Der Liebesschwur
benachbarten Bezirks gefahren, ehe er wieder zu Sinnen kam. Seine Grauen donnerten gleichmäßig über die vom Mond erhellten Wege, mühelos schafften sie die Entfernung nach Bedford, als er, wie der heilige Paulus, von einer blitzartigen Erkenntnis getroffen wurde.
Miss Patience Debbington hatte vielleicht nicht gelogen, aber sie hatte ihm auch nicht die ganze Wahrheit gesagt.
Vane fluchte heftig und ließ die Grauen langsamer laufen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen versuchte er nachzudenken. Das war etwas, das er seit dem Verlassen des Wintergartens nicht mehr getan hatte.
Als er Patience verlassen hatte, war er hinausgegangen zu den Büschen, um dort ungehindert hin und her zu laufen und zu fluchen. Doch das hatte ihm auch nicht geholfen. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er sich mit einem solchen Durcheinander auseinander setzen müssen – er hatte Schmerzen verspürt an Stellen, von denen er bisher gar nichts geahnt hatte. Und sie hatte ihn nicht einmal berührt. Es war ihm nicht gelungen, den Hexenkessel von Gefühlen zu unterdrücken, die in seinem Inneren brodelten, daher hatte er einen strategischen Rückzug als einzige Möglichkeit gesehen.
Er war zu Minnie gegangen. Er wusste, sie schlief nie sehr tief, deshalb hatte er an ihre Tür geklopft und gehört, wie sie ihn hereinbat. Das Zimmer war dunkel gewesen, nur erhellt von einem Schimmer des Mondlichtes. Er hatte sie davon abgehalten, eine Kerze anzuzünden, denn er hatte nicht gewollt, dass sie mit ihren scharfen alten Augen in sein Gesicht sehen und den Aufruhr und den Schmerz darin entdecken konnte, der ganz sicher in seinen Zügen zu sehen war. Und auch in seinen Augen. Sie hatte ihn angehört – er hatte ihr erklärt, dass er sich an einen dringenden Termin in London erinnert hatte. Er würde zurückkommen, das hatte er ihr versprochen, um sich in ein paar Tagen mit dem Gespenst und dem Dieb auseinander zu setzen. Nachdem er sicher war, wie er sich mit ihrer Nichte auseinander setzen musste, die ihn nicht heiraten wollte – doch es war ihm gelungen, dieses Geständnis für sich zu behalten.
Minnie, Gott segne sie für ihr großes Herz, hatte ihn aufgefordert abzureisen, natürlich. Und das hatte er auch getan, sofort, nur Masters hatte er geweckt, damit dieser das Haus hinter ihm wieder abschloss, und natürlich auch Duggan, der hinter ihm auf der Kutsche stand.
Doch jetzt, wo der Mond ihn in sein kühles Licht hüllte und die Nacht um ihn so dunkel war und nur das Donnern der Hufe seiner Pferde zu hören war, jetzt war er wieder zur Vernunft gekommen.
Es passte alles nicht zusammen. Er glaubte fest daran, dass zwei plus zwei vier ergaben. Doch im Fall von Patience, das konnte er jetzt deutlich sehen, ergaben zwei und zwei dreiundfünfzig.
Wie, so fragte er sich, konnte eine Frau – eine vornehm erzogene Frau – die nach einem einzigen Blick auf ihn bereit gewesen war zu behaupten, dass er ihren Bruder verderben würde, so weit gehen, sich im Heu mit ihm zu vergnügen?
Was hatte sie dazu gebracht, so etwas zu tun?
Für einige Frauen galt die Antwort der Geistlosigkeit, aber dies hier war eine Frau, die den Mut und die feste Entschlossenheit besaß, ihn in dem Bemühen, ihren Bruder zu beschützen, abzuweisen.
Und die dann auch den Mut besaß, sich zu entschuldigen.
Und dies war auch die Frau, die noch nie zuvor mit einem Mann geschlafen hatte, die noch nie zuvor einen leidenschaftlichen Kuss mit einem Mann ausgetauscht hatte. Eine Frau, die sich noch niemals hingegeben hatte – bis sie sich ihm hingegeben hatte.
Im Alter von sechsundzwanzig Jahren.
Und sie erwartete von ihm, dass er glaubte …
Mit einem unflätigen Fluch zog Vane die Zügel an. Er ließ seine Grauen anhalten, dann machte er sich daran, den Zweispänner zu wenden. Er bereitete sich innerlich auf den unvermeidlichen Kommentar von Duggan vor. Doch das andauernde Schweigen seines Begleiters sagte noch viel mehr.
Er murmelte noch einen Fluch vor sich hin, und dann machte Vane sich daran, seine Grauen zurück zur Bellamy Hall zu lenken.
Während die Meilen dahinflogen, ging er in Gedanken noch einmal alles durch, was Patience gesagt hatte, im Wintergarten und auch vorher. Er konnte noch immer keinen Sinn darin erkennen. Und als er sich noch einmal die Worte ins Gedächtnis rief, die sie ihm im Wintergarten gesagt hatte, fühlte er auch wieder den drängenden Wunsch, sie in seine Hände zu bekommen, sie übers Knie zu legen und ihr den Hintern zu versohlen, sie
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