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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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die Beichte bat.
    Es entstand eine Pause, während der er registrierte, was geschah.
    Dann, zuerst prüfend, ob die Luft rein war, packte er mich am Kragen, zog mich hinein und schlug die Tür zu. »Was zum Teufel spielst du für ein Spiel?«, zischte er.
    Ich klopfte mir den Schmutz von der Kleidung. »Ich weiß, ich weiß …«
    »Reicht es nicht, dass ich einen Anschiss bekomme, weil ich zu spät gekommen bin? Musst du alles noch schlimmer machen?« Er blies die Wangen auf und hielt sich die Stirn.
    Ich entschuldigte mich, lächelte. Während ich ihm Zeit gab, den Schock, mich zu sehen, zu überwinden, sah ich mich um. Es war ziemlich düster da drinnen, aber es gab eine elektrische Heizung in der Ecke und auf dem Bord standen eine Brotdose und eine Thermosflasche. Ich stellte mir vor, wie seine Mutter ihm Dreiecke aus weißem Brot mit Fleischpaste schnitt, und wieder wallte die Liebe für ihn in mir auf.
    »Willst du mir keinen Tee anbieten?«, fragte ich.
    »Ich bin im Dienst.«
    »Oh«, sagte ich, »ich auch. Na ja. Ich sollte es sein. Ich habe mich aus dem Büro geschlichen.«
    »Das ist etwas völlig anderes. Du kannst gegen die Regeln verstoßen, ich nicht.« Als er das sagte, ließ er den Kopf hängen wie ein schmollender Junge.
    »Ich weiß«, sagte ich. »Tut mir leid.« Ich streckte die Hand aus, um seinen Arm zu berühren, aber er wich aus.
    Es entstand eine Pause. »Ich bin hergekommen, um dir das zu geben«, ich hielt ihm einen Satz Schlüssel für meine Wohnung hin. Ich habe sie als Ersatz im Büro. Eine plötzliche Eingebung. Eine Entschuldigung. Um ihn für mich zu gewinnen. »Dann kannst du kommen, wann du willst. Selbst wenn ich nicht da bin.«
    Er sah die Schlüssel an, machte aber keine Anstalten, sie zu nehmen. Also legte ich sie aufs Bord neben die Thermosflasche. »Dann geh ich jetzt«, seufzte ich. »Ich hätte nicht kommen sollen.
    Tut mir leid.« Aber statt mich zur Tür zu wenden, griff ich nach dem obersten Knopf seiner Jacke. Ich hielt ihn fest, spürte ihn kühl zwischen meinen Fingern. Ich öffnete ihn nicht, hielt ihn nur, bis er in meinen Fingern warm geworden war.
    »Es ist nur«, sagte ich, während ich zum nächsten Knopf überging und ihn festhielt, »ich kann scheinbar … «
    Da er sich nicht rührte und keinen Laut von sich gab, ging ich zum nächsten Knopf über: »… nicht aufhören, daran zu denken…«
    Nächster Knopf: »…wie schön du bist.«
    Sein Atem wurde schneller, als ich mich weiter nach unten arbeitete, und als ich den letzten Knopf erreichte, fasste er mich an der Hand. Behutsam führte er zwei meiner Finger in seinen geöffneten Mund. Seine Lippen waren so heiß an diesem kalten Tag. Er saugte und saugte, nahm mir den Atem. Er ist verrückt nach mir, ich weiß es. Genau so wie ich nach ihm.
    Dann nahm er meine Finger aus dem Mund, presste sie gegen seine Leiste und fragte: »Kannst du teilen?«
    »Teilen?«
    »Kannst du mich teilen?«
    Ich spürte, wie er steif wurde, und nickte. »Wenn es sein muss. Ja. Ich kann teilen.«
    Und dann war ich vor ihm auf den Knien.

III

 
PEACEHAVEN, NOVEMBER 1999
    WÄHREND ICH BEOBACHTE , wie du durchs Fenster dem Regen zusiehst, frage ich mich, ob du dich an den Tag erinnerst, an dem Tom und ich geheiratet haben, wie es geregnet hat, als würde es nie aufhören. Wahrscheinlich ist der Tag für dich wirklicher als dieser Mittwoch im November Ende des 20. Jahrhunderts in Peacehaven, an dem es keine Abwechslung zum Grau des Himmels oder dem Heulen des Windes an den Fenstern gibt. Mir erscheint er jedenfalls wirklicher.
    Der 29. März 1958. Mein Hochzeitstag, und es regnete und regnete. Nicht nur ein Frühlingsschauer, der Kleider feucht und Gesichter frisch machen konnte, sondern ein absoluter Wolkenbruch. Als ich aufwachte, hämmerte der Regen auf unser Dach, rauschte die Regenrinne hinunter. Damals schien es Glück zu versprechen, eine Art Taufe für ein neues Leben. Ich lag im Bett und stellte mir reinigende Sturzbäche vor, dachte an shakespearische Heldinnen, die an fremden Küsten gestrandet waren, ihr bisheriges Leben weggespült, und schöne neue Welten betraten.
    Wir waren nur kurz verlobt – weniger als einen Monat. Tom schien ganz wild darauf, die Sache voranzutreiben, und ich natürlich auch. Rückblickend habe ich mich oft über die Eile gewundert. Damals war es aufregend, sich kopflos in eine Heirat zu stürzen, und es war auch schmeichelhaft. Aber jetzt habe ich den Verdacht, dass er es hinter sich bringen

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