Der Liebhaber meines Mannes
fester kleiner Arsch.
Ich sah Charlie an, der in Gelächter ausbrach. »Dein Gesicht«, gluckste er.
»Ist er dein … Diener?«
»Er ist, was ich gerade will.«
»Weiß
er
das?«
»Natürlich.« Charlie setzte sich in den Sessel am Kamin und fuhr sich mit der Hand durch seine schwarzen Haare. Ein paar graue Strähnen inzwischen, aber immer noch dick. Er erzählte mir in der Schule immer, dass seine Haare Scheren stumpf machten. Das konnte ich mir gut vorstellen. »Es ist wirklich wunderbar. Eine für beide Seiten befriedigende Regelung.«
»Wie lange …«
»Das schon geht? Oh, ungefähr vier Monate jetzt. Ich rechne ständig damit, dass es mir langweilig wird. Oder ihm. Aber das ist einfach noch nicht eingetreten.«
Jim kam mit den Drinks wieder herein und wir verbrachten eine angenehme Stunde zusammen. Hauptsächlich erzählte Charlie Geschichten von Leuten, die ich lange nicht gesehen hatte oder nicht kannte. Es machte mir nichts aus. Obwohl Jims Anwesenheit mich daran hinderte, über meinen Polizisten zu sprechen, war es schön, die beiden zu beobachten, wie ungezwungen sie miteinander waren. Charlie, wie er gelegentlich Jims Hals berührte, Jim, wie er dann sein Handgelenk ergriff. Während ich sie ansah, gab ich mich einer kleinen Fantasie hin. Stellte mir vor, ich könnte so mit meinem Polizisten zusammenleben. Wir könnten abends mit Freunden plaudern, zusammen etwas trinken, uns benehmen, als wären wir – verheiratet.
Trotzdem war ich froh, als Charlie mich alleine zur Tür brachte.
»War schön, dich zu sehen«, sagte er. »Du siehst besser aus denn je.«
Ich lächelte.
»Wie heißt er?«
Ich sagte es ihm. »Er ist Polizist«, fügte ich hinzu.
»Zum Teufel«, sagte Charlie. »Was ist aus dem vorsichtigen alten Hazlewood geworden?«
»Ich habe ihn begraben«, sagte ich.
Charlie zog die Tür hinter sich zu und wir gingen die Treppe hinunter auf die Straße. »Patrick«, sagte er, »ich will nicht väterlich erscheinen, aber …« Er unterbrach sich. Legte sanft die Hand um meinen Hals und zog mein Gesicht nah an seins. »Ein
Polizist?«,
zischte er.
Ich lachte. »Ich weiß. Aber er ist kein Durchschnittspolizist.«
»Offensichtlich nicht.«
Es herrschte für kurze Zeit Schweigen. Charlie ließ mich los. Zündete uns beiden eine Zigarette an. Wir lehnten am Geländer und bliesen den Rauch in die Nacht. Wie beim Fahrradunterstand in der Schule, dachte ich.
»Wie ist er denn?«
»Anfang zwanzig. Intelligent. Athletisch. Blond.«
»Verdammt«, sagte er grinsend.
»Das ist es, Charlie.« Ich konnte nicht anders. »Das ist es wirklich.«
Charlie runzelte die Stirn. »Jetzt werde ich wirklich väterlich. Sei vorsichtig.«
Ein Funke Wut glimmte in mir auf. »Warum sollte ich?«, fragte ich. »Du bist es auch nicht. Deiner lebt bei dir.«
Charlie drückte seine Zigarette im Rinnstein aus. »Ja, aber … das ist was anderes.«
»Wieso anders?«
»Patrick. Jim ist mein
Angestellter.
Die Regeln sind klar, für uns und für den Rest der Welt. Er lebt unter meinem Dach und ich bezahle ihn für … seine Dienste.«
»Willst du damit sagen, dass es nur ein finanzielles Arrangement ist? Nicht mehr?«
»Natürlich nicht. Aber für Außenstehende könnte es so sein.
Auf diese Art ist es unmissverständlich, oder nicht? Alles andere ist … vollkommen unmöglich. Das weißt du.«
Nachdem wir uns verabschiedet hatten und er wieder die Treppe zum Haus hinaufging, rief ich: »Wart’s ab. Nächstes Jahr um diese Zeit wohnt er bei mir.«
Und in dem Moment, glaubte ich wirklich, was ich sagte.
12. NOVEMBER 1957
IMMER NOCH FROST auf den Gehwegen. Aus dem Gasofen strömt Rauch in mein Büro. Ich trage einen Pullover unter dem Jackett. Jackie zittert geräuschvoll bei jeder Gelegenheit. Und er ist wiedergekommen.
Die Zeit: sieben Uhr dreißig. Der Tag: Dienstag. Ich saß in der Wohnung und aß gerade einen Teller Gulasch zu Ende. Und plötzlich schrillte die Klingel. DUM-De ging mein Herz, aber nur einmal. Ich hatte mir schon fast angewöhnt, nicht mehr damit zu rechnen, dass er herkäme.
Aber da war er. Er sagte nichts, als ich öffnete. Ich blickte ihn kurz an, bevor er nach unten sah.
»Es ist Dienstag, oder?«, sagte er. Er klang ruhig, fast kühl.
Ich führte ihn herein. Diesmal hatte er keine Uniform dabei und einen langen grauen Mantel an, den ich ihm abnehmen durfte, sobald wir drinnen waren. Das Kleidungsstück war groß genug, um als Baldachin zu dienen, unter dem man Schutz fand,
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