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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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wunderbar.«
    »Und es gibt da auch Skulpturen und Aquarelle, obwohl mir die nicht so gefallen haben, und Zeichnungen, die unvollendet aussehen, aber ich glaube, sie sollen so sein … und alles Mögliche.«
    Jetzt klapperten meine Zähne, aber ich lächelte weiter, sicher würde eine Einladung folgen.
    Tom lachte und schlug mir auf die Schulter. »Tut mir leid, Marion. Du frierst. Ich sollte dich nicht vom Anziehen abhalten.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs nasse Haar. »Nächsten Samstag um dieselbe Zeit?«
    Es war jede Woche das Gleiche, Patrick. Wir unterhielten uns –damals konnten wir uns gut unterhalten – und dann verschwand er in die Stadt und ließ mich nass und frierend zurück, nur mit der Aussicht, Albion Hill hinaufzutrotten und das Wochenende mit meiner Familie zu verbringen. Manchmal traf ich mich samstagabends oder sonntagnachmittags mit Sylvie im Kino, aber meistens beanspruchte Roy ihre Zeit. Also verbrachte ich die meisten Wochenenden auf meiner Daunendecke und las oder bereitete den Unterricht der nächsten Woche vor. Ich verbrachte auch viel Zeit auf der Fensterbank, blickte in unseren winzigen Garten und erinnerte mich an das Gefühl, von Tom im Wasser gehalten zu werden. Gelegentlich bemerkte ich dabei eine Bewegung der Gardinen eines Nachbarn und fragte mich, wann alles anfangen würde.
    Kurz danach gaben Sylvie und Roy ihren Hochzeitstermin bekannt. Sylvie bat mich, Brautjungfer zu sein, und obwohl Fred mich damit aufzog, dass ich eigentlich Trauzeugin sein sollte, freute ich mich auf das Ereignis. Ein ganzer Nachmittag mit Tom.
    Niemand benutzte das Wort
Mussheirat
und Sylvie hatte sich mir nicht anvertraut, aber man ging allgemein davon aus, dass die eiligen Vorbereitungen bedeuteten, dass Sylvie in anderen Umständen war, und ich nahm an, das war der Grund, warum Roy überredet worden war, den Gang zum Altar von All Saints anzutreten. Mr Burgess’ Gesicht, dunkelrot und mit krampfhaftem Grinsen, deutete zweifellos darauf hin. Und statt einer kunstvollen dreistöckigen Torte und Pomagne Cider, wie Sylvie und ich oft besprochen hatten, gab es einen Empfang mit Fleischwurstpasteten und Bier für alle im Haus der Burgess’.
    Du hättest gelacht, Patrick, wenn du mich in meinem Brautjungfernkleid gesehen hättest. Sylvie hatte es von einer Kusine geliehen, die kleiner war als ich, und das Ding reichte mir kaum bis an die Knie und war um die Taille herum so eng, dass ich einen Playtex-Hüfthalter tragen musste, um den Reißverschluss im Rückenzu schließen. Es war blassgrün, die Farbe von gezuckerten Mandeln, und ich weiß nicht, woraus es gemacht war, aber es raschelte leise, als ich Sylvie in die Kirche folgte. Sylvie sah zerbrechlich aus in ihrem Brokatkleid und dem kurzen Schleier; ihr Haar war weißblond und trotz der Gerüchte gab es kein Anzeichen, dass sie um die Taille dicker geworden war. Sie muss gefroren haben: Es war Anfang November und bitterkalt. Wir trugen beide kleine Sträuße aus bräunlichen Chrysanthemen.
    Als ich den Mittelgang entlangging, sah ich Tom, der in der ersten Bankreihe saß, sich sehr gerade hielt und an die Decke starrte. Es war ungewohnt, ihn in grauem Flanellanzug statt Badeshorts zu sehen, und ich lächelte bei dem Gedanken, dass ich den Körper unter dem steifen Kragen und der Krawatte gesehen hatte. Ich starrte ihn an und sagte mir:
Wir werden die Nächsten sein.
Und plötzlich sah ich alles vor mir: Wie Tom am Altar auf mich wartete, wie er sich lächelnd über die Schulter umsah, als ich die Kirche betrat, meine roten Haare im Licht des Eingangs aufleuchteten.
Wieso hast du so lange gebraucht?,
würde er mich aufziehen und ich würde antworten:
Auf das Beste lohnt es sich zu warten.
    Tom sah mich an. Ich riss den Blick von ihm los und versuchte, mich stattdessen auf Mr Burgess’ schwitzenden Nacken zu konzentrieren.
    Auf der Hochzeit waren alle betrunken, aber Roy war betrunkener als die meisten. Und Roy war nicht jemand, dem man es kaum anmerkte, wenn er betrunken war. Er lehnte an der Anrichte in Sylvies Wohnzimmer, aß große Stücke Hochzeitstorte und starrte seinen Schwiegervater an. Kurz zuvor hatte er Mr Burgess’ regungslosen Rücken angeschrien: »Lass mich bloß in Ruhe, alter Mann!«, und dann hatte er sich zur Anrichte zurückgezogen, um sich vollzustopfen. Jetzt war es still im Zimmer und niemand rührte sich, als Mr Burgess seinen Hut und Mantel nahm, in der Tür standund in ruhigem Ton sagte: »Ich komme nicht eher in dieses

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