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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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hinterlassen hatten. Das Fegen der Tenne kam mir dagegen wie eine Erholung vor.
    Als ich völlig erschöpft in die Küche zurückkehrte, saß Athos in seinen Waffenrock gekleidet am Tisch und schnitt sich ein wenig von dem alten Käse ab. Er war mit seinem Morgenmahl beinahe fertig. »Wasch dir die Hände und setz dich«, sagte er beiläufig, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
    Als ich auf der Sitzbank Platz nahm, brannten meine Hände und Füße wie Feuer. Sollte das jetzt jeden Morgen so gehen?
    Ich goss mir ein wenig Milch in einen Becher und trank gierig.
    Athos verlor kein Wort über den geflickten Waffenrock, aber ich war zufrieden mit meiner Arbeit. Die Flammen sahen ausgebessert wesentlich strahlender aus.
    »Während ich in der Kaserne bin, wirst du auf das Haus achtgeben und weiter aufräumen«, wies er mich an. »Ich habe hier noch einige unausgepackte Kisten, die mir meine Stiefmutter gesandt hat. Ich bin nie dazu gekommen, hineinzusehen.«
    »Hattet Ihr eigentlich schon einmal einen Diener?«, fragte ich kauend, während ich den Milchbecher so fest umklammerte, als könnte er mir entrissen werden.
    »Du fragst wegen der Unordnung?«
    Ich nickte. »Ein hoher Herr wie Ihr sollte doch wenigstens eine Haushälterin haben. Oder einen Pagen. Schwer vorstellbar, dass Ihr hier völlig allein wirtschaftet, wo Ihr doch den ganzen Tag in der Kaserne seid. Oder im Auftrag der Königin unterwegs.«
    »Ich hatte einst einen Diener«, rückte er schließlich mit der Sprache raus. »Doch leider ist er mir weggekommen.«
    »Ist er Euch weggelaufen?«
    Athos blickte mich finster an. »Nein, er ist gestorben.«
    »Gestorben?«
    »Oder besser gesagt, ihm wurde der Schädel eingeschlagen. Danach haben ihn seine Mörder in den Fluss geworfen.«
    Ich musste den Milchbecher absetzen. War es möglich …?
    »Wann ist das geschehen?«
    »Vor ein paar Wochen. Eigentlich müsstet Ihr in der Schmiede davon erfahren haben.«
    »Trug der Mann ein senfgelbes Wams?« Plötzlich lag mir die Milch schwer wie ein Stein im Magen.
    »Das hatte er.«
    »Dann habe ich ihn gesehen, als er aus dem Wasser gefischt wurde. Es war ein Sonntag, nicht wahr? Ich kam mit Garos’ Sohn gerade vom Kirchgang.«
    »Ja, es war ein Sonntag«, gab Athos nachdenklich zurück, während er auf sein Brot starrte.
    »Aber niemand soll ihn vermisst haben. Wie habt Ihr davon erfahren?«
    »Dass er ein Fremder ist, war die offizielle Version. Das Wasser hatte seinen Körper unkenntlich gemacht, aber ich ahnte, wer er war. Ich verschaffte mir Zutritt zum Henkershaus und sah mir die Leiche an. Es war mein Diener, das erkannte ich am Haar und an seinen Kleidern. Nur konnte ich das aufgrund der Umstände nicht zugeben.«
    »Welcher Umstände?«
    Athos zog auf einmal ein Gesicht, als hätte er bereits zu viel verraten.
    »Iss dein Frühstück und kümmere dich nicht um solche Dinge.«
    Doch ich wollte nicht lockerlassen. »Kann es sein, dass die Schwarze Lilie etwas damit zu tun hatte? Die Leute haben so etwas geredet, und nachdem Ihr angegriffen wurdet …«
    »Schluss jetzt!« Athos schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Entweder du isst oder du gehst an die Arbeit, Such es dir aus!«
    Rasch stopfte ich mir ein Stück Brot in den Mund.

7
    Am Nachmittag des folgenden Tages, nachdem ich weitere Kisten Plunder ausgeräumt hatte, stahl ich mich aus dem Haus und verließ die Stadt in Richtung Anhöhe. Ich hoffte sehr, Jules würde die Erlaubnis bekommen, die Schmiede zu verlassen.
    Da bei meiner Ankunft auf dem Hügel noch niemand zu sehen war, hockte ich mich unter den Baum, rupfte einen Grashalm ab und kaute darauf herum.
    Ich hielt nicht nur Ausschau nach Jules, sondern auch nach den beiden Schmiedegesellen, was meine Vorfreude allerdings nicht trübte. Jacques hatte sicher noch immer gewaltige Kopfschmerzen und würde sicher nicht gut auf François zu sprechen sein. Ein gemeinsamer Spaziergang wäre also so gut wie ausgeschlossen, und für so feinsinnig, dass er hierherkam, um die Ruhe zu genießen, hielt ich ihn nicht.
    Ich saß also da und wartete, während ein Greif über meinem Kopf seine Kreise zog, und beobachtete, wie sich ein Handelskarren aus Saint-Germain Richtung Stadttor mühte.
    Nach einer Weile überkam mich aber doch Unruhe. Würde Jules wirklich nicht kommen? Ewig würde ich hier nicht warten können, denn ich wusste nicht, wann Athos aus der Kaserne zurückkam. Gestern war es schon spät in der Nacht gewesen, doch das musste nicht jeden

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