Der Lilith Code - Thriller
worden. Ihr »General«, ein Offizier der amerikanischen Streitkräfte, hatte diese Geldquelle in den letzten sieben Jahren mit Augenmaß durch alle Finanzkrisen geführt. Seine engen Kontakte in den Nahen und Mittleren Osten stammten aus seiner Zeit als US-Kommandeur der Logistik- und Nachschubkräfte im Irak. Zwei Söhne waren gefallen, und seitdem widmete sich der Offizier mit großer Leidenschaft den Finanzen der Gemeinde. Er hatte den Juden, die in das Westjordanland weitergezogen waren, den alten Kibbuz abgekauft. Hier wollten sie das Ende des Feindes miterleben.
Nur aus der Luft war die eigenartige Anordnung der Gebäude zu erkennen, aber der Luftraum über Megiddo wurde nicht so häufig frequentiert, dass es jemandem aufgefallen wäre. Die Gruppenführer hatten alles, wie von Fischer versprochen, in bester Ordnung vorgefunden. Jetzt warteten sie auch auf ihn, trugen ihre Leinengewänder, beteten gemeinsam oder lasen sich aus der Bibel vor.
Doch Fischer hatte andere Pläne. Seine Anhänger sollten mit einem Speedboat von Zypern aus an die Küste Syriens gelangen. Hier würde Günther sie aufnehmen, und gemeinsam würden sie nach Losh, in die Wüste Syriens fahren. Dort warteten die anderen, die Söhne Magogs. Mit ihnen würde Fischer die Schlacht der Schlachten erleben.
Berlin, 22. 06., 1.42 Uhr
Menschen miteinander gibt es nicht. Es gibt nur Menschen, die herrschen, und solche, die beherrscht werden.
Aus: Kurt Tucholsky »Der Mensch«
Lau war verschwunden. Die Kanzlerin hatte alles in Bewegung gesetzt. Gerade jetzt, wo die Situation zu eskalieren drohte. Er hätte mit seinen Kontakten in den Nahen Osten ihr wichtige Hinweise geben können. Jede Reaktion aus Deutschland auf dieses Desaster am Tempelberg wurde mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet. Sie wollte keinen Fehler machen. In ihrer ersten Reaktion sprach sie von einem verdammenswerten Anschlag einzelner Täter, die es zu verfolgen gilt. Die Reaktion der EU war deutlicher. Sie forderte noch in der Nacht den Staat Israel auf, die radikalen Siedler als Haupttäter zu benennen und Konsequenzen in der gesamten Siedlungspolitik folgen zu lassen. Damit glaubte man in Brüssel, das Wesentliche gesagt zu haben. Aber der Bundesnachrichtendienst hatte Hinweise auf einen Präventivschlag der Israelis, das würde die Lage unkontrollierbar machen. Die Kanzlerin war nervös. Sie hatte am späten Abend noch mit dem französischen und englischen Regierungschef telefoniert. Die Briten hatten zwei ihrer derzeit vier Atom-U-Boote im Mittelmeer in Gefechtsbereitschaft gesetzt. Auch die Franzosen hatten ihre Truppenbewegungen im Mittelmeer verstärkt. Erst einmal sollten sie beobachten. Aber die Kanzlerin drängte darauf, dass auch von den europäischen Staaten ein deutliches Votum für Israel zu erfolgen hatte. Der Franzose hatte widersprochen. Er sei es satt, diese Kriegstreiber weiter zu unterstützen. Sein Land brenne, weil England diese Pressekonferenz zugelassen und Israel seine Extremisten nicht im Griff habe.
Das Gespräch nahm einen unangenehmen Verlauf. Mochten die Deutschen noch so sehr in Wirtschaftsfragen die Richtung der EU diktieren, würden sich die gefühlt sowieauch die faktisch großen Länder der EU ihre Außenpolitik vom Klassenbesten nicht aus der Hand nehmen lassen. Die Kanzlerin geriet mehr und mehr ins Abseits. Denn auch die Briten schwenkten auf einen Anti-Israel-Kurs. Fast verzweifelt suchte im Hintergrund ihr Außenminister um weitere Verbündete in der Europäischen Union. Italien wollte sich nicht anschließen, die Skandinavier waren schon lange gegen die Siedlungspolitik. Es war, als ob sich mit einem Mal ein lang versteckter Wunsch nach Vergeltung in den Ländern Europas gegen Israel Bahn brach. Ihr letztes Telefonat hatte sie mit dem Ratspräsidenten geführt. Auch er war fassungslos angesichts einer bestenfalls abwartenden, eher schon feindlichen Haltung in den relevanten Staaten. Aber auch die neuen Länder im Osten hielten sich merklich mit Solidaritätszusagen zurück. Zum Schluss konnte man sich nur zu einem vagen Aufruf zu Frieden und Stabilität in der Region einigen. Selbst die Warnung an Iran, bei einer Kriegshandlung würde die EU Mittel einsetzen, wurde gestrichen. Israel war isoliert. Nur noch die USA schienen an seiner Seite zu stehen. Um 21 Uhr Ostküstenzeit klingelte das Telefon des Präsidenten der USA. Der Anruf kam aus Tel Aviv.
Frankfurt am Main, 22. 06., 1.10 Uhr
Die völlige Entregelung (die Hingabe
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