Patience erschien. Ihr Haar lag ihr wie ein bronzefarbener Schleier um die Schultern, sie hatte einen Schal um sich geschlungen, der ihr dünnes Nachthemd bedeckte.
Ihre Augen waren weit aufgerissen. »Was tust du hier?«
Vane zog die Augenbrauen hoch, dann betrachtete er ihr Nachthemd, das sich an ihre langen Beine schmiegte. Ganz langsam glitt sein Blick höher, bis er ihr schließlich ins Gesicht sah. »Ich habe mich entschieden, dein Angebot anzunehmen.«
Wenn er je Zweifel gehabt hatte an seiner Meinung über sie, ihr Gesicht, das vollkommen ausdruckslos war, hätte sie
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