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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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drei: Da war er, ging gerade vom Häuschen los. Ich beeilte mich, um ihn einzuholen, aber ich lief nicht. Ich ging eine Weile hinter ihm – in einem Abstand von ungefähr hundert Metern–, betrachtete seine schlanke Taille, seine blassen Handgelenke, als er mir zuwinkte, als er mit großen Schritten die Straße hinunterging. Ihm etwas zuzurufen wäre grob gewesen. Unerwünscht. Aber ich konnte wirklich nicht schneller gehen. Schließlich ist er Polizist; ich glaube nicht, dass es ihm gefallen würde, von irgendjemandem beschattet zu werden.
    Also ließ ich ihn gehen. Ein ganzes Wochenende des Wartens lag vor mir. Ich hatte natürlich nicht daran gedacht, dass Polizisten sich nicht an die Arbeitszeiten von einfachen Sterblichen halten, und war überhaupt nicht darauf vorbereitet, ihm in der St. Georges Road zu begegnen, als ich unterwegs war, um mir eine Zeitung zu kaufen. Der Tag: Samstag. Die Zeit: circa elf Uhr dreißig. Wiederein warmer Tag Anfang September, strahlend hell. Er kam auf mich zu, am Rand des Gehsteigs. Sobald ich die Uniform sah, ging mein Puls schneller. So war es mir die ganze Woche gegangen – beim Anblick einer Polizeiuniform wurde mir ganz heiß. Wenn das so weiterging, konnte es gefährlich werden.
    Ich dachte: Ich blicke kurz in seine Richtung, und wenn er mich nicht ansieht, ist es zu Ende. Ich überlasse es ihm. Er kann den Blick erwidern oder weitergehen. Aus jahrelanger Erfahrung weiß ich, dass es am sichersten ist, sich so zu verhalten. Am besten keinen Ärger herausfordern, dann bekommt man auch keinen. Und den Blick eines Polizisten unbedingt auf sich ziehen zu wollen, ist eine besonders riskante Angelegenheit.
    Ich warf ihm also einen kurzen Blick zu. Und er sah mich direkt an.
    »Morgen, Mr Hazlewood«, sagte er.
    Kein Zweifel, dass ich strahlte, als wir dastanden und ein paar Nettigkeiten über das milde Wetter austauschten. Seine Stimme ist hell. Nicht hoch, aber keine ernste Polizistenstimme. Sie war leise und weich, wie sehr guter Pfeifenrauch.
    »Ruhiger Morgen bisher?«, fragte ich. Er nickte.
    »Keine Probleme mehr mit unserer Fahrradfahrerin?«
    Er lächelte ein bisschen, schüttelte den Kopf.
    »So macht die Arbeit vermutlich am meisten Spaß«, sagte ich und versuchte, unsere Unterhaltung in die Länge zu ziehen. »Einfach herumzuspazieren, wenn alles in Ordnung ist.«
    Er sah mich an und machte plötzlich ein ernstes Gesicht. »Oh nein. Ich brauche einen Fall. Niemand nimmt einen ernst, bevor man nicht einen Fall gehabt hat.«
    Ich glaube, er versucht, ein ernsthafter junger Mann zu sein. Er möchte unbedingt Eindruck machen, das Richtige sagen. Das passt nicht ganz zu seinem Grinsen, zu dem Temperament hinter der Uniform, das ich spüre.
    Es entstand eine Pause, bevor er fragte: »Was sind Sie – von Beruf?«
    Er hat einen hübschen Brightoner Akzent, überhaupt kein Upperclass-Englisch, ändert daran auch nicht das Geringste aus Rücksicht auf mich.
    »Ich arbeite im Museum. In der Kunstsammlung. Und ich male, ein bisschen.«
    Seine Augen leuchteten auf. »Sie sind ein Künstler?«
    »Sozusagen. Aber das ist nicht im Entferntesten so spannend wie Ihre Arbeit. Dafür zu sorgen, dass es friedlich ist. Die Straßen sicher machen. Kriminelle aufgreifen …«
    Es entstand wieder eine Pause, bevor er lachte. »Sie machen Witze.«
    »Nein. Das meine ich vollkommen ernst.« Ich sah ihn direkt an und er blickte weg, murmelte etwas wie, dass er weitermüsse, und wir trennten uns.
    Es bewölkte sich. Den ganzen Tag machte ich mir Sorgen, dass ich eine Grenze überschritten hatte, dass ich zu viel gesagt hatte, zu einschmeichelnd war, zu eifrig. Am Sonntag regnete es und ich verbrachte die Zeit damit, aus dem Fenster auf das glatte, graue Meer zu blicken, schlecht gelaunt, weil ich meinen Polizisten verloren hatte.
    In schlechter Laune bin ich richtig gut. Das war schon in der Schule so.
    Montag. Tag sechs. Nichts. Als ich durch Kemp Town gehe, senke ich den Kopf, weil ich nicht durch irgendeine Art von Uniform in Aufregung geraten will.
    Dienstag. Der siebte Tag. Als ich die St. Georges Road entlanggehe, höre ich Schritte hinter mir, schnell und zielstrebig. Instinktiv wollte ich die Straße überqueren, hielt aber an, als ich eine Stimme hörte.
    »Morgen, Mr Hazlewood.«
    Unverkennbar der Pfeifenrauchklang. Ich war so überrascht, dass ich mich sofort herumdrehte und sagte: »Bitte. Sagen Sie Patrick zu mir.«
    Da war wieder das Grinsen, das sich für Polizisten nicht

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