Der Lilith Code - Thriller
das Zeichen. Kein Araber wäre so unfreundlich und hätte das Angebot ausgeschlagen. Aber der junge Mann wollte nicht länger bleiben als unbedingt nötig.
»Gut, kommen wir gleich zur Sache. Meine Freunde erzählen mir, dass unsere Feinde erwachen. Doch diesmal geht es nicht um mich oder Sie als Personen. Es geht um mehr. Wir haben Auffälligkeiten entdeckt. Ihr Dienst hat sich leider zu sehr auf unsere Gegner südlich von hier konzentriert. Aber ich glaube, der Feind lebt bereits in diesem Land.«
Der Präsident blickte hinaus. Er sah und roch das Meer, das er so liebte. Die Brandung tobte gegen die Felsen unter ihnen. Möwen zogen in langen Bahnen vorbei, stürzten immer wieder hinab in das graugrüne Wasser des Mittelmeers. Mit seinen tiefliegenden Augen schaute er den alten Mann an. »Könnten Sie etwas«, er machte eine Pause, »etwas deutlicher werden?«
Fischer blieb trotz dieser ungebührlichen Frage gelassen. »Sie wollen uns gegeneinander aufhetzen. Sie wollen Zwietracht säen. Ihre …«, er machte eine fast unhöfliche Pause, »… Glaubensgemeinschaft rückt wieder in den Fokus der anderen.« Der junge Präsident schrak auf. Er und seine Familie waren Alawiten, und sie waren nie richtig von der großen Gemeinde des Islams als echte Muslime anerkannt worden, mochte sein Vater, der alte Fuchs, auch noch so viele Gutachten von Rechtsgelehrten aus Kairo eingeholt haben. In jüngster Zeit war in den Moscheen und kleineren Gebetshäusern der großen Städte gegen sie gepredigt worden. Nicht offen,so selbstmörderisch waren die sunnitischen Brüder nicht. Aber zwischen den Zeilen wurden die Gläubigen gewarnt. Sein Geheimdienst hatte jedes Wort notiert, konnte dahinter aber keine einheitliche Führung oder Steuerung erkennen. Verhaftungen aufs Geratewohl waren dem Präsidenten verhasst, Willkür war nicht sein Werkzeug. Er vertraute der stillen und effizienten Überwachung der Kommunikation mehr. So hatte er Internet und Mobiltelefone vor wenigen Jahren auch deswegen in seinem Land zugelassen. Die Technik zur Überwachung all dieser neuen Kommunikationswege lieferten die alten Seilschaften des Greises aus Deutschland.
Fischer wurde unruhig und beugte sich vor. Aus seinem Mund entwich fauliger Atem, der von der falsch eingesetzten Zahnprothese herrührte. »Sie müssen handeln. Lassen Sie die Kommandos los.«
Der Präsident schaute angewidert aus dem Fenster. Konnte der Alte etwas wissen? Das waren die Momente, in denen er sich wünschte, ihn sofort über die Grenze zu den Juden zu verfrachten. Männer wie er hatten von innen den Hass und die Gegensätze gesät, gegen die er jetzt angehen musste.
Es wird Zeit, dachte der Präsident.
Als er wieder in das helle Licht des Nachmittags schritt, hatte er das Bedürfnis, sich zu waschen. Er stieg in den schwarzen Geländewagen. Einer seiner Assistenten reichte Erfrischungstücher und einen Stapel mit E-Mails zu ihm nach hinten. Mit Freude las der Präsident, dass sie im Süden vorangekommen waren, selbst der intellektuell überschaubare Libyer zog mit. Und in Tel Aviv wie in Washington, in Riad oder Teheran ahnte, geschweige wusste niemand etwas von ihrem Plan. Seine und die Teams der anderen hatten Monate abgeschieden in einer Betonfabrik als Tarnung damit verbracht, jede noch so kleine Frage bis ins Letzte zu klären. Er würde wie die anderen aus dem Schatten seines Vaters treten können. Dieser Plan war großartig. Er würde einschlagen, mächtiger und nachhaltiger als jede Atombombe.
Al Hawash, östlich des Crac des Chevaliers, 13. 06., 18.45 Uhr
Und wir suchten den Himmel, doch wir fanden ihn mit starken Wächtern und schießenden Sternen erfüllt.
Aus: Koran, Sure 72, Vers 8
»Los, gib Gas, wir müssen hier weg!«
Ed drehte den Zündschlüssel, der Motor leierte, wollte jedoch nicht anspringen.
Jan schaute nach rechts und direkt in das verzerrte Gesicht eines Syrers, der gerade seine Faust schwang. Sie traf das Seitenfenster, richtete aber keinen nennenswerten Schaden an. Im nächsten Moment waren sie von einer erregten Menschenmasse umzingelt. Ed hupte, versuchte zu starten. Die Heckscheibe wurde zertrümmert. Das Schreien wurde lauter, die Männer draußen versuchten, den Wagen umzustürzen. Jan blickte in geifernde Gesichter, die ihn hasserfüllt anblickten. Dann machte der Wagen einen Satz nach vorn, der den Mob auseinanderstieben ließ, und sie fuhren los. Ein Hagel an Steinen und anderen Geschossen prallte auf das Dach. Nach quälenden
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