Der Liebestempel
dienstfreien Stunden gesehen. Sie sind beide dick befreundet,
aber Rafe spricht mit mir niemals über ihn.
Vielleicht weiß Bryant etwas über Mrs. Magnuson und ihren ermordeten Ehemann, das Ihnen
weiterhelfen könnte?«
»Ich werde ihn danach fragen«,
sagte ich.
»Ich bin eine Quelle der
Informationen«, sagte sie selbstzufrieden. »Da ist noch ein Mann, der zu
unseren kleinen Zusammenkünften kommt, ein Mr. Fenwick — >Nennen Sie mich Chuck< — , der groß und fett ist und sich für wichtig
hält. Er ist der Typ, bei dem ein Mädchen schnell realisiert, daß sie
eigentlich drei Hände braucht, um sich angemessen ihrer Haut zu wehren, und er
lacht die ganze Zeit. Meiner Ansicht nach hält er die Beerdigung seiner Mutter
für das Komischste, was es seit den Marx Brothers auf der Welt gegeben hat. Als Mrs. Magnuson zum erstenmal im Tempel erschien, begrüßte Fenwick sie wie ein alter Freund, fragte sie nach ihrem Mann und allem möglichen sonst,
aber sie servierte ihn so schnell ab, als ob er was Feuchtkaltes und Pelziges
sei, das ihr übers Gesicht kriecht. Danach bemühte er sich eine Weile gewaltig
um sie, aber solange Rafe in der Nähe war, nahm sie
nicht mal Fenwicks Existenz zur Kenntnis. Im übrigen ist das mit allen Frauen, die in den Tempel kommen,
dasselbe.«
»Wo kann ich also den lachenden
Chuck antreffen?«
»Er wohnt, glaube ich, irgendwo
in Valley Heights.« Sie lächelte wieder aufs süßeste. »Soll ich Ihnen helfen,
die Adresse aus dem Telefonbuch herauszusuchen — damit Sie nicht über die
schwierigen zweisilbigen Worte stolpern?«
»Kriegen Sie ein Gehalt im
Tempel, oder arbeiten Sie auf der Basis eines Gewinnanteils?«
»Was glauben Sie denn?«
»Gewinnanteil natürlich. Warum
würden Sie sich wohl sonst eine so verdammte Mühe geben, mir Kendall vom Leibe
zu halten, damit er nicht nervös und dumm wird?«
»Sie meinen, das sei der
einzige Grund, weshalb ich hier bin, Al?«
»Warum sonst?«
Sie seufzte leise. »In diesem
Augenblick bin ich, glaube ich, zu einer kleinen Geste der Enttäuschung
berechtigt.«
Sie trank ihr Glas leer und
warf es dann durchs Zimmer. Mit einem kleinen Knall zerschellte es an der
gegenüberliegenden Wand und versprühte einen Regen messerscharfer Splitter über
den Teppich. Justine stand auf und blieb, die Hände
auf die Hüften gestützt, vor mir stehen.
»Okay«, sagte sie leise. »Ich
möchte nicht, daß Sie Rafe Angst einjagen. Ich möchte
Ihnen helfen, Ihren Mörder zu erwischen, Al, und zwar so, daß der Tempel dabei
ungeschoren von irgendwelcher üblen Publicity bleibt. Aber es gibt noch einen
weiteren Grund, weshalb ich hier bin. Wie ich schon sagte, verfolgt Rafe konsequent die Politik, den einsamen Herzen niemals zu
erlauben, ihre Träume zu verwirklichen. Es ist manchmal schwer für ein
weibliches Wesen, wenn es auf beruflicher Basis einen attraktiven Mann
kennenlernt und trotzdem gezwungen ist, Rafes Vorschriften einzuhalten. Das bedeutet, daß jemand wie ich meine Entspannung
außerhalb des Tempels suchen und dabei äußerst vorsichtig bei der Auswahl
meiner Partner sein muß. Aber ein Polizeilieutenant —
was könnte es Respektableres geben?«
»Ja, was?« sagte ich heiser.
Ihre rechte Hand griff hinter
ihren Kopf und bastelte an dem großen Knoten herum, so daß er auseinanderfiel
und das blonde Haar wie ein Wasserfall über ihre Schultern fiel. Dann zog sie
den Reißverschluß des Silberkleides auf schlüpfte mit
den Armen heraus und ließ es auf den Boden fallen. Damit stand sie lediglich
mit einem glänzenden tief ausgeschnittenen Büstenhalter und Höschen bekleidet
da. Ich spürte, wie mein Kinn auf der Brust ruhte, brachte aber nicht die Kraft
auf, es dahin zurückzuhieven , wohin es gehörte. Justine glitt mit der sanften Majestät eines
Hochseeschiffs, das in Long Beach auf Dock fährt, auf meinen Schoß, und ich
fragte mich flüchtig, ob ich wohl die Flagge hissen müßte. Ihre Arme
umschlangen meinen Hals, und ihre funkelnden saphirblauen Augen blickten mich
aus einer Entfernung von etwa zwölf Zentimeter an.
»Hoffentlich finden Sie die
Idee nicht widerwärtig, Al?«
»Traktieren Sie mich nicht mit
dreisilbigen Worten. Sie wissen, daß ich schon genügend Mühe mit zweisilbigen
habe«, murmelte ich. »Wenn man sich gerade mitten in seinem Lieblingstraum
befindet und dann feststellt, daß man hellwach ist, braucht das eine gewisse
Zeit der Anpassung.« —
»Lassen Sie sich Zeit, sich anzupassen«,
sagte sie mit weicher
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