Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
gemacht. Was jetzt noch passiert, ist mir scheißegal. Ihr zwei seid einander wert. Das einzige, was mir jetzt noch Kummer macht, ist, daß Delilah mitten dazwischenhängt. Sie hat keinen von euch verdient.«
»Ich habe da so ein Gefühl, als ob sich bald alles ändert«, meinte er. »Und ich bin froh, daß Sie nicht zugegen sind, um sich das mitanzusehen. Schließlich ist das nicht Ihr Problem.«
Es entstand eine lange Pause. Ich hörte wieder Verkehrslärm im Hintergrund und dann ein statisches Rauschen.
»Bleiben Sie bloß weg«, sagte er. Die Wörter wurden nahezu unverständlich. »Bleiben Sie weg.« Dann war die Verbindung unterbrochen.
Ich schaltete das Handy für immer ab. Es würde im ersten öffentlichen Abfalleimer landen, der mir an diesem Tag begegnete.
Die Sonne schien, als ich das Motel verließ. Es war einer jener Apriltage in Michigan, an denen die Temperatur auf über zwanzig Grad steigt und man zu denken wagt, der Sommer käme gleich um die Ecke. Am nächsten Tag fällt die Temperatur dann wieder unter Null. Aber man fällt drauf rein, immer wieder.
Nach dem Frühstück machte ich mich auf den Weg und plante ernsthaft, nach Hause zu fahren. Doch dann fiel mir ein: Scheiße, wenn Randy jemals wieder die Augen aufmacht, kann das durchaus heute sein. Jedenfalls hatte das der Arzt gesagt. Statt also stracks nach Norden zu einem kanadischen Bier in Jackies Kneipe zu fahren, fuhr ich in südöstlicher Richtung ins Hospital in Grand Rapids. Noch ein Tag, dachte ich mir. Nur noch ein Tag.
Ich fand den Doktor im Schwesternzimmer. »Er gibt Anlaß zu Hoffnung«, sagte er. »Er reagiert auf Licht und auf körperliche Stimulation. Aber er ist noch nicht bei Bewußtsein, deshalb müssen wir mit möglichen neurologischen Schäden rechnen. Machen Sie sich klar: Im Grunde hat er einen Schlaganfall gehabt. Da weiß man nie, wo man dran ist.«
Ich bedankte mich bei dem Mann und ging weiter zu Randys Zimmer. Derselbe Deputy vom County saß vor der Tür.
»Jetzt sagen Sie bloß, daß Sie die ganze Zeit hier gesessen haben«, begrüßte ich ihn.
Bei der Vorstellung mußte er lachen. »Ich bin gerade erst gekommen. Ich habe die Tagschicht.«
»Deshalb sehne ich mich heute noch manchmal nach meinem früheren Job: wegen der prickelnden Aufregung.«
»Sie sind der einzige, der nach ihm gucken kommt. Hat er denn keine Familie?«
»Im Grunde nicht. Wenigstens nicht mehr. Hätten Sie was dagegen, wenn ich mal den Kopf zur Tür reinstecke?«
»Warum denn nicht? Was sollen die schon groß machen – mich feuern und jemand anders holen, der sich den ganzen Tag auf den Stuhl hier setzt? Ich habe mir sagen lassen, draußen sind dreiundzwanzig Grad.«
Ich ging ins Zimmer, stand eine Weile einfach nur da und betrachtete ihn. Er sah nicht anders aus als beim letzten Mal, wo ich ihn gesehen hatte. Hals und Schultern waren immer noch verbunden. Dieselben Maschinen überwachten seinen Herzschlag und seine Atmung. Seine Augen wirkten immer noch sehr geschlossen.
»Was hast du vor?« fragte ich ihn. »Wachst du heute auf oder nicht?«
Die Maschinen beepten.
In der Ecke stand ein Stuhl. Ich setzte mich und schloß eine Weile die Augen. Dann stand ich auf, sah aus dem Fenster nach dem wunderschönen Tag draußen und setzte mich wieder.
Ich dachte über Harwoods Anruf nach. Noch immer begriff ich den Zusammenhang nicht, diese Geschichte, Randy habe ihm geraten, sich die Zukunft deuten zu lassen, damals, 1971. Das ergab keinen Sinn. Da mußte mehr hinterstecken.
Etwas anderes beunruhigte mich, etwas Dringenderes. Wie er geklungen hatte, als er sagte, bald würde sich alles ändern.
Vergiß es, Alex. Es geht dich nichts an. Jetzt nicht mehr.
Ich verließ das Zimmer und ging eine Weile im Krankenhaus spazieren. Das verlor rasch seinen Reiz, also ging ich nach draußen und ließ mich von der Sonne bescheinen. Eine Stunde schlug ich damit tot, daß ich draußen rumspazierte und mir eine Zeitung kaufte; dann ging ich ins Zimmer zurück. Der Doktor leuchtete gerade mit einer Lampe in Randys Augen. »Immer noch nichts«, sagte er. »Ich komme später wieder.«
Eine weitere Stunde saß ich im Zimmer und las die Zeitung. Die Tigers waren schon wieder feste dabei, sich aus der Saison herauszupitchen, die Red Wings bereiteten sich auf einen neuen Versuch vor, den Stanley Cup zu gewinnen. Die Pistons würden die Play-offs erreichen, aber niemand glaubte ernsthaft daran, daß sie die erste Runde überlebten.
Ich sagte dem Deputy,
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