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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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der seinen Windhund ausführte. Das war alles.
    Er fand ein Café, das Frühstück servierte, und bestellte Brötchen, Schinken, Käse, Kaffee und Orangensaft. Er hatte sein Buch mitgebracht, und nun saß er da und las darin, nahm es in sich auf. Er bestellte noch mehr Kaffee, um sein Hierbleiben zu rechtfertigen. Um halb elf zahlte er und machte sich auf den Weg zurück ins Hotel. Hier würde er in Berlin leben wollen. Ruhig. Schön.
    Als er das Daniel erreichte, hatte er seinen Geheimagententrick ganz vergessen. Das Bitte-nicht-stören-Schild erinnerte ihn wieder daran, und er überprüfte die Tür. Das Haar war nicht mehr da. Ein kalter Schauer überlief seine Schultern. Er klopfte an die Tür und lauschte angestrengt auf irgendwelche Geräusche im Zimmer. Es war still. Sein Herz schien seine Brust sprengen zu wollen. Er zögerte einen
Moment, unsicher, ob er hineingehen oder fliehen sollte. Langsam drehte er den Schlüssel im Schloss um und öffnete die Tür. Immer noch kein Geräusch. Dann schob er die Tür mit einer schnellen Bewegung auf und trat einen Schritt zurück. Es war niemand da. Er schaute ins Bad und fand es leer vor. Keines der Haare war an seinem Platz.
    Lock schloss die Tür ab, setzte sich aufs Bett und stützte den Kopf in die Hände. In seinem Kopf rauschte es. Er wünschte sich, sie würden ihn in Ruhe lassen. Einen Tag lang. Einen oder zwei Tage lang.
    In seinem Koffer lagen die Bestandteile seiner alten russischen Handys. Er setzte eines davon ohne SIM-Karte wieder zusammen, kopierte eine Nummer daraus auf sein neues Handy und fragte sich, warum er sich immer noch mit diesem ganzen Geheimhaltungsquatsch plagte. Dann drückte er auf die Wahltaste und wartete. Es klingelte nur zwei Mal.
    »Da .«
    »Als ich anfing, für Sie zu arbeiten«, sagte Lock, der schnell redete und aufgestanden war, um aus dem Fenster nach Bewegungen Ausschau zu halten, »habe ich mich nicht damit einverstanden erklärt, dass Ihre Scheiß-Schlägertypen mir überallhin folgen. Pfeifen Sie sie zurück. Pfeifen Sie sie zurück, oder ich werde direkt zu den Amerikanern gehen oder zu den Schweizern oder zu den Scheiß-Caymantypen und mit Freuden den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen. Mit Freuden. Ich will keinen weiteren Schläger sehen, ich will nicht, dass sie mir die Hand halten, ich will nicht, dass sie mein Zimmer durchsuchen. Es ist mir verdammt ernst, Konstantin, glauben Sie bloß nicht, dass es mir nicht ernst ist.«
    Einen kurzen Moment lang herrschte Stille.

    »Richard, wo sind Sie?«
    »Was soll das heißen, wo ich bin? Sie wissen genau, wo ich bin. Sie wissen nur eins nicht: was ich will. Ich dachte, ich rufe mal zu Hause an und erzähle es Ihnen. Würden Sie es gerne hören?«
    »Ja.« Malins Stimme war tief und fest, scheinbar unbewegt.
    Lock holte Luft und ließ sie durch die Nase entweichen. »Wir haben keine Zukunft, Konstantin. Ich habe definitiv keine. Das FBI will mein Blut sehen. Also habe ich, wie es scheint, die Wahl, mich in die Obhut Ihrer Majestät zu begeben oder in Ihre. Ich weiß nicht, was ich vorziehe. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Richard. Ich glaube, dass Sie wegen einer kleinen Sache in Panik geraten sind. Ich hatte das befürchtet, und deshalb wollte ich Sie geschützt wissen.« Er machte eine Pause. »Ihr Fehler ist, dass Sie die Amerikaner für wichtig halten. Oder für mächtig. Das sind sie nicht. Sie arbeiten für ein russisches Unternehmen, und das ist eine russische Angelegenheit.«
    Lock lachte schnaubend. »Ha. Eine russische Angelegenheit, Konstantin. Ich glaube, Sie verstehen nicht. Das ist eine amerikanische Angelegenheit, eine holländische Angelegenheit, eine englische Angelegenheit. Überall, wo unser Geld hingeht – Ihr Geld hingeht –, ist es deren Angelegenheit.«
    »Nein, Sie sehen das falsch.« Malins Stimme war gleichmäßig und eindringlich. »Diese Leute, sie können suchen, sie können sich aufregen, sie werden dafür bezahlt, und es macht sie glücklich. Aber glauben Sie, dass sie in Russland etwas finden werden? Glauben Sie, dass sie Sie hier finden werden? Ich bin sicher in Russland. Auch Sie können hier
sicher sein. Ich habe Sie lange Zeit gut bezahlt, Richard. Sie waren loyal mir gegenüber, und nun, wenn es darauf ankommt, laufen Sie weg.« Malin hielt inne. Lock konnte hören, wie er atmete, sich sammelte, ihn den Ernst seiner Lage wissen ließ. »Ich kann Sie nicht ewig weiter beschützen, Richard. Ich habe Ihnen nie irgendwelchen Schaden

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