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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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Roy, ungerahmt, an ihrem Hochzeitstag. Sylvies niedergeschlagene Augen ließen sie noch jünger aussehen, als sie war.
    »Eigentlich nicht«, log ich.
    »Also. Das ist gut. Ich möchte nämlich, dass du es vergisst. Ich meine, keiner von uns dachte, dass er heiraten würde, und jetzt bist du da … «
    Es war kurz still. Nachdem ich mich beruhigt hatte, indem ich mich auf das Foto von Sylvies Hochzeit konzentriert hatte, sagte ich: »Ja. So ist es.«
    Sylvie schien aufzuatmen. »Dann muss er sich geändert haben oder vielleicht haben wir uns geirrt oder so, aber wie auch immer, ich möchte, dass du es vergisst, Marion. Es ist mir sehr peinlich.«
    Ich sah sie an. Obwohl ihr Gesicht rosig und aufgedunsen war, war es immer noch attraktiv, und ich saß wieder auf der Bank und hörte ihr zu, wie sie mir erzählte, dass Roy sie berührt hatte und dass ich jede Hoffnung aufgeben müsste, jemals die Zuneigung ihres Bruders zu gewinnen.
    »Ich weiß nicht mal mehr, was du gesagt hast«, behauptete ich. »Also lassen wir das Thema, okay?«
    Wir saßen eine Weile schweigend da. Ich konnte fühlen, wie Sylvie nach den richtigen Worten suchte. Schließlich sagte sie: »Bald sind wir beide verheiratete Frauen und schieben unsere Kinderwagen die Strandpromenade entlang.« Aus irgendeinem Grund schien meine Verärgerung durch diese Äußerung noch größer zu werden.
    Ich stand auf. »Eigentlich habe ich vor, weiter in der Schule zu arbeiten, deshalb werden wir Kinder noch ein bisschen aufschieben.« Die Wahrheit war, dass Kinder in meinen Tagträumen über die Ehe mit Tom überhaupt nicht vorgekommen waren. Ich hatte nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen. Ich hatte mir nie vorgestellt, dass ich einen Kinderwagen schob. Ich hatte mir nur vorgestellt, dass ich an seiner Seite war.
    Mit der Ausrede, dass ich früh aufstehen müsste wegen der Vorbereitungen für die Hochzeit, holte ich meinen Mantel. Sylvie sagte nichts. Sie ging mit mir in den kalten Korridor und beobachtete schweigend, wie ich auf den Aufzug wartete.
    Als sich die Türen des Aufzugs öffneten, blickte ich mich nicht um, um mich zu verabschieden, aber Sylvie rief: »Bring Tom dazu, herzukommen, machst du das?« Ohne mich umzusehen, brummte ich meine Zustimmung.
    »Und Marion?«
    Ich hatte keine Wahl, ich musste den Aufzug anhalten und warten. »Ja?«, fragte ich, den Blick auf den Knopf gerichtet, auf dem »Erdgeschoss« stand.
    »Viel Glück.«
    Unsere »Flitterwochen« waren eine Nacht im Old Ship Hotel. Wir hatten vage davon gesprochen, irgendwann ein paar Tagen in Weymouth zu verbringen, aber da Tom eine ganze Weile noch keinen Urlaub nehmen konnte, würde das warten müssen.
    Wenn es auch nicht das Grand war, so hatte das Ship doch die Art von dezentem Glanz, der mich damals beeindruckte. Wir verstummten beide, als wir uns durch die Drehtür aus Glas in die Lobby schoben. Der mit dickem Teppich bedeckte Fußboden knarrte und ächzte unter unseren Füßen und ich verkniff mir die Bemerkung, dass es sogar
klang
wie ein altes Schiff. Toms Vater hatte das Zimmer und das Abendessen bezahlt. Es war sein Hochzeitsgeschenk. Wir hatten beide noch nie eine Nacht in einem Hotel verbracht und ich glaube, wir waren beide ein bisschen panisch, weil wir nicht wussten, wie man sich an solchen Orten benahm. In den Filmen, die ich gesehen hatte, gab es Pagen, die das Gepäck trugen, und Empfangschefs, die Angaben zur Person aufnahmen, aber an diesem Nachmittag war es ganz still im Ship. Ich hatte einen kleinen Koffer, in den ich mein neues spitzenbesetztes Nachthemd gepackt hatte, blass aprikosenfarben, extra für diesen Anlass gekauft. Ich hatte das Hochzeitskleid schon gegen einen türkisfarbenen Wollrock und Twinset mit Boucléjacke getauscht und fand mich schick genug. Meine Schuhe waren nicht neu und an den Zehen stark abgewetzt, aber ich versuchte, nicht daran zu denken. Tom hatte nur eine Leinentasche bei sich und ich wünschte, er hätte einen Koffer genommen, um passender auszusehen. Aber, dachte ich, so waren Männer eben. Sie reisten mit leichtem Gepäck. Machten keine Umstände.
    »Sollte hier nicht jemand sein?«, fragte Tom und blickte sich angestrengt nach einem Lebenszeichen um. Er ging zur Rezeption und legte beide Hände auf die glänzende Oberfläche. Eine goldene Klingel befand sich ganz in der Nähe seiner Hand, aber er berührte sie nicht. Stattdessen wartete er, trommelte mit den Fingern auf die Holzplatte und starrte auf die verglaste Tür

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