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Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Titel: Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Quinn
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sich damit begnügen würde. Und er glaubte auch nicht, dass Danni sich darauf verlassen würde.
    »Wer ist die Weiße Frau?«, fragte sie mit flacher, dünner Stimme, doch es war vor allem ihre Frage, die Sean innehalten ließ.
    »Was hast du gesagt?«
    »Übersetzt bedeutet Ballyfionúir doch das Tal des Weißen Geistes, nicht wahr?«
    »Grundsätzlich wahrscheinlich schon«, erwiderte er ausweichend. »Aber wir betrachten es heute mehr wie eine Geisteshaltung. Wie eine positive Einstellung.«
    »Oh!« Ihre grauen Augen wandten sich ihm wieder zu. »Also ist es nicht wirklich ein Geist im Sinne von Gespenst?«
    »Ich bin sicher, dass es einige davon auf der Insel gibt«, gab er in gleichmütigem Ton zurück und beobachtete die wechselnden Emotionen auf Dannis Gesicht. »Ballyfionúir ist mindestens fünfzehnhundert Jahre alt.«
    »Aber hast du je von ihr gehört? Von der Weißen Frau, meine ich? Weißt du, wer sie ist?«
    »Sie?«
    Danni zögerte und blickte auf ihren kleinen Hund herab. »Vergiss es«, sagte sie dann kopfschüttelnd.
    Sean hätte das Thema wirklich lieber fallen gelassen und so getan, als hätte sie es nie angeschnitten, aber ein seltsames Unbehagen lag zwischen ihnen in der Luft, und deshalb wusste er, dass er das nicht tun konnte. Als sie Dannis Haus erreichten, zögerte er auf der Veranda, weil er davon überzeugt war, hier nicht willkommen zu sein. Aber sie überraschte ihn, indem sie ihn hineinbat.
    Er folgte ihr in die kleine Küche, wo sie sich an den Tisch setzte und Bean die Leine abnahm. Danni wirkte entnervt und ausgelaugt, und wieder hätte Sean nichts lieber getan, als sie in die Arme zu nehmen und zu trösten.
    Aber er beherrschte sich und sah zu, wie sie den Hund hinter den Ohren kraulte und dann eine Flasche Wein aus dem Regal über dem Kühlschrank nahm. Ohne zu fragen, ob er etwas trinken wollte, holte sie zwei kristallene Weingläser aus dem Schrank. Während sie einschenkte, entdeckte Sean eine Blechdose mit der Aufschrift Wuff Wuff auf dem Küchenschrank. Neugierig öffnete er sie, und wie er schon vermutet hatte, enthielt sie Hundekuchen. Er nahm einen, ging, Leib und Leben riskierend, in die Hocke und hielt ihn der aggressiven kleinen Hündin hin.
    Mit einem Ausdruck der Überraschung und widerstrebender Dankbarkeit verließ Bean ihren Platz zu Dannis Füßen, um die kleine Freundschaftsbezeigung anzunehmen. Erstaunlich manierlich nahm sie den Hundekuchen aus Seans Fingern, schlang ihn dann aber hinunter wie ein ausgehungerter Wolf. Sean hätte schwören können, dass es ein Lächeln war, was sie ihm mit dem Wackeln ihres kleinen Stummelschwanzes übermitteln wollte.
    Ein bisschen sprachlos setzte er sich zu Danni, um ihr endlich die Frage zu stellen, die er sich die ganze Zeit verkniffen hatte. »Warum hast du mich nach der Weißen Frau gefragt, Danni?«
    Bevor sie antwortete, befeuchtete sie in einer sehr vielsagenden Geste ihre Lippen, die an Seans auch so schon überstrapazierten Nerven zerrte. Sie würde ihn belügen, erkannte er an ihrem Gesichtsausdruck und dieser Geste.
    »Weil ich von ihr geträumt habe«, murmelte sie.
    Sean sprach nicht aus, was er dachte, sondern fragte nur: »Gestern Nacht?«
    Danni nickte. »Es war ein komischer Traum. Ich weiß nicht, warum ich überhaupt von dem Thema angefangen habe.«
    Plötzlich tat sie so, als interessierte sie sich brennend für ihr Glas, und begann, den Stiel zwischen Zeigefinger und Daumen zu drehen. Sie sah besorgt aus, als fürchtete sie sich vor dem, was er als Nächstes sagen oder tun würde. Und ein böser Verdacht beschlich ihn, während er sie beobachtete; eine Sicherheit, die er lieber nicht zur Kenntnis nehmen wollte.
    Sie hatte nicht von der Weißen Frau geträumt, sondern sie gesehen. Und das bedeutete nichts Gutes. Für sie beide nicht.
    »Meine Großmutter hat die Weiße Frau gesehen«, sagte er mit leiser Stimme.
    Dannis graue Augen weiteten sich, wurden groß und rund, als sie den Blick zu ihm erhob. Sean erwiderte ihn und hatte das Gefühl, in den kühlen Dunst von sich zusammenbrauenden Wolken und eines unmittelbar bevorstehenden Sturms hineinzustürzen.
    »Wirklich?«, fragte Danni gespannt. Als Sean nickte, hakte sie nach: »Hat sie einen silbernen Kamm, wenn deine Großmutter sie sieht?«
    »Einen Kamm?« Noch während er die Frage stellte, stieg eine dunkle Erinnerung aus seinem Unterbewusstsein auf. Was war es noch, was seine Nana sagte? Es gebe einen Mythos ... einen Aberglauben ... irgendetwas

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