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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Mund war für
den frühen Nachmittag eine Spur zu rubinrot. Der Schopf roten Haars schmiegte
sich glatt und eng um Kopf und Ohren, und die Ponyfransen hingen ihr bis zu den
Brauen herab. Die Gesamtwirkung war sinnlich, leicht beeinträchtigt durch allzu
provozierenden Anstrich. Das rote Haar war ein gewisser Hinweis. Und falls ich
mich täuschte, wer wußte dann schon, daß ich eine Wette verloren hatte?
    »Cherie?« sagte ich.
    »Hallo!« Ihre breiten Lippen
verzogen sich zu einem warmen Lächeln. »Sie sprechen meinen Namen sogar richtig
aus. Die meisten Leute sprechen ihn zuerst falsch aus.«
    »Und nennen Sie Sherry?« Ich
lächelte zurück. »Leute wie Hank Magnuson vielleicht?«
    Das Lächeln verschwand von
ihrem Gesicht, als ob es nie dagewesen wäre; und sie versuchte, mir die Tür vor
der Nase zuzuschlagen, aber ich war ein trainierter Hausierer und hatte bereits
den Fuß dazwischengeklemmt .

FÜNFTES KAPITEL
     
    D ie Einrichtung des Wohnzimmers
entsprach genau der in einer fünf Jahre alten illustrierten Zeitschrift, und
die Zeit hatte die von vornherein vorhandene Glanzlosigkeit lediglich getrübt.
Sherry — was sollte ich mich gegen die übliche Aussprache wehren? — stand mit
unter dem weißen Bikinioberteil übereinandergeschlagenen Armen da, und ihre
grünen Augen starrten mich mit einer Mischung aus Furcht und Zorn an.
    »Sie und Hank Magnuson «, sagte ich. »Unten am Seeufer saßen Sie und
lachten über Rafe Kendall und sagten, er hätte ein
ganz helles Licht, solange er nur geführt würde.«
    »Ich weiß überhaupt nicht,
wovon Sie reden!« Ihre Stimme war gewollt monoton. »Sie mögen ein Polyp sein,
aber ich habe nach wie vor keine Ahnung, wovon — oder von wem — Sie reden.«
    »Jemand hat entschieden
gewünscht, ihn unter der Erde zu sehen«, fuhr ich fort. »Er bekam vier Kugeln
aus nächster Nähe in die Brust, und dann wurde seine Leiche ins Wasser gekippt.
Ich nehme an, daß er in dem Augenblick nicht gelacht hat — vielleicht hat er
Ausschau nach einem Licht gehalten, das ihn führt. Wie?«
    »Chuck muß jeden Augenblick
kommen«, sagte sie mit gepreßter Stimme. »Polyp hin,
Polyp her; er wird Sie ausgiebig vermöbeln, wenn er Sie hier bei mir antrifft.
Halten Sie es also nicht für besser...?«
    »Um Chuck kümmere ich mich
schon, sobald er kommt«, knurrte ich. »Im Augenblick möchte ich Näheres über
Sie und Hank Magnuson hören.«
    Ihr Gesicht zerfiel plötzlich
förmlich. »Hören Sie, ich erzähle Ihnen alles von Hank und mir, aber nicht
jetzt! Ich verspreche Ihnen, Sie im Büro des Sheriffs anzurufen, aber...«
    Sie erstarrte plötzlich, als
sich draußen die Haustür mit leisem Knarren öffnete. »Es ist zu spät!« Ihre
Augen wurden flehend. »Erwähnen Sie vor Chuck Hank und mich nicht — bitte! Ich
rufe Sie gleich morgen früh in Ihrem Büro an, ich verspreche es Ihnen.«
    Ich war eben im Begriff, den
Edelmütigen zu spielen und zu sagen, mir sei’s recht; aber dazu hatte ich keine
Gelegenheit mehr. Die Tür sprang auf, und ein Bursche trat ein, bei dessen
massiver Gestalt das Zimmer zu Kleiderschrankgröße zusammenzuschrumpfen schien.
Der Mann war um vierzig herum, knapp ein Meter neunzig groß und mochte nackt
seine zweihundert Pfund wiegen. Die fleckigen braunen Augen lagen tief in
seinem platten Gesicht — überragt von einem Schopf kurzen, strohigen hellbraunen
Haars — , und seine dicken Lippen waren zu einem Lächeln geöffnet, das weit
auseinanderstehende, sehr weiße Zähne entblößte. Auf den ersten Blick wirkte er
ungeachtet des eleganten Seidenanzugs, des superweißen Hemds und der
irisierenden, von einer Nadel mit großer Perle gehaltenen Seidenkrawatte wie
ein freundnachbarlicher Elefant mit verschmitzten Augen. Er warf dem Rotschopf
einen langen Blick zu, bedachte mich mit einem ebenso langen, und sein Lächeln
wurde noch breiter.
    »Hallo!« Er lachte freundlich.
»Sieht ganz so aus, als ob wir hier so was wie eine peinliche Situation
hätten?« Er trat in die Mitte des Zimmers, das Gewicht auf den Fußballen,
eifrig wie ein Kampfhahn. »Du hast wohl gerade noch Zeit gehabt, in deinen
alten kleinen Bikini zu schlüpfen, als du meinen Schlüssel im Türschloß gehört hast, was, Sherry?«
    »Chuck«, es klang, als ob die
Rothaarige gewisse Sprachschwierigkeiten hätte, »es ist nicht so, wie du
denkst, ehrlich. Das hier ist...«
    Zwei weitere Schritte brachten
sie in seine Reichweite, und er verpaßte ihr mit dem
Handrücken eine schallende

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