Der Liebesschwur
…«
Mrs. Chadwick schien plötzlich taub zu sein für den Widerspruch ihrer Tochter, sie zog Angela zu der chaise , auf der Minnie saß.
Sowohl Vane als auch Patience waren Mrs. Chadwick gefolgt, genau wie die anderen auch. Whitticombes Frage ließ sie alle innehalten.
»Habe ich das richtig verstanden, dass schon wieder etwas verschwunden ist?«
Es war Zufall, dass er den anderen gegenüberstand, die sich alle in einem Halbkreis um ihn versammelt hatten, als hätten sie sich gegen ihn verschworen. Es war keine fröhliche Gruppe, doch machte keiner von ihnen – Vane, Patience, Gerrard, Edmond oder auch Henry – Anstalten, Whitticombe in ihren Kreis mit einzuschließen.
»Angelas neuer Kamm.« Henry berichtete kurz Angelas Beschreibung des Kammes.
»Diamanten?« Whitticombe zog die Augenbrauen hoch.
»Falsche Diamanten«, korrigierte Patience ihn. »Es war ein … protziges Stück.«
»Hm.« Whitticombe runzelte die Stirn. »Das bringt uns wirklich wieder zu unserer vorherigen Frage – was, um alles in der Welt, will jemand mit einem auffallenden Nadelkissen und einem billigen, ein wenig geschmacklosen Kamm anfangen?«
Henry biss die Zähne zusammen, Edmond trat von einem Fuß auf den anderen, Gerrard starrte Whitticombe an, der ihn mit kaltem, abschätzendem Blick betrachtete.
Neben Vane erstarrte Patience.
»Eigentlich«, meinte Whitticombe gedehnt, noch ehe einer von den anderen etwas sagen konnte, »habe ich mich gefragt, ob es nicht an der Zeit ist, dass wir das Haus durchsuchen.« Er sah Vane mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Was meinen Sie, Cynster?«
»Ich denke«, sagte Vane und hielt inne. Sein eisiger Blick glitt zu Whitticombes Gesicht, bis niemand in dem Kreis noch daran zweifelte, was er wirklich dachte. »… dass sich eine Durchsuchung als vergeblich erweisen wird. Abgesehen von der Tatsache, dass der Dieb ganz sicher von dieser Durchsuchung erfahren wird, ehe wir damit anfangen, und dass er Gelegenheit genug haben wird, sein Versteck aufzulösen oder die Sachen besser zu verstecken, besteht auch noch das Problem unseres augenblicklichen Aufenthaltsortes. Dieses Haus ist das Paradies jeder Elster, und auch das Gelände darum herum. Dinge, die in den Ruinen versteckt sind, werden vielleicht niemals gefunden.«
Whitticombes Miene wurde für einen Augenblick ausdruckslos, dann blinzelte er. »Äh … ja.« Er nickte. »Ich würde sagen, Sie haben Recht. Diese Dinge werden vielleicht niemals gefunden werden. Sehr wahr. Natürlich würde eine Durchsuchung des Hauses niemals ausreichen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden?« Mit einem flüchtigen Lächeln verbeugte er sich und ging wieder an seinen Platz.
Verwundert sahen alle ihm nach. Und dann blickten sie zu den Menschen, die sich um die chaise herum versammelt hatten. Timms winkte. »Patience!«
»Entschuldigen Sie mich.« Patience legte Vane kurz die Hand auf den Arm, dann ging sie hinüber zu der chaise , zu Mrs. Chadwick und Timms, die neben Minnie standen. Mrs.
Chadwick trat einen Schritt zurück. Patience kam näher und half Timms dabei, Minnie auf die Beine zu stellen.
Vane sah, wie Patience einen Arm um Minnie gelegt hatte und ihr zur Tür half.
Mrs. Chadwick machte Anstalten, ihr zu folgen, sie schob Angela vor sich her, dann ging sie um das Mädchen herum und wandte sich zu den Männern. »Minnie geht es nicht gut – Patience und Timms bringen sie ins Bett. Ich werde mitgehen und sehen, ob ich helfen kann.«
Mit diesen Worten schob sie die zögernde Angela aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen.
Vane starrte auf die geschlossene Tür und fluchte insgeheim. Heftig.
»Nun.« Henry zuckte mit den Schultern. »Wir sind uns also selbst überlassen, wie?« Er warf Vane einen Blick zu. »Sollen wir im Billardzimmer ein Revanche-Spiel machen, Cynster?«
Edmond blickte auf, Gerrard auch. Der Vorschlag fand offensichtlich ihre Zustimmung. Mit dem Blick auf der geschlossenen Tür hinter ihnen, zog Vane langsam die Augenbrauen hoch. »Warum nicht?« Er presste fest die Lippen zusammen, seine Augen waren unnatürlich dunkel, dann deutete er zur Tür. »Wie es scheint, haben wir heute Abend nichts anderes zu tun.«
Am nächsten Morgen kam Vane, noch immer mit einem grimmigen Gesichtsausdruck, die Treppe herunter.
Henry Chadwick hatte ihn beim Billard geschlagen.
Wenn er noch eine Bestätigung brauchte, wie sehr der augenblickliche Zustand mit Patience ihn beschäftigte, dann hatte er ihn gerade bekommen.
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