Der Lilienpakt
raschen Handbewegung ab. Erst jetzt sah ich, dass er einen Kettenhandschuh trug. Offenbar hatten sie mit so etwas gerechnet. Ich verfluchte Pascal aufs Tiefste und hoffte, dass er in der Hölle schmorte.
Plötzlich wurde meine Stute von zwei Pferden eingekeilt. Ehe ich etwas tun konnte, packten mich zwei Paar Hände. Eine Hand drückte mein Handgelenk so fest, dass ich meinen Degen fallen lassen musste.
»Eure Waffe bekommt Ihr wieder, wenn Ihr zur Besinnung gekommen seid«, sagte der Mann. Ein Sack wurde mir über den Kopf gestülpt. Obwohl ich strampelte und um mich schlug, zogen mich die Männer aus dem Sattel.
»Zieht ihr eins über, wenn sie sich zu schlimm gebärdet«, riet einer der Reiter. Diese Stimme kannte ich! Sie gehörte dem Capitan.
Das machte mich so zornig, dass ich trotz des Sackes den Arm eines der Männer zu fassen bekam und hineinbiss. Der Mann schrie auf, dann traf mich etwas Hartes am Hinterkopf. Dunkelheit umfing mich.
13
Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem vornehmen Zimmer mit roten Damasttapeten und Fenstern aus venezianischem Glas, durch das die Abenddämmerung fiel. Der Geruch von Weihrauch stieg mir in die Nase, doch er übertünchte einen Gestank, der mir nur allzu bekannt vorkam. War ich wieder in Paris?
Aufstehen konnte ich allerdings nicht, denn ich war an einen Stuhl gefesselt. Als ich an mir hinabblickte, entdeckte ich dicke Seile. Offenbar glaubten die Männer, ich hätte die Stärke eines Ochsen.
Obwohl ich wusste, dass ich nicht gegen die Seile ankommen würde, versuchte ich doch, an ihnen zu zerren. Vergeblich.
Ich stieß einen Fluch aus, dann kamen mir wieder Jules, Aramitz und Nancy in den Sinn. Was war aus ihnen geworden. Hatten die Männer sie getötet? Das war wahrscheinlich.
Beim Gedanken daran fing ich gequält zu schluchzen an. Wieder einmal hatte ich alle Menschen, die ich geliebt oder gemocht hatte, verloren.
Eine Weile weinte ich vor mich hin, dann vernahm ich Schritte. Das mussten die Männer sein, die mich entführt hatten. Was würden sie mit mir anstellen? Mich grausam foltern? Oder mich doch dem Teufel opfern, dem sie huldigten?
Ich hätte mir gern die Tränen vom Gesicht gewischt, aber das war unmöglich. Doch immerhin hörte ich auf der Stelle auf zu weinen. Der Hass auf meine Häscher überlagerte kurz die Trauer um meinen geliebten Jules und die letzten beiden Männer, die meine Sicherheit hatten garantieren wollen.
Als die Tür geöffnet wurde, waren meine Tränen noch nicht getrocknet und ich ärgerte mich darüber.
Obwohl ich mich brennend dafür interessierte, wer meine Feinde waren, tat ich ihnen nicht den Gefallen, mir den Kopf zu verrenken. Wenn sie etwas wollten, würden sie schon vor mich treten müssen.
Diesen Gefallen tat mir zumindest einer von ihnen.
»Sieh einer an, welches Vöglein uns da ins Netz gegangen ist«, sagte er seelenruhig und baute sich vor mir auf. Obwohl er einen Mantel und keine Soutane trug, erinnerte mich seine Haltung und die Art, wie er die Hände vor dem Körper faltete, an einen Geistlichen.
»Ich nehme an, es ist die Comtesse d’Autreville?« Ich blickte nicht zu der Kapuze auf, die sein Gesicht verbarg. Ich starrte nur auf seine Hände. »Nun, soll ich dir sagen, wer du wirklich bist?« Sein Tonfall ließ mich aufhorchen. Er klang falsch und hinterlistig. Der große Donnerschlag kam gewiss noch.
Ich täuschte mich nicht. »Eine Abscheulichkeit bist du!«, fuhr mich der Mann plötzlich an. Ich zuckte zurück und schwankte einen Augenblick auf dem Stuhl. »Der Bastard einer französischen Königin und eines englischen Herzogs! Ein Kind wie dich hätte es niemals geben dürfen!«
Plötzlich zog er unter seinem Mantel einen Dolch hervor. Die Klinge blitzte vor mir auf, zu schnell, als dass ich hätte reagieren können. Doch selbst wenn ich es vorausgeahnt hätte, was hätte ich tun sollen?
Ich schnappte erschrocken nach Luft und zerrte an meinen Fesseln. Todesangst erfüllte mich.
Der Kapuzenträger lächelte teuflisch.
»Doch nun, da die Jahre ins Land gezogen sind, habe ich erkannt, dass du noch von Nutzen für uns sein könntest. Vorausgesetzt, du bist gewillt, dich unseren Zielen anzuschließen.«
»Eure Ziele?« Meine Stimme brach. Was konnten die Ziele dieser Verräter sein?
»Wir warten schon so lange auf die Gelegenheit, uns für all das Unrecht zu rächen, das die Königin uns angetan hat. Jetzt ist die Zeit gekommen.«
Er setzte die Klinge an meinen Hals. Unter der
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