Der Liebesschwur
mit den Fingern die Umrisse einer kleinen Vase. »Ungefähr zehn Zentimeter hoch. Ich habe sie schon seit Jahren – ich nehme nicht an, dass sie besonders wertvoll ist, aber …«
»Sie würden sie trotzdem zurückhaben wollen. Warum haben Sie mir gestern Abend nichts davon gesagt?«
Patience verzog das Gesicht und sah ihm in die Augen. »Sie wollen doch nicht behaupten, dass die Gentlemen des Hauses Ihnen heute Morgen beim Frühstück nicht erzählt haben, dass sie glauben, dass Gerrard hinter all den eigenartigen Vorfällen steckt – dass er das Gespenst ist, wie sie es nennen – und dass er auch hinter den Diebstählen steckt?«
»Das haben sie wirklich behauptet, aber wir – Gerrard, ich und überraschenderweise auch Edmond – haben ihnen deutlich gemacht, dass diese Behauptung keine wirkliche Grundlage besitzt.«
Das wenig damenhafte Geräusch, das Patience ausstieß, war vielsagend – es vereinte Zorn, Frustration und überbeanspruchte Toleranz.
»In der Tat«, stimmte Vane ihr zu. »Also haben Sie jetzt noch einen weiteren Grund, mir dankbar zu sein.« Als Patience sich zu ihm umwandte, runzelte er die Stirn. »Und natürlich auch Edmond gegenüber, leider.«
Trotz allem verzog sich Patience' Mund zu einem Lächeln. »Edmond würde den Älteren widersprechen, nur um sich einen Spaß daraus zu machen – außer seiner Muse nimmt er gar nichts ernst.«
»Ich nehme Sie beim Wort.«
Statt sich ablenken zu lassen, betrachtete Patience weiterhin sein Gesicht. Vane zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe Ihnen doch gesagt«, murmelte er und hielt dabei ihren Blick gefangen, »dass ich entschlossen bin, Sie dazu zu bringen, dass Sie in meiner Schuld stehen. Solange ich hier bin, brauchen Sie sich keine Sorgen über die Haltung der Gentlemen Gerrard gegenüber zu machen.« Er war davon überzeugt, dass ihr Stolz sie dazu bringen würde, seine Hilfe abzulehnen, wenn er ihr seine breite Schulter anbot, um sie gegen die Pfeile und Schlingen der Gesellschaft in Bellamy Hall zu verteidigen, doch wenn er so tat, als wären es die Machenschaften eines Schwerenöters, dann hoffte er, würde sie es mit einem Schulterzucken und einem bissigen Kommentar abtun.
Doch stattdessen runzelte sie die Stirn. »Nun, ich danke Ihnen wirklich, wenn sie versucht haben, sie zu überzeugen.« Patience blickte zu Gerrard, der noch immer auf dem Abhang saß und zum Horizont blickte. »Aber sie verstehen doch sicher, warum ich wegen dieser Vase keinen Aufruhr machen wollte – sie würden nur wieder Gerrard dafür verantwortlich machen.«
Vane zog unverbindlich die Augenbrauen hoch. »Wie auch immer, doch wenn noch etwas verschwinden sollte, sagen Sie es mir oder Minnie oder Timms.«
Patience sah ihn fragend an. »Was …«
»Wer ist das denn?« Mit dem Kopf deutete Vane auf einen Reiter, der auf sie zukam.
Patience sah in die Richtung und seufzte. »Hartley Penwick.« Obwohl ihr Gesicht ausdruckslos blieb, so sagte doch der Ton ihrer Stimme alles. »Er ist der Sohn von Minnies Nachbarn.«
»Wie schön, dass wir uns treffen, meine liebe Miss Debbington!« Penwick, ein gut gebauter Gentleman in einer Tweedjacke und Cordhosen, saß auf einem großen Rotschimmel und verbeugte sich tief, wenn auch nicht gerade elegant vor Patience. »Ich hoffe, es geht Ihnen gut?«
»In der Tat, Sir.« Patience deutete auf Vane. »Erlauben Sie mir, Ihnen Lady Bellamys Patensohn vorzustellen.« Sie stellte Vane vor und erklärte dann, dass er wegen des Unwetters am gestrigen Abend den Schutz des Hauses gesucht hatte.
»Ah.« Penwick schüttelte Vane die Hand. »Also ist Ihr Besuch eher eine erzwungene Unterbrechung Ihrer Reise. Wahrscheinlich werden Sie schon sehr bald weiterreisen. Die Sonne hat die Wege recht gut abtrocknen lassen, nichts in dieser hinterwäldlerischen Gegend lässt sich sicherlich mit den Unterhaltungen der gehobenen Gesellschaft vergleichen.«
Wenn Penwick ihm erklärt hätte, er wollte, dass er verschwand, hätte er es nicht deutlicher sagen können. Vane lächelte breit. »Oh, ich habe es nicht besonders eilig.«
Penwick zog die Augenbrauen hoch. Seine Augen, die Vane vom ersten Augenblick an aufmerksam beobachtet hatten, wurden härter. »Ah – dann sind Sie also auf einem Erholungsurlaub, wie?«
»Nein.« Vanes Blick wurde eisig, sein Ton deutlicher. »Ich suche nur mein Vergnügen.«
Diese Information gefiel Penwick gar nicht. Patience wollte sich gerade einmischen, um Penwick vor einer Niederlage zu schützen, als
Weitere Kostenlose Bücher