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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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Haus zurück, bevor du hier verschwunden bist und meine Schlampe von Tochter mitgenommen hast.«
    Sylvie flüchtete nach oben und alle Augen richteten sich auf Roy, der jetzt Kuchenkrümel in seinen kleinen Fäusten zerquetschte. Tom legte eine Tommy-Steele-Platte auf und rief: »Wer will was anderes?«, während ich mich auf den Weg zu Sylvies Zimmer machte.
    Sylvies Schluchzen war laut und heftig, aber als ich die Tür aufstieß, war ich überrascht, sie nicht ausgestreckt auf dem Bett zu finden, mit den Fäusten auf die Matratze schlagend. Stattdessen stand sie vor dem Spiegel, nackt bis auf die Unterwäsche, beide Hände auf dem Bauch. Ihr rosa Schlüpfer saß hinten etwas locker, aber ihr BH stand beeindruckend vor. Sylvie hatte den üppigen Busen ihrer Mutter geerbt.
    Als sie mich im Spiegel bemerkte, schniefte sie laut.
    »Geht’s dir gut?«, begann ich und legte eine Hand auf ihre Schulter.
    Sie sah weg, ihr Kinn bebte vor Anstrengung, ein weiteres Schluchzen zu unterdrücken.
    »Kümmer dich nicht um deinen Dad. Er hat überreagiert. Er verliert heute eine Tochter.«
    Sylvie schniefte noch einmal und ließ die Schultern hängen. Ich streichelte ihren Arm, während sie weinte. Nach einer Weile sagte sie: »Es muss schön für dich sein.«
    »Was?«
    »Lehrerin zu sein. Zu wissen, was man sagen soll.«
    Das überraschte mich. Sylvie und ich hatten eigentlich nie über meine Arbeit gesprochen; meistens hatten sich unsere Gespräche um Roy oder Filme, die wir gesehen hatten, oder Platten, die sie gekauft hatte, gedreht. Wir hatten uns seltener gesehen, seit ich an der Schule angefangen hatte, und vielleicht nicht nur, weil ich wenigerZeit hatte und sie mit Roy beschäftigt war. Es war wie zu Hause; ich fühlte mich nie ganz wohl dabei, wenn ich über die Schule sprach, über meinen
Beruf,
wie ich nicht zu sagen wagte, denn kein anderer hatte die geringste Ahnung vom Unterrichten. Für meine Eltern und Brüder waren Lehrer Feinde. Keiner von ihnen war gerne zur Schule gegangen, und obwohl sie sich insgeheim über meinen Erfolg am Gymnasium gefreut hatten, auch wenn es sie ein bisschen irritiert hatte, war meine Entscheidung, Lehrerin zu werden, auf fassungsloses Schweigen gestoßen. Das Letzte, was ich sein wollte, war, was meine Eltern verachteten: eine hochnäsige Angeberin. Und so erzählte ich nie etwas davon, was ich tagsüber machte.
    »Ich weiß nicht immer, was ich sagen soll, Sylvie.«
    Sylvie zuckte mit den Schultern. »Aber nicht mehr lange und du kannst dir eine eigene Wohnung nehmen, oder? Du verdienst anständiges Geld.«
    Es stimmte; ich hatte angefangen, Geld zu sparen, und mir war der Gedanke gekommen, dass ich ein Zimmer mieten könnte, vielleicht in einer der breiten Straßen im Norden Brightons näher an den Downs oder vielleicht sogar an der Küste in Hove, aber der Gedanke, allein zu leben, behagte mir nicht. Frauen lebten damals nicht allein. Nicht, wenn sie nicht mussten.
    »Du und Roy werdet auch eine eigene Wohnung haben.«
    »Ich würde gerne meine eigene Wohnung haben, damit ich tun kann, was ich will, verdammt noch mal.«
    Ich bezweifelte das und sagte mit sanfter Stimme: »Aber du bist jetzt mit Roy zusammen. Ihr werdet eine Familie sein. Das ist viel besser, als allein zu sein.«
    Sylvie wandte sich von mir ab und setzte sich auf den Bettrand. »Hast du ein Taschentuch?«, fragte sie und ich gab ihr meines. Sie putzte sich laut die Nase. Ich saß neben ihr und sah zu, wie sie ihren Ehering abnahm, dann wieder aufsetzte. Es war ein breiter dunkelgoldenerRing und Roy hatte einen dazu passenden, was mich überraschte. Ich hätte nicht gedacht, dass er ein Mann war, der Schmuck trug.
    »Marion«, sagte sie, »ich muss dir etwas sagen.« Sie neigte sich nah zu mir und flüsterte: »Ich hab gelogen.«
    »Gelogen?«
    »Ich erwarte kein Baby. Ich hab ihn angelogen. Alle.«
    Ich starrte sie verständnislos an.
    »Wir haben es gemacht und alles. Aber ich bin nicht schwanger.«
    Sie legte eine Hand auf den Mund und lachte schrill. »Ist das nicht lustig?«
    Ich dachte an Roys geöffneten Mund, voller Torte, daran, mit welchem Eifer er Sylvie auf der Rollschuhbahn herumgeschoben hatte, dass er nicht wusste, was ein interessantes Gesprächsthema war und was nicht. Was für ein absoluter Dummkopf er war.
    Ich blickte auf Sylvies Bauch. »Du meinst – da ist nichts …?«
    »Nichts drin. Also nur meine Organe.«
    Da fing ich auch an zu kichern. Sylvie biss sich in die Hand, um nicht zu laut zu

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