Der Lilienpakt
Schwarzen Lilie.
»Da Ihr jetzt gesehen habt, dass er nicht zur Schwarzen Lilie gehört, wäre es vielleicht gut, wenn ich ihn einweihen würde«, schlug ich vor. Vielleicht hatte Aramitz dann keine andere Wahl mehr, als Jules in den Lilienpakt aufzunehmen.
»Warum sollten wir das?«, fragte Aramitz, während er wieder auf den toten Pascal blickte. Seine Lippen zitterten. »Er ist doch nur ein ungebetener Gast.«
»Er ist mein Freund«, gab ich zurück. »Falls Ihr es vorhin nicht gehört habt. Ich vertraue ihm, und dass die Schwarze Lilie versucht hat ihn zu benutzen, war nicht seine Schuld.«
Der Musketier stieß ein Schnauben aus. »Meinetwegen, erzählt es ihm. Sollte er jedoch glauben, dass er das alles beliebig weitergeben kann, wird er zwei Zoll Stahl zwischen die Rippen kriegen.«
Jules starrte Aramitz erschrocken an. Ich legte meine Hand auf seinen Arm und sagte zu dem Musketier: »Keine Sorge, er wird nichts weitergeben. Ich verbürge mich für ihn.«
Da er meine Bürgschaft nicht in Zweifel ziehen wollte, nickte Aramitz nur und bedeutete Dominik und Sebastian, die Leiche des Dieners fortzuschaffen. Er und Nancy blieben in der Nähe und behielten mich und Jules im Auge.
»Es war sehr dumm von dir, hierherzukommen«, sagte ich und griff nach seiner Hand. »Aber hättest du es nicht getan, wäre der Verräter nicht entlarvt worden. Dafür bin ich dir dankbar.«
Jules nickte. Seine Hand in meiner zitterte.
»Was ich dir jetzt sage, musst du wirklich für dich behalten.«
Ich beugte mich vor und flüsterte Jules die Wahrheit über meine Herkunft ins Ohr.
Als ich damit fertig war, wirkte Jules’ Blick beinahe fiebrig. »Das gibt es nicht.«
»Wenn man Monsieur d’Aramitz glauben will, schon.«
»Das bedeutet also –«
»Es bedeutet gar nichts«, wiegelte ich ab. »Höchstens, dass ich jetzt weiß, warum die Schwarze Lilie hinter mir her ist.«
»Aber eigentlich könntest du Königin werden, oder?«
»Ich werde gar nichts. Das Einzige, was ich will, ist, mein Schloss wiederzubekommen. Dort hat sich ein Schüler Richelieus eingenistet, und ich will verdammt sein, wenn dieser Schuft nichts mit der Schwarzen Lilie zu tun hat!«
»Wir werden das Château verlassen und zum Schloss meiner Familie in der Gascogne reiten«, verkündete Aramitz, als wir uns am Abend in der Küche zusammensetzten. »Dort sollten wir sicher sein.«
War dem so? Pascal würde der Schwarzen Lilie wohl auch verraten haben, welche Verstecke der Lilienpakt besaß. Wir würden nirgendwo sicher sein. Am liebsten wäre ich nach Paris zurückgekehrt und hätte mich diesen Halunken gestellt, denn die Ungewissheit war quälend.
»Bis in die Gascogne ist es ein ziemliches Stück Weg«, bemerkte Nancy. »Auf der Reise kann viel passieren. Und wer weiß, wo die Schwarze Lilie noch ihre Spione hat.«
»Wir werden abseits der gängigen Straßen reiten und so wenige Pausen wie möglich machen. Rasten können wir in den Gasthäusern in der Gegend.«
»Wo womöglich auch Spitzel lauern«, gab ich zurück. »Jedenfalls habe ich diese Erfahrung gemacht, als ich mit Athos unterwegs war.«
»Wir werden nur Gasthäuser aufsuchen, die vertrauenswürdig sind. Und wenn wir erst einmal in der Gascogne sind, wird es die Schwarze Lilie schwer haben, Anhänger zu finden. Wir Gascogner sind ein stolzes, königstreues Volk!«
Aber auch ein stolzes, königstreues Volk war nicht völlig gegen Versuchungen aus Gold gefeit.
Aramitz’ Entschluss schien jedoch festzustehen. »Dominik und Sebastian, ihr werdet alle nötigen Dinge einpacken und die Pferde bereithalten. Im Morgengrauen brechen wir auf.«
Die Diener nickten und zogen sich dann zurück.
Ich blickte zu Jules. Dieser sah noch immer aus, als hätte er Magenschmerzen. Ich berührte seine Hand, und es war mir gleichgültig, wie die anderen mich ansahen.
»Der Bursche wird übrigens mitkommen«, versetzte Aramitz daraufhin. »Wir können es uns nicht erlauben, dass er nach Paris zurückkehrt. Die Schwarze Lilie könnte zu ihm kommen und ihn gefangen nehmen. Jetzt weiß sie ja, in welcher Beziehung er zur Comtesse steht.«
Er warf Jules wiederum einen bösen Blick zu. Ich hätte ihn am liebsten angeschrien, dass er das sein lassen sollte. Sein Diener trug wesentlich mehr Schuld als der Junge. Doch ich schwieg und fragte mich, was Jules’ Vater wohl denken würde, wenn sein Sohn nicht zurückkehrte.
In der Nacht schlüpfte ich aus meinem Zimmer und huschte auf Zehenspitzen zu der Kammer, die
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