Der Lilith Code - Thriller
deine anderen zwei neuen Freunde gerade machen.«
Er griff in ihre Handtasche, kramte darin herum. Sie ließ es ruhig geschehen, wissend, was er suchte. Elijah fingerte ein silbernes Etui heraus, klappte den Deckel auf und nahm eine kleine selbstgedrehte Zigarette, die hinter einem Gummiband fixiert war.
»Sie ist eine kluge und fähige Polizistin. Naja, er ist halt Faruk. Wir kennen ihn und beobachten ihn ja schon länger. Ich weiß nicht, auf wessen Rechnung er spielt. Sie hingegen scheint wirklich nur an die Vermisste herankommen zu wollen.« Er zog tief den harzigen Duft ein, schloss den Mund, ließ den Rauch wirken und atmete langsam wieder aus. »Unter dem Präsidenten ist der Boden völlig ins Schlingern geraten. Die Syrer sind schwerer denn je einzuschätzen. Je länger er mit einer angemessenen Reaktion auf den Anschlag wartet, desto mehr werden die Sunniten in seinem Land gestärkt. Er weiß das. Also braucht er eine Lösung. Die Frage ist, ob es eine der üblichen Lösungen sein wird. Säbelrasseln, Katjuscha-Raketen auf unseren Norden, das Übliche eben. Einen Krieg wird er nicht riskieren wollen. Er und seine jungen Mitstreiter in den anderen Ländern wissen zu genau, dass sie keine Chance hätten und wir nur darauf warten. Wir wollen die Union nicht, oder?«
Lea blickte ihn lange an. »Es gibt eine kleine Gruppe aus Militär und vor allem aus der Wirtschaft um den Premier, die diese Union der Araber nicht so negativ sieht. Vielleicht gewinnen wir ein potenzielles Hinterland, aus dem wir Abnehmer unserer Waren und Arbeitskräfte rekrutieren. Noch exportieren wir genau so viel wie der gesamte arabische Raum. Warum sollte Israel nicht Teil eines größeren Wirtschaftsbundes werden? Wenn die neuen Führer da drüben wirklich so pragmatisch und antireligiös sind, kann das für die gesamte Region der Schlüssel zu Wohlstand und Frieden sein. Aber wie gesagt, die Gruppe ist noch klein.«
Elijah lehnte seinen Kopf an die Wand. Langsam strömte die Wirkung des Rauchs durch sein Hirn. »Was für ein Traum! Dieser Faruk scheint mir ein Schlüssel zum Erfolg zu sein. Er hat durch seine Vergangenheit einerseits Zugang zum Präsidenten, andererseits wurde er vor Jahren kaltgestellt. Vielleicht ist seine These vom bösen alten Mann im Hintergrund gar nicht so falsch. Wenn die beiden in Syrien fündig werden, könnte das etwas Bewegung ins Spiel bringen.«
Lea hatte still zugehört. Sie griff nach Elijahs Hand, zog an der Zigarette, blies aber schnell wieder aus. »Du hattest recht, wir stehen am Abgrund … wenn wir uns auf eine Ex-Polizistin aus Wien und einen abgehalfterten Distrikt-Geheimdienstchef aus Syrien verlassen müssen …«
Beirut, 22.06., 13.10 Uhr
Als das Lamm das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen aller, die hingeschlachtet worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt hatten. Sie riefen mit lauter Stimme: Wie lange zögerst du noch, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, Gericht zu halten und unser Blut an den Bewohnern der Erde zu rächen? Da wurde jedem von ihnen ein weißes Gewand gegeben; und ihnen wurde gesagt, sie sollten noch kurze Zeit warten, bis die volle Zahl erreicht sei durch den Tod ihrer Mitknechte und Brüder, die noch sterben müssten wie sie.
Offenbarung des Johannes, Kapitel 6, Vers 9
Es war die erste Konferenz nach dem Mittagsgebet. Zum ersten Mal seit Jahren war ein syrischer Präsident offiziell in den Libanon gereist. Ebenso reiste der Ägypter erstmalig nach Tripolis. So hatten sie es in ihrer »Roadmap« zur Union vereinbart. Über eine permanente leichte Verschiebungdes Status quo wollten sie die Annäherung der bislang zerstrittenen Länder und ihrer Vertreter aufbauen. Aber die neue Situation überdeckte alle Bemühungen. Heute Mittag sollte der Libanese von seinen Geheimgesprächen mit den Juden berichten. Er saß mit dem Syrer an einem Konferenztisch im Keller des Präsidentenpalastes und starrte auf den großen Monitor an der Wand, wo die beiden anderen ihn erwartungsvoll anblickten.
»Sie geben sich alle Mühe, die Unruhen in ihrem Land herunterzuspielen. Er hat sich erst sehr überheblich und distanziert verhalten. Als ich ihm klarmachte, dass wir nicht als Kriegsparteien zueinander sprächen und wir lösungsorientiert seien, wurde er etwas entspannter. Mein Gefühl sagt mir, dass den Israelis der Topf gerade überläuft. Ich bin mir nicht sicher, ob er die Buchstaben mit Punkten versehen will, aber
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