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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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ihm nichts. Da ist er sehr vorsichtig. Von Geld, das in Russland verdient wird und in Russland zu ihm gelangt, kriege ich nichts mit. Das sehe ich nicht. Ich weiß nur über alles außerhalb Russlands Bescheid. Das ist mein Job.«
    Dann wollte Kesler wissen, wem Longway gehörte. Lock sagte ihm, er selbst sei der Besitzer.
    »Wollen Sie damit sagen, dass Faringdon Ihnen gehört?«
    »Zu hundert Prozent«, sagte Lock.
    »Dann sind Sie ein reicher Mann.«
    »Das bin ich. Manchmal frage ich mich, warum ich mich dann nicht besser fühle.«
    »Warum?«
    »Nun, es ist nicht immer der gemütlichste Platz, um darauf zu sitzen.«
    »Nein. Nein, das meine ich nicht. Warum wurde es so gemacht?«
    »Warum wir es so gemacht haben? Wir haben es vor drei Jahren geändert. Überlegen Sie doch mal: Falls jemals jemand die Treuhandverträge des Trusts zu sehen bekäme und Malins Name darauf stünde, hätte er keinerlei Rückzugsmöglichkeit mehr. Alles gehörte dann eindeutig ihm. Es gäbe
nichts mehr zu dementieren. Mein Name schafft eine zusätzliche Schutzschicht. Und so muss man erst einmal beweisen, dass Faringdon mir nicht gehört. Das wird schwierig.«
    »Er scheint Ihnen sehr zu vertrauen.«
    Lock lachte grimmig. »Es ist ja nicht so, als könnte ich das ganze Geld nehmen und abhauen.« Genauer gesagt, dachte er, wusste Malin, dass er ein Feigling war. Das gesamte System basierte darauf.
    Doch den Rest des Tages, den Großteil des Nachmittags und des Abends, nahm Kesler Lock wegen etwas in die Mangel, das er »die echte Krux« nannte: wie das Geld verdient wurde. Woher kam es? Gegen welchen Wert wurde es eingetauscht? Konnten sie zeigen, dass es auf ehrliche Weise verdient wurde? Oder noch wichtiger: Könnte jemand beweisen, dass es genau das nicht wurde? Wieder und wieder sagte Lock, er habe tatsächlich keine Ahnung.
    »Ich verheimliche Ihnen nichts, Skip. Wirklich. Ich bringe das Geld in Umlauf und wieder zurück und sorge dann dafür, dass es dort investiert wird, wo Konstantin es will. Das ist alles. Ich lebe zwar vielleicht seit fünfzehn Jahren in Moskau, aber ich bin kein Russe ehrenhalber. Es gibt eine Menge Dinge, die man mir nicht sagt.«
    »Okay.« Kesler überlegte einen Moment lang. »Wenn Sie beweisen wollten, dass Malin den russischen Staat betrügt, wo würden Sie nachsehen?«
    »Ich würde gar nicht erst damit anfangen.«
    »Natürlich nicht.« Kesler verriet einen Anflug von Ungeduld, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Ich will Ihnen sagen, warum das wichtig ist. Tourna sagt, dass Faringdon nur existiert, um Geld zu verschieben und dass Sie ein Geldwäscher sind. Dazu müsste er belegen können, dass
das Geld, das Faringdon durchläuft, schmutziges Geld ist. Und es muss ein Verbrechen geben, aus dem dieses Geld anfänglich hervorgeht – die Juristen nennen das ›Vortat‹. Ohne das haben sie nicht mehr in der Hand als etwas, das wie ein Apparat zur Geldwäsche aussieht , und das reicht nicht. Wenn also jemand Malin vernichten will – oder Sie –, dann muss er eine solche Straftat beweisen. Daran führt kein Weg vorbei. Also lautet meine Frage: Wo ist es? Wo ist das Verbrechen?«
    Lock fühlte, wie sich seine Schultern entspannten, und spürte das Bedürfnis, sich zu strecken. Das war ermutigend. Die Verbrechen lagen tief in Russland verborgen, begraben unter mehreren Lagen Permafrost. Wenn er nichts über sie wusste – und er hatte wirklich keine Detailkenntnisse –, dann würden selbst die Amerikaner Mühe haben, in ihre Nähe zu kommen. Wie oft hatten Invasionsarmeen Russland eingenommen? Noch nie, da war er ziemlich sicher. Nicht seit den Mongolen jedenfalls. Russland war undurchdringlich. Das russische Innenministerium würde niemals mit dem FBI zusammenarbeiten, geschweige denn mit Privatermittlern. In Russland wurde kein Verbrechen jemals aufgedeckt, wenn nicht jemand, der mächtiger war als man selbst, einen verletzen wollte, und Malin würde sehr tief fallen müssen, um auch nur ansatzweise angreifbar zu werden.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er und lächelte Kesler zum ersten Mal in dieser Woche an. »Ich glaube, Tourna wird sich ziemlich anstrengen müssen. Das wird er wirklich.«

    Am Samstagmorgen bekam Lock zwei Stunden frei, um seine Tochter tanzen zu sehen. Er kam zu früh und wartete draußen im kühlen Morgenlicht, er fühlte sich unwohl
in den einzigen legeren Sachen, die er auf seinen Trip mitgenommen hatte: eine braune Cordhose, ein hellblaues Arbeitshemd und schwere

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