Der Lilienpakt
mich nicht zu schlagen. »Wenn Ihr das Angebot nicht annehmt, werdet Ihr sterben. Ebenso wie die Königin, deren Tod in den nächsten Tagen gewiss ist. Ihr habt es allerdings in Eurer Hand, ob Ihr Eurer Hurenmutter folgt oder nicht.«
Ich war sprachlos. Nicht wegen der Beleidigung der Königin, sondern wegen des Wahnwitzes, der im Plan des Großmeisters lag.
»Sagt, was hat Euch auf einmal so böse auf die Königin gemacht?«, fragte ich seelenruhig, denn noch immer verstand ich Blanchets Sinneswandel nicht. Ging es hier wirklich nur ums Geld? »Noch Jahre zuvor hattet Ihr geschworen, sie zu schützen. Ihr wart ein Teil des Lilienpaktes. Und nun habt Ihr Eure Freunde verraten. Und mich.«
Blanchets Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze.
»Euch habe ich nicht verraten! Ihr solltet mich sogar als Euren Beschützer betrachten, denn ich war es, der dem Comte den Hinweis gab, dass der Angriff bevorstand. Ich habe ihm ein Schreiben übergeben, als wir allein waren.«
Ich erinnerte mich daran. Ich hatte die Übergabe beobachtet, als ich Antoine verbunden hatte.
»Leider wollte Euer Ziehvater zu rasch reagieren, und das hatte ein schlechtes Licht auf mich geworfen. Aber glaubt mir, ich wollte nie, dass Ihr sterbt. Im Gegenteil, ich habe den Großmeister sogar auf die Idee gebracht, Euch zur Königin zu machen. Einer wunderschönen Königin.«
Er streckte die Hand nach meinem Gesicht aus. Ich drehte den Kopf zur Seite, obwohl ich wusste, dass er mich trotzdem berühren könnte. Doch das tat er nicht.
»Nun, was sagt Ihr zu dem Angebot des Großmeisters?«, fragte er schließlich.
»Fahrt zur Hölle«, murmelte ich.
»Wie Ihr wollt!« Damit zog er sich wieder seine Kapuze über.
In dem Augenblick ging mir ein Haufen Schimpfwörter durch den Kopf. Doch jedes Wort mehr wäre eine Verschwendung gewesen.
14
Wenig später zeigte sich, dass der Großmeister zu seinem Wort stand. Da ich auch auf Blanchets Zureden hin nicht in gewünschter Weise reagiert hatte, erschienen zwei schwer bewaffnete Wächter. Sie banden mich vom Stuhl los und schleppten mich einige Treppen nach unten. Ich hatte noch immer keine Ahnung, wo wir uns befanden. Alles, was ich sah, waren steinerne Wände, die von Fackelruß beschmutzt waren.
An der Luft, die merklich schlechter wurde, erkannte ich, dass wir uns einem Kerker näherten. Hatte man den Mann, nach dem Aramitz gesucht hatte, auch hier gefangen gehalten, bevor man ihn tötete?
Vor einer Gittertür machten wir halt. Dahinter sah ich Zellen, die der Bastille alle Ehre gemacht hätten.
Schlüssel rasselten, dann quietschten die Angeln. Doch meine Reise war noch nicht zu Ende. Ich wurde zu einer weiteren Gittertür gebracht.
Während der ganzen Zeit hatten meine Bewacher nicht gesprochen, und glücklicherweise schickten sie mir auch keinen hämischen Kommentar hinterher, als sie mich in eine Zelle stießen, die nach Ziegenbock und Dreck stank.
Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss, dann verschwanden die Männer. Sie brauchten mir nicht ans Herz legen, dass ich es mir noch einmal überlegen sollte. Wenn ich noch einmal gefragt wurde, würde sich bei einer Ablehnung wohl ein Dolch zwischen meine Rippen bohren.
Ich sah mich in der Zelle um – und spürte, dass ich nicht allein war. Die Atemzüge waren ruhig, beinahe so, als würden sie bewusst unterdrückt werden.
»Wer ist da?«, fragte ich in der Hoffnung, dass sie mich nicht zu einem Wahnsinnigen gesteckt hatten, der meine Entscheidung beschleunigen sollte.
»Das frage ich Euch«, antwortete eine ruhige Männerstimme. »Da Ihr eine Frau seid, nehme ich an, Ihr seid jene, nach denen sie gesucht haben.«
Ich versuchte die Dunkelheit mit meinen Augen zu durchdringen, doch das gelang mir nicht.
»Sosehr ich mich auch freue, euch lebend zu sehen, Prinzessin, so betrübt es mich, dass Ihr nun doch in die Fänge dieser ehrlosen Halunken geraten seid. War es Blanchet, der Euch hierhergebracht hat?«
»Ich weiß nicht, wer mich hergebracht hat. Kapuzenmäntel scheinen in diesem Jahr bei der Schwarzen Lilie sehr in Mode zu sein.«
Der Mann lachte auf. Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf. War das etwa – »Isaac de Porthau?«
Der Unbekannte schwieg einen Augenblick lang. »Ihr kennt meinen Namen?«
»Natürlich. Aramitz hat mir von Euch erzählt.«
»Aramitz? Lebt er also noch? Ich habe gehört, dass sie einen Musketier getötet haben.«
»Das war Armand d’Athos.«
»Athos hat es erwischt? Er war doch einer der besten
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